Rotenburg

Das Pfaffenhütchen: Diesen Strauch haben Gespinstmotten zum Fressen gern

Der Herbst besticht durch seine farbenfrohe Natur. Blätter färben sich bunt und flattern im Wind. Aus diesem Farbenmeer herauszustechen, ist nicht leicht. Einigen Sträuchern aber gelingt dies. Dem hochgiftigen Pfaffenhütchen zum Beispiel.

Das Bild zeigt ein blühendes Pfaffenhütchen.

Die Früchte des Pfaffenhütchens leuchten in der Abendsonne. Weil der Strauch kalkhaltige, frische Böden liebt, findet man ihn in der Region rund um Zeven eher selten. Foto: Jakob Brandt

Das Pfaffenhütchen bringt einen Hauch exotisches Flair in den Herbst. Schon von weitem sind die leuchtend bunten Früchte von Euonymus europaeus in Hecken, Gebüschen und an Waldrändern zu erkennen.

„Das Pfaffenhütchen ist einfach eine attraktive Pflanze“, findet der Kreisnaturschutzbeauftragte Claus Vollmer aus Zeven. „Der Spindelstrauch, wie man das Pfaffenhütchen auch nennt, wird aufgrund des langsamen Wuchses, der attraktiven Früchte und Herbstfärbung ebenfalls gerne als Zierstrauch im Garten verwendet.“

Eine Zierde für den Garten

Auch Vollmer hat in seinem naturnahen Garten ein paar Pfaffenhütchen stehen. „Ich schätze an der Art, dass sie so schwachwüchsig ist und nicht zu groß wird. Denn oft pflanzt man sich im Garten ja Sträucher, die später so richtig abgehen.“

Das Foto zeigt Claus Vollmer

Der Kreisnaturschutzbeauftragte Claus Vollmer hat ein paar Pfaffenhütchen im eigenen Garten. „An den linearen Korkleisten auf der Rinde“, sagt er, „kann man nicht fruchttragende Pflanzen gut bestimmen.“ Foto: Jakob Brandt

Die auffallend schönen Früchte der Pflanze bestehen aus einer vierspaltigen rotvioletten Kapsel. In den vier Fruchtfächern befindet sich je ein von orangem Fruchtmantel umgebenes Samenkorn. Vom Aussehen dieser Früchte, das an die Kopfbedeckung katholischer Priester erinnert, rührt der Name Pfaffenhütchen.

Pflanze bringt selbst Weidetiere um

Vornehmlich Rotkehlchen und Drosseln fressen die Früchte der Pflanze. Damit tragen diese Vögel zur Verbreitung des für Menschen und Wirbeltiere stark giftigen Pfaffenhütchens bei.

Alle Pflanzenteile, insbesondere die Samen, enthalten Giftstoffe. Selbst große Weidetiere können daran sterben. „Die Rotkehlchen und Drosseln fressen den orangefarbenen Fruchtmantel, das Saatkorn würgen sie aber wieder aus“, erläutert Vollmer. „Früher wurden die Beeren auch getrocknet, zerstampft und als Insektengift, zum Beispiel gegen Motten, benutzt.“

Spindeln aus dem harten Holz

Benutzt wurde auch das zähe, gelbe Holz, aus dem Orgelpfeifen, Schuhnägel, Stricknadeln und Spindeln hergestellt wurden. Zudem ließ sich aus dem feinporigen Holz des Strauchs eine hochwertige Holzkohle gewinnen, die als Zeichenkohle geschätzt wurde.

Heute wird das Europäische Pfaffenhütchen seines dichten Wurzelwerks wegen gerne zur Hangbefestigung eingesetzt. „Ich habe noch nie ein derart starkes Wurzelwerk mit so vielen Haarwurzeln gesehen“, sagt Claus Vollmer. Ein Wurzelwerk, das auch viele Ausläufer treibt.

Ein Kümmerdasein in den Hecken

In artenreichen Hecken hat das Pfaffenhütchen häufig das Nachsehen. Hecken sollten bekanntlich regelmäßig geschnitten, auf den Stock gesetzt werden. Weil das Pfaffenhütchen so langsam wächst, wird es von den stark wüchsigen Konkurrenten überschattet und geht ein. Es wird daher empfohlen, bei der Heckenpflege den Spindelstrauch nicht zu beschneiden, was angesichts maschineller Pflege heute schwierig ist.

Das Foto zeigt die Früchte des Pfaffenhütchens.

Der orangefarbene Fruchtmantel wird gerne von Rotkehlchen und Drosseln gefressen. Foto: Claus Vollmer

Kurzer Steckbrief

Wie muss der Standort sein? Das Pfaffenhütchen gedeiht besonders gut auf frischen, nährstoffreichen Lehmböden.Wo findet man die Pflanze? In Hecken auf entsprechenden Standorten, vorwiegend an Rändern von Auwäldern. Was mag die Pflanze nicht? Trockene, nährstoffarme und bodensaure Standorte.Wie kann man den ökologischen Zustand ihres Lebensraums verbessern? Bei der Pflege von Waldrändern und Hecken sollte man das Pfaffenhütchen schonen, da es langsam wächst und von schnellwüchsigen Bäumen und Sträuchern ausgeschattet wird.Was kann man mit der Pflanze machen? Das Pfaffenhütchen heißt auch Spindelstrauch, da aus dem harten, dauerhaften Holz früher Garnspindeln gedrechselt wurden. Die aus Pfaffenhütchen hergestellte Holzkohle wird als Zeichenkohle geschätzt.Was macht die Pflanze aus botanischer Sicht so besonders? Alle Pflanzenteile sind für Menschen und Vieh stark giftig.

Das Pfaffenhütchen an sich ist nicht selten, in der Region rund um Zeven aber macht es sich rar. Die Pflanze liebt kalkhaltige, anlehmige bis lehmige Böden, Böden also, die man hier nicht oft findet. „Wo Erlen und Eschen klarkommen, da findet man auch das Pfaffenhütchen“, schildert Vollmer. „Außerdem in feuchten Eichen- und Hainbuchenwäldern sowie in Bachniederungen.“

Futter für die Gespinstmotte

Das Pfaffenhütchen ist eine bodenständige Pflanze, an die verschiedene Arten gebunden sind. Etwa die Gespinstmotte. „Im Frühling wird der Spindelstrauch häufig von den Kleinschmetterlingen befallen, die die Sträucher einspinnen und kahlfressen“, so Vollmer. „Trotz des eindrucksvollen Schadbildes kommt es nicht zu großen Schäden, da der Befall so frühzeitig erfolgt, dass das Pfaffenhütchen neu austreiben kann.“

Ein Pfaffenhütchen in der Hecke.

Pfaffenhütchen mögen Hecken, in denen sie genug Licht bekommen. Foto: Jakob Brandt

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Jakob Brandt
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