Es war wohl das eine Rind zu viel, das am vergangenen Dienstag im Cuxland gerissen wurde. Nachdem in den vergangenen Wochen bereits zahlreiche Schafe, Rinder und Pferde im Landkreis getötet worden waren, hatten die Stadt Cuxhaven und der Landkreis Cuxhaven gemeinsam eine Ausnahmegenehmigung zum Schnellabschuss eines Problemwolfs beantragt.
Umweltminister Christian Meyer will nicht länger warten
Mit dem letzten toten Rind in dieser Woche gewährt das Umweltministerium in Hannover nun diese Ausnahme. Umweltminister Christian Meyer (Grüne) sagte dazu: „Ich kann nicht länger auf die seit Monaten angekündigten Anpassungen des Bundesrechts auf die Veränderung des Schutzstatus beim Wolf auf EU-Ebene warten.“

Auf der Weide direkt am Bäderring in Cuxhaven wurde dieses junge Rind gerissen. Offenbar war es ein Wolf. Foto: Kramp
Weiter teilte der Minister mit: „Nach einem weiteren Wolfangriff auf ein ausgewachsenes Rind in einer Herde am Dienstagabend setzen wir den Schnellabschuss jetzt um.“
Konkret wird daher der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) zu Freitag, 17. Oktober, eine sogenannte Ausnahmegenehmigung für eine Wolfsentnahme nach dem Schnellabschussverfahren ausstellen.
In einem Umkreis von 1000 Metern rund um die betroffene Weide kann damit 21 Tage lang ein Wolf gejagt werden. Nach den neuen Regelungen muss vor dem Abschuss nicht nachgewiesen werden, dass es sich dabei tatsächlich um den Problemwolf handelt. Ein solcher Nachweis hatte sich in der Vergangenheit als nicht realisierbar erwiesen.
Nicht jeder darf den Wolf abschießen, sondern nur ausgewählte Jäger
Auf Nachfrage der NORDSEE-ZEITUNG präzisierte das Ministerium noch einmal: „Eine Schnellabschussgenehmigung wird nicht für ein bestimmtes Individuum erstellt, sondern um einen konkreten Nutztierriss herum in einem Interventionsgebiet mit deutlich erhöhtem Nutztierrissgeschehen und Grundschutzüberwindungen.
Dies sei auch ohne eine genetische Identifizierung möglich. „Nach wissenschaftlichen Studien und Auffassung der EU-Kommission gibt es innerhalb von 21 Tagen um die konkrete Weide herum eine hohe Wahrscheinlichkeit, den schadensverursachenden Wolf zu entnehmen“, so ein Ministeriumssprecher.
Eine genetische Kennung des Problemwolfes liegt demnach auch noch nicht vor. Denn in der Kürze der Zeit konnten die entnommenen Proben noch nicht abschließend untersucht und einem Tier zugeordnet werden.
Fest steht, dass der Abschuss nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen erfolgen darf. Es kommen auch nur ausgewählte Jäger infrage. Auf keinen Fall darf nun jeder auf Wolfsjagd gehen.
Wolf zum Abschuss freigegeben: Land wartet nicht länger auf den Bund
Die Umsetzung und der Abschuss werden zum Schutz der Betroffenen anonymisiert erfolgen, teilte das Ministerium mit. Die genauen Regularien sollen am Freitag mit der Ausnahmegenehmigung veröffentlicht werden.
Der Umweltminister zeigte sich zuversichtlich, dass der Schnellabschuss nach den vielen Angriffen auch rechtssicher umgesetzt werden kann. In einem ähnlichen Fall hatte das Oberverwaltungsgericht Lüneburg demnach bereits im vergangenen Jahr ein solches Vorgehen bestätigt.
Nachdem die EU zuletzt den Schutzstatus des Wolfes gesenkt hatte, wird nun von der Bundesregierung erwartet, dass sie die gesetzlichen Grundlagen für die Jagd schafft. Der Schnellabschuss, der nun im Cuxland angewendet werden soll, ist zwar bereits im Gesetz verankert. Bisher konnte er aber kaum rechtssicher umgesetzt werden.
Die Landesregierung will nun aber offensichtlich nicht mehr auf den Bund warten. „Wenn der Bund nicht trödeln würde, könnten wir in fachlich begründeten sogenannten Interventionsgebieten mit hohen Nutztierschäden bei Überwindung des Herdenschutzes einfacher handeln, ohne die Art zu gefährden“, sagte Umweltminister Meyer.
Was sagen Politiker, Jäger und der Kreis zum Schnellabschuss?
Landrat Thorsten Krüger bestätigte das Vorgehen. „Ich halte das für angemessen und richtig. Der Landkreis Cuxhaven hat nach einer differenzierten Betrachtung und Bewertung zusammen mit der Stadt Cuxhaven den Antrag gestellt“, teilte der Landrat auf Nachfrage mit.
Der SPD-Landtagsabgeordnete Oliver Lottke begrüßte die Ausnahmegenehmigung für den Schnellabschuss. „Ich bin froh, dass die Entscheidung ziemlich schnell innerhalb von zwei Tagen nach dem letzten Riss getroffen wurde“, sagt der Politiker.
Für den CDU-Landtagsabgeordneten Claus Seebeck kann es sich dabei jedoch nur um einen ersten Schritt handeln. „Das wird nicht der letzte Riss und der letzte Abschuss gewesen sein. Wir werden dahin kommen müssen, dass wir ganze Rudel entnehmen“, sagte Seebeck.
Ähnlich sieht es auch der Kreisjäger Eike Lindau. „Die Entscheidung ist natürlich positiv und notwendig. Etwas anderes ist der Bevölkerung nach den vielen Rissen auch gar nicht mehr zu vermitteln“, sagte Lindau, der auch im Vorstand der Jägerschaft Wesermünde-Bremerhaven ist. In Zukunft müsse es sich normalisieren, den Wolf bei Bedarf regelmäßig zu bejagen, ohne dabei die Art zu gefährden.