Nordenham

Was ich von zwei weißhaarigen Herren beim Frühstück gelernt habe

Es gehört sich nicht, den Gesprächen Fremder zu lauschen. Wenn man es doch tut, bekommt man manchmal unerwartete Einsichten in den Sinn des Lebens.

Was ich von zwei weißhaarigen Herren beim Frühstück gelernt habe

Ich war mal wieder ein paar Tage auf Schusters Rappen unterwegs und hatte mich für die Nacht im Gasthof „Alte Heimat“ einquartiert. Beim Frühstück saß mir ein Herren-Gespann schräg gegenüber.

„Da sitzt ’ne Fliege auf meinem Brötchen“, sagte der eine. „Dat jet ja gar nich“, antwortete der andere. Ich schätzte die beiden auf etwa 80 Jahre. Aus ihrem Gespräch ging hervor, dass sie zusammen auf Reisen waren. Sie trugen Karohemden und erinnerten mich an zwei Figuren aus der Muppet-Show. Sie wissen, wen ich meine: Die auf dem Balkon, die sich über alles lustig machen.

Irgendwie kamen sie auf ihre Lehrzeit in der Jugend zu sprechen. Einer hatte Elektroinstallateur gelernt, der andere war auf dem Bau tätig. „Wir mussten eine Klingelanlage installieren“, begann der Rechte. Sein Gegenüber daraufhin: „Ich habe immer die Vorbohrungen gemacht.“ Er führte nun aus, wie mühsam die Arbeit damals war. Dann fiel ihm sein Freund ins Wort: „Bei der Klingelanlage hat mein Mitarbeiter alle Kabel vertauscht, nichts funktionierte.“

Auch das Gespräch funktionierte so nicht, zog sich aber noch eine Weile hin, indem jeder seinen beruflichen Alltag erläuterte. Erst die Erwähnung eines Handwerksmeisters mit einem Steckschuss in der Stirn brachte sie wieder zusammen. „Eine tiefe Delle. Mitten auf der Stirn!“ Pause. Erstaunen. „Wie ist das denn passiert?“ „Der war im Krieg.“ „Dann hat er wohl ’nen Helm aufgehabt, sonst wär er ja tot.“ „Wahrscheinlich.“ Sie bestellten noch eine halbe Kanne Kaffee, schwiegen einen Moment und begannen die gemeinsame Planung des Tages. Eine gute Freundschaft hält alles aus.

Sabrina Krabbenhoeft

Redakteurin

Sabrina Krabbenhoeft, Jahrgang 1973, studierte Freie Kunst in den Niederlanden, bevor es sie nach Berlin zog. Eine Ausbildung zur Körpertherapeutin folgte. 2019 kehrte sie zurück in den Norden. Ihre Hobbies, Reisen und Schreiben, ließen sie 2022 bei der Nordsee-Zeitung anheuern.

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