Dass wir lebenslang lernen - müssen, wollen oder sollen - wusste schon Lao Tse: „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Hört man damit auf, treibt man zurück.“ Dass ich meine Freizeit freiwillig mit Frontalvorträgen wie zu Schulzeiten verbringe, kommt aber nicht infrage. Mit dem Älterwerden hat sich die Erkenntnis eingestellt, dass es effektivere Art der Wissensvermittlung gibt. Das weiß auch Bremerhavens Volkshochschule.
Mein Türöffner-Moment zu einer mir bislang verborgenen Welt war ein Spaziergang am Wremer Deich mit einer Ornithologin. Von nun an erkenne ich die Waldlerche, die gleichzeitig singt und flattert, dann ab einer gewissen Höhe verstummt und sich bis kurz vorm Boden fallen lässt. Ich hab gelernt, dass der Sumpfrohrsänger meisterhaft andere Vogelgesänge imitieren kann - aber sonst wenig misstrauisch alles ausbrütet, was im Nest liegt - oft auch mal ein Kuckucksei. Der Watvogel Austernfischer („Halligstorch“) muss seinem Nachwuchs das Muschelknacken beibringen. Ein Schlicht- und ein Prachtkleid besitzt der Kampfläufer, dessen Auftauchen in Letzterem für freudige Aufregung bei der Fachfrau sorgte - davon lässt man sich gern anstecken. Auf einem kurzen Spaziergang haben wir in zwei Stunden 24 verschiedene Vogelarten entdeckt. Frei nach Comenius formuliert: „Die ganze Welt ist eine Schule.“ Also nicht wundern, wenn ich beim nächsten Vortragsabend fehle - ich bin draußen. Lernen.