Bremerhaven stadthalle

Der Traum von einer schicken neuen Stadthalle in Bremerhaven ist geplatzt

Eigentlich waren sich alle einig: Ein moderner Neubau sollte die alte marode Stadthalle ersetzen, um Bremerhaven wieder für Konzertveranstalter attraktiv zu machen. Jetzt aber sind die Träume von der schicken Arena geplatzt. Warum das so kam.

Eingang zur Stadthalle

Eigentlich hatten sich die Regierungsfraktionen längst darauf verständigt, dass die marode Stadthalle einem Neubau weichen soll. Jetzt ist alles wieder anders. Foto: Scheschonka

Im Koalitionsvertrag von SPD, CDU und FDP finden sich nur dürftige Worte zum Thema Bremerhavener Stadthalle. Die allgemein gehaltenen Formulierungen stehen im krassen Widerspruch zu dem Richtungswechsel, der in den Wochen seit der Wahl stattgefunden hat. Die Neubaupläne für die Stadthalle sind in weite Ferne gerückt, im Vordergrund steht jetzt wieder eine Sanierung der alten Halle am Kaisenplatz. Bis zum Herbst soll Stadthallen-Geschäftsführer Othmar Gimpel die Pläne nebst einer aktualisierten Kostenschätzung vorlegen.

Klare Aussagen in Wahlprogrammen

In den Wahlprogrammen hatten sich CDU und FDP noch klar zum Neubau der Halle bekannt. Der SPD-Unterbezirksvorstand hatte sich kurz vor der Wahl ebenfalls zum Neubau bekannt: „Eine Sanierung ist teuer und verbessert an der Grundsituation der Stadthalle wenig“, heißt es in dem Beschluss. Die Genossen bekannten sich zudem zum Kaisenplatz, nachdem man sich lange in der Standortfrage offen gezeigt hatte. Ein Umzug der Stadthalle in das Werftquartier hielt man lange zumindest nicht für ausgeschlossen.

Jetzt sind die Wahlversprechen Makulatur. Die Koalitionäre haben angesichts der hohen Summen für einen Neubau kalte Füße bekommen. Über 38 Millionen Euro sollte die neue Arena kosten, mit Parkhaus und weiteren Modulen kam man auf über 50 Millionen Euro. Den Respekt vor der Summe räumt CDU-Fraktionschef Thorsten Raschen ein. „Wir scheuen das Risiko für einen Neubau“, sagt er. Auch mit Blick auf die Frage, ob dann wie erhofft tatsächlich die jährlichen Zuschüsse der Stadt in Höhe von 5,6 Millionen Euro für den Hallenbetrieb zurückgefahren werden können. Da gibt es offenbar Zweifel. Alle Prüfaufträge für einen Neubau seien jetzt nur noch perspektivisch. Der Auftrag an die Geschäftsführung beziehe sich jetzt auf detaillierte Sanierungspläne als Grundlage für baldige politische Beschlüsse.

Viel Zeit hat man nicht mehr

Viel Zeit habe man nicht, sagt Raschen, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der Stadthallen GmbH ist. Bis Mitte 2025 sei der Spielbetrieb gesichert unter Auflagen. Zur Erinnerung: Wegen der baulichen und brandschutztechnischen Mängel muss für jede Veranstaltung eine Einzelgenehmigung eingeholt werden. Verbunden ist die mit etlichen Einschränkungen. Spätestens im kommenden Jahr müsse klar sein, wie die Sanierung der Halle bewerkstelligt werden soll. „Ich persönlich hatte mir das auch anders vorgestellt“, sagt Raschen zum Richtungswechsel beim Thema Neubau.

FDP-Chef Hauke Hilz begründet die Kehrtwende mit den Belastungen, die an anderer Stelle auf die Stadt zukommen. Er verweist auf das 100-Millionen-Programm für die Sanierung von Schulen. „Da hat der Neubau der Stadthalle deutlich geringere Priorität“, sagt er. Mit der Sanierung der Halle werde man ein Veranstaltungsangebot aufrechterhalten können. Ob man tatsächlich noch 5.000 Plätze benötige, sei fraglich. Die Veranstaltungsbranche habe sich seit der Pandemie verändert. Zweifel hat er auch, ob durch den Neubau die Einnahmeseite deutlich erhöht werden könne.

Auch die Sanierung wird teuer

Aber auch die Sanierung wird ein teures Projekt. Bislang gehen die Schätzungen von 18 Millionen Euro aus. Das Geld in dann eine weiterhin alte Halle zu investieren, die weder energetisch noch technisch modernen Anforderungen entspricht, hatte gerade die Neubaupläne befeuert. Inzwischen ist klar, dass angesichts von Inflation die Sanierung nicht für den Betrag zu haben ist. „Der Sanierungsbedarf reduziert sich aber, wenn die Halle auf geringere Besucherkapazitäten ausgelegt wird“, sagt Hilz und nennt die Zahl von 2.000 Plätzen. Die Geschäftsführung sei nun gefragt, Möglichkeiten für einen günstigeren Umbau auszuloten.

Ob es eine Billigversion für die Hallensanierung geben kann? Gimpel verweist auf Anforderungen von Feuerwehr und Bauordnungsamt, die absolute Priorität haben: „Ohne das geht es nicht.“ Bis zum Herbst soll er ein Sanierungsprogramm vorlegen mit Fahrplan und Angaben zu den Baukostensteigerungen. „Dabei geht es auch um die Frage, ob im laufenden Spielbetrieb saniert oder ob der Betrieb für einen zügigen Umbau eingestellt werden soll“, sagt er. Er soll sich auch über die Finanzierung Gedanken machen: Welche Fördertöpfe können bei der energetischen Sanierung angezapft werden?

Einige Künstler werden nicht mehr kommen

Einige Künstler, denen der Konzert-Aufbau in der alten Halle zu teuer war, werden nicht mehr kommen, sagt Gimpel und nennt als Beispiel den Rapper Alligatoah aus Neuenwalde. Bei den Konzerten werde man Abstriche machen müssen, das werde immer schwieriger.

Für die Opposition begeht die Koalition mit ihrer Kehrtwende einen Fehler. Bremerhaven brauche als Oberzentrum einen funktionierenden Veranstaltungsort, sagt Claudius Kaminiarz von den Grünen. Der Verzicht auf den Neubau führe zu einem hohen Zuschussbedarf auf langer Sicht.

Sie können bei unserer Podiumsdiskussion über die Stadthalle live dabei sein

Neubau oder Sanierung? Eine Frage, der wir auf den Grund gehen. Am 18. Dezember haben Sie die Chance, dabei zu sein, wenn wir bei einer Podiumsdiskussion mit wichtigen Schlüsselfiguren und Entscheidungsträgern über die Zukunft der Stadthalle sprechen. In der Stadthalle, ab 18.30 Uhr.

Zur Anmeldung geht es hier.

Klaus Mündelein

Reporter

Klaus Mündelein kümmert sich im Bremer Büro um die Landespolitik. Er hat in Münster studiert und volontiert und kam vor fast 30 Jahren zur Nordsee-Zeitung.

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