Die deutsche Nationalmannschaft im American Football hat sich rar gemacht. Seit 2017 hat der dreimalige Europameister kein Länderspiel mehr bestritten. In diesem Jahr gibt es einen Neustart, und der Bremerhavener Gerrit Meister hilft dabei, das Auswahlteam aus der Versenkung zu holen. Für Meister ist es eine Ehre, dass der neue Bundestrainer Shuan Fatah ihn in den Trainerstab der Nationalmannschaft berufen hat. Zusammen mit einem Trainerkollegen wird sich der Bremerhavener, der als Spieler dreimal deutscher Meister mit den Lions Braunschweig geworden ist, um die schweren Jungs der O-Line kümmern. Diese haben im Football die Aufgabe, den Quarterback vor den Angriffen der Gegner zu beschützen und Räume für das eigene Laufspiel zu schaffen - so wie Meister es in seiner langen Karriere getan hat, die ihn von seinem Heimatverein Bremerhaven Seahawks auch zu Clubs wie den Hamburg Blue Devils und den Groningen Giants geführt hat.
Meister kann an der Seite erfahrener Coaches wachsen
„Es sind viele Top-Coaches aus Deutschland dabei. Da war ein Nein für mich keine Option“, sagt Meister mit Blick auf Bundestrainer Fatah, mit dem er bei den Berlin Adlern in der German Football League (GFL) zusammengearbeitet hat, und die britische Trainer-Legende Lee Rowland, die beide „unzählige Titel“ gewonnen haben. Für den 37 Jahre alten Meister bietet das Engagement für den American Football Verband Deutschland (AFVD) die Chance, an der Seite erfahrenerer Coaches zu wachsen.

Wenn sie gespielt hat, war die deutsche Nationalmannschaft im American Football durchaus erfolgreich. Das Bild zeigt eine Szene aus dem Finale der Europameisterschaft 2014, das das deutsche Team mit Niklas Römer (links) gegen Gastgeber Österreich gewann. Foto: imago/GEPA pictures
Der AFVD hat unter seinem langjährigen Vorsitzenden Robert Huber oft für Kopfschütteln in der Football-Szene gesorgt. Unter Huber, der im November vergangenen Jahres nach 25 Jahren im Amt zurückgetreten ist, lieferte sich der AFVD Scharmützel mit dem Weltverband, und so nahm Deutschland nicht an den Europameisterschaften 2018 und 2021 teil. Ihren letzten Auftritt hatte die Nationalmannschaft 2017 bei den World Games in Polen, als man die Silbermedaille holte. „Wir haben mit dem neuen Trainerteam darüber gesprochen. Alle halten das für verrückt, eine krasse Sache“, kritisiert Meister die internationale Abstinenz der Deutschen.
Das Huber-Erbe beschäftigt den Verband noch
Das Huber-Erbe beschäftigt die neue AFVD-Führung auf vielen Ebenen. In Medienberichten ist von fragwürdigen Kontobewegungen und gelöschten Festplatten die Rede. Um die U19-Nationalmannschaft zu einem Länderspiel nach Frankreich schicken zu können, war ein Spendenaufruf nötig. Zudem steht die Austragung des German Bowls, das Endspiel der GFL, im Frankfurter Waldstadion auf der Kippe. Die Organisation des German Bowls liegt in den Händen einer Firma, die Huber gegründet hat - seine Nachfolger im AFVD haben diesen Vertrag gekündigt und wollen, dass der Verband wieder selbst als Veranstalter des Finales auftritt.

Angesichts dieser Streitigkeiten wären Erfolge der Nationalmannschaft wichtig für das Image des deutschen Footballs. Das sieht auch Meister so: „Wir wollen dahin zurück, wo die Nationalmannschaft mal stand. Es geht darum, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.“ Dabei können Meister und seine Kollegen auf die Unterstützung des AFVD setzen. Kürzlich gab es ein Treffen des AFVD-Vorstands mit der Köpfen der European Football League (ELF). Bislang war die 2021 vom TV-Experten Patrick Esume gegründete ELF dem Verband eher ein Dorn im Auge gewesen - jetzt ist man sich einig, dass Spieler aus der GFL, ELF und aus dem Ausland den Adler auf der Brust tragen können.
GFL und ELF können voneinander lernen
„Wir wollen die Besten der Besten haben, da muss man überall schauen“, freut sich Meister über diese neue Offenheit. Der studierte Sozialpädagoge, der in Wolfenbüttel lebt und stellvertretender Cheftrainer und O-Line-Coach beim Zweitligisten Hildesheim Invaders ist, kennt die ELF von einem Abstecher zu den Leipzig Kings. „Ich sehe in der ELF keinen Schaden. Beide Ligen können voneinander lernen, um Football in Deutschland voranzubringen“, erklärt der 37-Jährige.
Ende Oktober wird die Nationalmannschaft in Frankfurt gegen Israel oder Spanien um den Aufstieg in die Gruppe der A-Nationen spielen. „Weil Deutschland international seit 2017 nicht mehr dabei war, müssen wir uns erst wieder qualifizieren“, sagt Meister. „Egal, wer nach Frankfurt kommt - da muss ein Sieg her. Wir haben in Europa einen Ruf zu verteidigen.“
Die Nationalmannschaft war Meisters Traum
Das Interesse an den ersten Lehrgängen der Nationalmannschaft war groß, zu einer offenen Sichtung kamen 150 Spieler nach Frankfurt, aus denen ein 75-köpfiger Kader gebildet wurde. Meister hätte als Aktiver selbst gerne das Nationaltrikot getragen, kam aber über eine Einladung ins Trainingscamp nicht hinaus. „Die Nationalmannschaft war ein großer Traum von mir, weil meine besten Freunde es auch geschafft haben. Aber es gibt auch andere gute Footballspieler - ich war offensichtlich nicht gut genug“, erzählt der Bremerhavener. Eingeladen wurde Meister im Jahr 2017 - kurz vor dem letzten Länderspiel der Nationalmannschaft.