Während Isländer und Friesen, Ritter und blonde Schönheiten aus Bayern auf dem Tierschaugelände die Messebesucher begeistern, lauschen annähernd 800 geladene Gäste im Festzelt bei stetig steigenden Temperaturen, Bier, Wasser und Kaffee Moderatorin Chrissie Loock und ihren Gesprächspartnern. Tarmstedts Bürgermeisterin Hella Rosenbrock hatte die Gäste begrüßt und mit ihrer Aussage, die Tarmstedter Ausstellung sei Wirtschaftsförderung, einen Punkt gesetzt.
Die beiden Geschäftsführer der Ausstellungs-GmbH, Oliver Moje und Hermann Cordes, die mit weißem Hemd, beigefarbener Hose und schwarzem Jackett im Partnerlook auftraten, versprachen den Messebesuchern denn auch „Begegnungen auf hohem Niveau“ mit dem Schwerpunktthema der Ausstellung: Erneuerbare Energien.
Verliebt ins Gelingen bei der Energiewende
Als Repräsentanten der Branche hatte Moderatorin Looks Silke Weyberg, Chefin des Landesverbandes Erneuerbare Energien, und den Tarmstedter Unternehmer Oliver Bade aufs Podium gebeten. Bade brach eine Lanze für Biogasanlagen als Produzenten von Strom, Wärme und Kraftstoff. Weyberg betonte, dass die nötige Energiewende Tempo aufnehmen müsse und dass der ländliche Raum Garant für das Gelingen sein.
Apropos ländlicher Raum. Was nützen all die Chancen, die seinen Bewohnern prophezeit werden, wenn die Gesundheitsversorgung erodiert? Wenn es mit der Digitalisierung hapert? Wenn den ehrenamtlich Tätigen laufend Steine in den Weg gelegt werden? In diese Wunden legten Elisabeth Brunkhorst, Niedersachsens oberste Landfrau, und Erja Söhl, Landjugendvorsitzende, ihre Finger.
Vom zerstörerischen Potential der Bürokratie
Einer dieser Steine ist die als überbordend empfundene Bürokratie, das brachten neben Söhl auch die Landespolitiker Marco Mohrmann, Dennis True und Frank Imhoff zum Ausdruck. Das Trio attestierte der Melange aus komplizierten und langwierigen Genehmigungsverfahren, Regelungswut, undurchsichtigen Vorschriften, ausufernden Dokumentationspflichten und Zuständigkeitswirrwarr das Potential, ehrenamtliches Engagement zu ersticken, Investoren abzuschrecken, Firmengründungen zu verhindern und Selbstständige zu zermürben. Die Bürokratie mache „einem den Beruf madig“ stellte der Landvolkvorsitzende Alexander von Hammerstein fest und Jan Hägerling, Bundesvorsitzender der Landjugend, bemerkt, dass „der Mut schwindet“.
Kein Erfolg ohne Mut und Risikobereitschaft
Keine guten Voraussetzungen, denn unternehmerischer Erfolg erfordert durchaus Mut und Risikobereitschaft. Das weiß Hans-Peter Fricke, dessen Firma 2022, im 99. Jahr des Bestehens, den Schritt über den Atlantik gewagt hat, um in den USA Fuß zu fassen. An die Adresse der Landes- und Bundespolitiker richtete der Heeslinger Firmenlenker den dringenden Appell, bei der Digitalisierung „einen Zahn“ zuzulegen und in die schulische Bildung zu investieren. „Deutschland fällt ab“, lautet Frickes Diagnose.
Ungeachtet dessen zeigt die niedersächsische Landwirtschaftskammer den Besuchern der Tarmstedter Ausstellung, was möglich erscheint, wenn es mit der Digitalisierung des Landes klappt: Kammerdirektor Bernd von Garmissen lädt Interessierte ins Praxislabor ein.

In diesem Jahr erhielt Wolf Vogel den ersten Teller Erbsensuppe von Oliver Moje serviert. Vogel hatte 15 Jahre als Gemeindebürgermeister und Aufsichtsratsvorsitzender der Messe-GmbH amtiert. Foto: Kratzmann