Es sei eine nicht zufriedenstellende Zahl, sagte DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann. „Wir müssen unsere Bemühungen verstärken. Wir haben die Tendenz zwar gestoppt, aber die Zahlen stagnieren auf einem hohen Niveau.“ Es gebe „immer noch zu viele geschädigte Menschen. Das ist ein Bild, mit dem der Fußball nicht leben kann.“
Der DFB wertet jedes Jahr die Spielberichte der Schiedsrichter aus, um Fälle von Gewalt und Diskriminierung statistisch zu erfassen. Bei 1.428.657 erfassten Spielen gab es 6.224 Vorkommnisse. Das entspricht 0,5 Prozent aller Spiele.o,08 Prozent der Spiele wurden abgebrochen. Was statistisch gesehen nicht viel ist und doch den DFB in Alarmstimmung versetzt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass in der vergangenen Saison ein 15-jähriger Berliner nach einem gewalttätigen Angriff durch einen Gegenspieler bei einem Jugendturnier in Frankfurt gestorben ist. „Jenseits aller Statistiken müssen wir festhalten, dass in der zurückliegenden Saison ein Mensch sein Leben verloren hat. Das muss endgültig ein Warnsignal sein, gleichgültig welche Rolle man im Sport einnimmt“, sagte Zimmermann.
Neue Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsfälle
Um Gewalt und Diskriminierung auf dem Fußballplatz vorzubeugen, setzt Zimmermann auf mehr Prävention. So wurden in allen 21 Landesverbänden Anlaufstellen für Gewalt- und Diskriminierungsfälle eingerichtet. „Es geht darum, das Bewusstsein zu schärfen“, sagte Zimmermann. Wir müssen wacher werden und negativen Entwicklungen frühzeitig entgegentreten.“ Eine Woche nach dem Tod des 15-Jährigen in Frankfurt habe es anderswo schon wieder Spielabbrüche wegen Gewalttaten gegeben. „Das erschüttert mich über den Todesfall hinaus“, sagte Zimmermann.

„Jenseits aller Statistiken müssen wir festhalten, dass in der zurückliegenden Saison ein Mensch sein Leben verloren hat. Das muss endgültig ein Warnsignal sein.“
Am häufigsten werden Gewaltvorfälle durch Situationen aus dem Spiel heraus ausgelöst, hat die Tübinger Kriminologin Dr. Thaya Vester, die zu dem Thema forscht, herausgefunden. Oft eskaliere es nach einem Zweikampf oder einer vermeintlichen Fehlentscheidung. Deshalb sind Schiedsrichter am häufigsten das Opfer. „Aber es gibt nicht ,die Gewalt‘, im Fußball, es gibt x Situationen, die Vorfälle auslösen können“, sagt Vester. Deshalb will Zimmermann die Vereine sensibilisieren: „Ich höre immer: Bei uns passiert so was nicht. Aber es kann jederzeit etwas passieren.“
Höhere Strafen würden Zahl der Taten nicht senken
Höhere Strafen für Täter würden Vester zufolge die Zahl der Taten nicht senken. Dazu bedarf es anderer Mittel: „Nur, wenn Vorfälle schnell und in hoher Zahl geahndet werden, verändert sich etwas“, sagt Vester. „Das ist wie mit einem Blitzer beim Autofahren. Entscheidend ist, dass man das Gefühl hat, jederzeit erwischt werden zu können.“
Genau daran will der DFB arbeiten. Zum einen sollen Schiedsrichter noch besser qualifiziert und sensibilisiert werden. Zum anderen sollen die Vereine mehr unternehmen. „Die Vereine müssen mehr darauf hingewiesen werden, welche Verantwortung sie bei Spielen haben und was sie machen können bei Vorfällen“, sagt Zimmermann. Das gelte nicht nur für Vorfälle aus dem Spiel heraus, sondern auch aufseiten der Zuschauer. Hier gebe es eine besonders hohe Dunkelziffer, weil die Schiedsrichter so sehr mit dem Spiel selbst befasst sind, dass sie Taten oder Worte aus dem Zuschauerbereich eher ausblenden. Damit würden solche Vorfälle oft nicht erfasst.