Cuxland

Ein „Super-Job“ - für 80 Cent die Stunde

„Moin“ ist die tägliche Kolumne in der NORDSEE-ZEITUNG. Diesmal geht es um Flüchtlinge und die Frage, ob man sie zum Arbeiten zwingen soll.

Die Rechten bedienen gerne die Emotionen. Die Bilder, die sich in etlichen deutschen Köpfen breitgemacht haben, wonach die Flüchtlinge in Massen zu uns strömen, nur um es sich in unserer sozialen Hängematte gemütlich zu machen. Das ist natürlich Unsinn, das weiß jeder, der sich mal mit einem Asylbewerber unterhalten hat. Auch Anträge rechter Politiker, die absolut vernünftig klingen, appellieren unterschwellig immer an dieses Gefühl. Wie der Antrag der Ex-AfD, die sich heute „Bürgerlichen Alternative“ nennt, am Mittwoch im Kreistag. Sie forderte, Asylbewerber zu gemeinnütziger Arbeit zu verpflichten, wie es in einem thüringischen Landkreis erfolgreich praktiziert werde. Per se keine schlechte Idee, schließlich ist Arbeit – neben der Sprache – der Schlüssel für die Integration. Das hat man in Deutschland glücklicherweise erkannt, seit 2019 dürfen nun auch Asylbewerber hier arbeiten. Ob das allerdings mit der Pistole auf der Brust funktioniert, ist eine andere Frage. Die Kreistagsmehrheit, die sich manchmal nicht leicht tut mit den Anträgen der Rechten, reagierte gut - und setzte sich ernsthaft mit dem Ansinnen auseinander. Gunnar Böltes (SPD) wie Lasse Weritz (CDU) machten deutlich, dass eine Arbeitspflicht im Cuxland einen riesigen Verwaltungsaufwand bedeuten würde. Denn hier gibt es, im Unterschied zu Thüringen, keine zentrale Flüchtlingsunterkunft. Was ein Glück sei, so CDU-Mann Weritz. „Denn wäre das ja wirklich ein Ghetto gibt. Stattdessen werden die Asylbewerber auf die Gemeinden verteilt - und dort auch für Arbeiten herangezogen. Manfred Knust (Bürgerliste) berichtete aus der Praxis: „Wir sprechen die Asylbewerber direkt an, bieten Hilfe an, und das lohnt sich auch“, sagte Knust, der im heimischen Lamstedt den Bauhof leitet. „Zur Zeit habe ich zwei Afrikaner, die machen für 80 Cent in der Stunde einen Super-Job.“ Und aus dem Antrag, da war die Luft raus.

Inga Hansen

Reporterin

Inga Hansen, Jahrgang 1962, arbeitet seit 1993 als Redakteurin in der Landkreis-Redaktion der NZ. Zuvor hat die gebürtige Ratzeburgerin in Hamburg Politikwissenschaft und Öffentliches Recht studiert. Ihr Interesse gilt neben der Politik Pop-Musik, Literatur und Filmen.

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