Damit ist das eingetreten, was viele im Kreis Cuxhaven schon befürchtet haben: Tierschützer gehen gegen die Ausnahmegenehmigung für den Abschuss vor, die Niedersachsens Umweltminister Christian Meyer vor eineinhalb Wochen erteilt hat. In diesem Fall ist es ein Verein namens Naturschutzinitiative, kurz NI, aus dem fernen Rheinland-Pfalz.
Naturschützer aus der Pfalz wollen Wolf schützen
Der Verein hatte einen Eilantrag gestellt, wie ein Sprecher des Verwaltungsgerichts Stade mitteilte. Offenbar hatte dieser Antrag das Gericht so überzeugt, dass sie die Abschussgenehmigung erst einmal ausgesetzt haben. Bis sie eine endgültige Entscheidung fällen. Das soll noch in dieser Woche passieren, versicherte er. Wenn der Wolf in der Zwischenzeit getötet werde, „die Ausnahmegenehmigung sich aber als rechtswidrig erweist, entstünde ein irreparabler Schaden.“
Die Wolfsfreunde aus Rheinland-Pfalz jubilierten und preschten mit einer Pressemitteilung vor. Darin machten sie deutlich, dass sie überzeugt sind, dass bei dem Riss, der der Auslöser für die Abschussgenehmigung war, die Rinder nicht ausreichend gegen Wolfsattacken geschützt waren.
„Herdenschutz ist immer möglich und zumutbar“
Ein wolfsabweisender Zaun mit Stromlitzen und Untergrabenschutz sei zwingend nötig, heißt es. „Die Nutztierhalter in Niedersachsen trainieren ihre Weidetiere nicht, und die Behörden schauen offensichtlich tatenlos zu“ behaupten die Tierschützer. Herdenschutz sei immer möglich und hier auch zumutbar.
Rinder- und Schafhalter, die um ihre Tiere auf der Weide fürchten, dürften da nur den Kopf schütteln. Seit Wochen leiden sie vor allem im Nordkreis, zwischen Flögeln und Steinau, unter den nächtlichen Wolfsattacken. 36 Tiere, darunter Schafe, Rinder und sogar ein Pferd, wurden während dieser Wochen von den Raubtieren getötet, weitere 36 Tiere wurden verletzt.
Thomas Reinecke jedenfalls, der Schäfer aus Steinau, dessen Schafherde in den vergangenen Wochen gleich mehrfach attackiert wurde, kann es nicht fassen. „Man hat jede Nacht ein mulmiges Gefühl, an viel Schlaf ist nicht zu denken“, beschreibt er seine Gemütslage. Dass das Gericht die Abschussgenehmigung jetzt ausgesetzt hat, versteht er nicht. „Das dauert alles viel zu lange. Die Zeit läuft uns davon“.
Umweltministerium setzt weiter auf Wolfsabschuss
Im Umweltministerium in Hannover gibt man sich dagegen optimistisch. Der Sprecher rechnet „sehr wahrscheinlich“ bereits am Dienstag mit einer Entscheidung in Stade. Und wenn man unterliege, werde man vors Oberverwaltungsgericht Lüneburg ziehen, kündigt er an. Dort hätten die Richter das sogenannte Schnellabschuss-Verfahren im Grundsatz bestätigt – und damit auch anderslautende Entscheidungen der Verwaltungsgerichte aufgehoben, unterstreicht er.
Tatsächlich ist die Möglichkeit, Problemwölfe abzuschießen, vor zwei Jahren von Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) deutlich erleichtert. Seither darf nach dem Riss eines Weidetiers 21 Tage lang auf die Wölfe geschossen werden, die sich der Rissstelle in einem Umkreis nähern. Zuvor durfte nur genau das Tier geschossen werden, das die Attacken begangen hat - was kaum herauszufinden war.
