Ein schwarzes Bündel springt im Flur auf und ab. Es ist Motzi, die neun Monate alte Staffordshire Bull Terrier Hündin von Thomas Henkenjohann. In einigen Bundesländern steht die Rasse auf der Liste der gefährlichen Hunde. Zu den sogenannten Kampfhunden gehören unter anderen Bullterrier, Dobermann, Rottweiler und Kangal.
„Kampfhund ist keine Rasse“: Klage gegen Rasseliste
Thomas Henkenjohann und seine Frau können über die Bezeichnung nur den Kopf schütteln. „Die Rasse Kampfhund gibt es nicht. Rettungshunde, Blindenhunde und so weiter, das sind Funktionen, die der Hund ausübt, nicht eine Rasse“, sagt Thomas Henkenjohann. Dass es keine Rasseliste in Niedersachsen gibt, ist unter anderem sein Verdienst.
Nordenhamer will Vorurteile abbauen: So begann alles
2002 klagt Thomas Henkenjohann mit seinem damaligen Verein „Hund und Halter“ gegen die Rasseverordnung. Zusammen mit dem Rottweiler- und Tierschutzverein Hannover können sie die Gefahrtierverordnung für das Bundesland kippen. Doch wie kam es überhaupt zu dieser Gesetzgebung?
Der Auslöser, der zur Einführung der Rasseliste in Deutschland führte, war ein tragischer Vorfall im Jahr 2000 in Hamburg. Im Juni 2000 wurde der sechsjährige Volkan auf dem Schulgelände von zwei Pitbull-Mischlingen angegriffen und tödlich verletzt.
Erster „Kampfhund“ im Haus: So kam Kuddel zur Familie
Motzi blickt sein Herrchen mit dunklen Kulleraugen an. Thomas Henkenjohann ist mit Hunden aufgewachsen. 1982 schafft er sich einen Rottweiler an. „Ich mag den kompakten Körperbau der Hunde. Aber wenn ich mit ihm unterwegs war, hieß es oft, da kommt ein Kampfhund“, sagt er.
In dieser Zeit lernt er einen Bullterrier-Züchter am Bauernweg kennen. Er besucht ihn. Thomas Henkenjohann hat selbst noch Vorurteile gegenüber der Rasse. Der Züchter hat eine Hündin bei sich, die er aus schlechten Verhältnissen gerettet hat. „Das Tier war total menschenbezogen und anhänglich. Keine Spur von Aggression, trotz der Dinge, die es erlebt hat. Das hat mich nachdenklich gemacht.“
Thomas Henkenjohann informiert sich eineinhalb Jahre auf Ausstellungen und durch Besuche bei Züchtern über die Rasse. Er kommentiert, wann immer es geht, Artikel, in denen die als Kampfhund bezeichneten Hunderassen in die Kritik geraten.
„Hast du so einen Hund? Wenn nicht, wie kannst du dich darüber äußern?“, antworten andere Leser. Dann sagt seine Frau zu ihm: „Mach mal Nägel mit Köpfen“. 1995 kommt der American Staffordshire Terrier Kuddel in die Familie.

Thomas Henkenjohann und seine Frau mit ihrem neuen Familienmitglied: Motzi kann für das Foto kaum eine Sekunde stillsitzen. Die Staffordshire Bull Terrier-Hündin ist erst neun Monate alt und hält alle auf Trab. Foto: Krabbenhoeft
Sie heißen Kuddel, Maja und Motzi
Kuddel ist ein Rüde aus einem Wurf von 13 Welpen. „Er war zurückhaltender als seine Geschwister und wehrte sich nur gegen deren Rauferei, wenn es richtig zur Sache ging. Er blieb sein ganzes Leben so gelassen“, sagt der Nordenhamer. Der Hund lebt zusammen mit zwei Katzen, Ponys und einer Herde Schafe auf einem Bauernhof in der Phiesewarder Wisch. Nach seinem Tod mit über 15 Jahren kommt Maja ins Haus. Auch sie ist ein American Staffordshire Terrier.
2023 verstirbt die Hündin während eines Spazierganges mit seiner Frau. Plötzlicher Herztod. Thomas Henkenjohann lässt sich die Köpfe seiner Hunde Maja und Kuddel auf den rechten Unterarm tätowieren. Nun sollte eigentlich kein neuer Hund mehr ins Haus kommen. Doch vor wenigen Monaten zog Motzi bei dem Paar ein.
„Kampfhunde“: Ein Begriff voller Missverständnisse
„Wie viele Menschen kaufen sich einen Golden Retriever, weil die als besonders familienfreundlich gelten. Aber ähnlich wie bei uns, entwickelt sich der Charakter eines Hundes individuell aufgrund seiner Veranlagungen, Erziehung und dem sozialen Umfeld. Die fünfte bis achtzehnte Woche seines Lebens ist die sensible Phase. Was der Welpe da erlebt, vergisst er sein ganzes Leben nicht“, sagt Thomas Henkenjohann.
Er betont, dass kein Hund, weder die unter dem Sammelbegriff „Kampfhunde“ geführten Rassen, noch ein Hund einer anderen Rasse, für bestimmte Verwendungszwecke geboren wird. So müssen Hunde, die zum Blinden- oder Polizeihund ausgebildet werden, zunächst einen Eignungstest bestehen. Kommt das Tier für den Aufgabenbereich infrage, werden die entsprechenden Fähigkeiten durch das Training stärker ausgebildet.
Mensch und Tier in Harmonie
„Damit die Mensch-Tier-Beziehung funktioniert, müssen die Bedürfnisse des Hundes und der jeweiligen Rasse beachtet werden. Ich wünsche mir, dass jemand, der sich einen Hund anschaffen will, diese Überlegungen vorher ernst nimmt. Dann steht einem glücklichen Zusammenleben nichts im Wege.“
Frauchen kommt nach Hause. Es gibt Futter für Motzi. Die Freude ist auf beiden Seiten groß. Schwer vorstellbar, dass dieser quirlige Hund gefährlich sein könnte.
Dieser Artikel erschien erstmals am 17.07.2024.