Mit einem Pilotprojekt in Bremerhaven will Ameos neue Wege gehen: Wer als neue Pflegekraft in den Krankenhäusern beginnt, bekommt einen Fiat 500 Elektro obendrauf. Der kann auch in der Freizeit und im Urlaub genutzt werden. Ameos-Regionalgeschäftsführer Stephan Freitag und Krankenhausdirektorin Katja Loesche starten damit eine Revolution in Bremerhaven.
Die drei wichtigsten Aussagen des großen Doppel-Interviews in Kürze:
Freitag zum Kampf um neue Pflegekräfte: Jede neue Pflegekraft in Vollzeit bekommt jetzt einen nagelneuen Fiat 500 Elektro mit Tankkarte dazu und kann den Wagen auch in der Freizeit und im Urlaub nutzen.
Loesche zum neuen Team der Gefäßchirurgie: Es gibt wieder eine funktionierende Gefäßchirurgie. Das Team ist komplett zum 1. April mit einem Chefarzt, drei Oberärzten, drei Fachärzten und einer Assistenzärztin. Das Team kommt aus Bremen-Nord.
Freitag zur Zukunft der Krankenhäuser: Alle drei Krankenhäuser, Bürgerpark, Mitte und Geestland, werden bleiben. Wir wollen Investitionen im zweistelligen Millionenbereich tätigen.
Hier geht’s zum Interview in voller Länge:

Ameos-Krankenhausdirektorin Katja Loesche und Stephan Freitag, Regionalgeschäftsführer von Ameos Nord, wollen die Krankenhäuser in Bremerhaven erhalten und effektiver aufstellen. Foto: Arnd Hartmann
Sechs Krankenhausdirektoren gaben sich in Bremerhaven in den vergangenen sechs Jahren die Klinke in die Hand. Kommt mit Ihnen Stabilität in die Funktion?
Loesche: Ja. Wenn ich das Potenzial der Krankenhausstandorte in Bremerhaven und Geestland nicht sehen würde, wäre ich nicht geblieben. Die Standorte und die Mitarbeiter brauchen wieder Kontinuität und Vertrauen. Mein Hauptwohnsitz ist hier, ich habe nicht vor zu gehen. Ich bin seit dreieinhalb Jahren hier, und ich habe drei Krankenhausdirektoren erlebt. Das macht natürlich was mit den Leuten.
Wie ist Ihre Bindung an Bremerhaven?
Loesche: Im ersten Jahr war es nicht so einfach, in Bremerhaven Fuß zu fassen. Ich habe lange in der Frohnatur-Region Köln-Bonn gelebt. Dann habe ich Bremerhaven aber eine Chance gegeben und festgestellt: Die Gegend ist wunderschön.
Woran liegt es, dass es so viele Führungswechsel gab?
Freitag: Ameos hat die Klinika in Bremerhaven übernommen, als diese in einer tiefen Krise steckten. Es war eine große Herausforderung, diese Häuser überhaupt erst einmal wieder gut aufzustellen. Dazu kommen ständige Gesundheitsreformen. In so einem Haus dann Fuß zu fassen und diesen Anforderungen gerecht zu werden, ist nicht ganz einfach. Diese häufigen Wechsel hatten unterschiedlichste Hintergründe, oft auch familiäre. Wir hatten hier gute Leute, die sich dann aber anders entschieden haben. Mit Frau Loesche haben wir jemanden, der Ameos von Grund auf kennt und eine starke Verbundenheit mit den Häusern hat. Sie ist zudem mehrere Jahre hier, kennt die Strukturen, die Mitarbeitenden und unsere Partner. Sie steht bereits jetzt für Kontinuität. Das macht jetzt den Unterschied aus.
Die Krankenhäuser stehen vor großen Veränderungen. Die Bundesregierung hat Reformpläne. Ein Gutachten im Auftrag des Bremer Gesundheitsressorts empfiehlt den Abbau von Doppelstrukturen und einen Krankenhausstandort weniger in Bremerhaven. Was halten Sie davon?
Freitag: Alle drei Krankenhäuser, Bürgerpark, Mitte und Geestland, werden bleiben. Wir wollen Investitionen im zweistelligen Millionenbereich tätigen. Somit ist eine wohnortnahe Versorgung für die Patienten sichergestellt. Ich sehe ganz klar, dass die Standorte in der Patientenversorgung notwendig sind.
Es ist nur eine Frage, wie man sie künftig gestaltet. Das ist die Aufgabe, die sich aus dem Gutachten ergibt. Darüber sprechen wir - derzeit noch vertraulich - mit dem Klinikum Reinkenheide und dem Gesundheitsressort in einer Arbeitsgruppe. Wie stellen wir die Versorgung auf? Wo sind künftig welche Abteilungen? Wir werden künftig effektiver arbeiten und uns personell durch neue Strukturen besser aufstellen können.
Trotz Ärztemangels, wirtschaftlichem Druck und einer immer schwieriger werdenden Gesundheitsversorgung sehen Sie die Chance, die Patientenversorgung zu verbessern? Freitag: Ja, davon bin ich überzeugt - durch die Chancen, die sich jetzt ergeben aus der Runde bei der senatorischen Behörde und der geplanten Krankenhausreform der Bundesregierung.
Alle stehen vor ähnlichen Herausforderungen - einem unheimlichen Kostendruck, aber keiner ausreichenden Refinanzierung durch die Krankenkassen, fehlenden investiven Mitteln für die Krankenhaussanierung und dem Fachkräftemangel.
Auch Leiharbeitsfirmen, die Pflegekräfte abwerben und damit viel Geld verdienen, machen den Krankenhäusern zunehmend zu schaffen.
2023 ist eine Riesenchance für Bremerhaven. So eine große Chance, Bremerhaven in der Gesundheitsversorgung für die nächsten Jahrzehnte gut aufzustellen, hat es nie gegeben und die wird es auch so nie mehr geben. Wir werden sie nutzen und hoffen, mehr Personal zu bekommen, wenn wir nach der Vorstellung des Zukunftskonzepts sagen können: Wir haben sehr attraktive Häuser hier.
Sie können aber ja nicht drei Jahre warten, bis alle Strukturreformen umgesetzt sind. Das Personal fehlt jetzt schon..
Freitag: Den Wettbewerb um Fachkräfte führen wir alle: Vor allem im Pflegedienst ist er eine extreme Herausforderung. Es geht nur noch um ein Werben um Arbeitnehmer, nicht mehr ums Bewerben. Wir als Ameos-Gruppe müssen überzeugen, neue Arbeitskräfte zu gewinnen. Daher starten wir in Bremerhaven ein Pilotprojekt: Jede neue Pflegekraft in Vollzeit bekommt jetzt einen nagelneuen Fiat 500 Elektro mit Tankkarte dazu und kann den Wagen auch in der Freizeit sowie im Urlaub uneingeschränkt nutzen. Wir wollen das Projekt auch für eigene Pflegefachkräfte weiterentwickeln. Herausfordernde Zeiten brauchen besondere Maßnahmen.
Loesche: Wir hoffen, so beispielsweise auch Pflegekräfte gewinnen zu können, die einen weiteren Anfahrtsweg zu unseren Klinika haben und bisher unter anderem einen Wechsel wegen der hohen Energiekosten gescheut haben. Mit dem Dienstwagen-Angebot wird das hoffentlich kein Thema mehr sein. Ergänzend soll gesagt sein, dass wir auch für die bei uns tätigen Pflegefachkräfte ein attraktives Angebot rund um den Fiat 500 entwickeln werden.
Sie konnten das neue Gefäßchirurgen-Team aus dem Klinikum in Bremen-Nord abwerben? Im Juli vergangenen Jahres war ja das bisherige Gefäßchirurgie-Team von Ameos nach Cuxhaven gegangen.
Loesche: Die Gefäßchirurgen haben sich bei uns beworben, weil wir ein zukunftsweisendes Konzept und attraktive Arbeitsbedingungen bieten. Der Chefarzt Matthias Trede wird am Montag seinen ersten Arbeitstag bei uns haben. Seit Anfang dieses Jahres haben wir wieder eine funktionierende Gefäßchirurgie.
Das Team ist komplett zum 1. April - mit einem Chefarzt, drei Oberärzten, drei Fachärzten und einer Assistenzärztin. Wir freuen uns sehr, dieses Team gewonnen zu haben. Die Ärzte sind lokal verortet, und wir stärken unseren Standort.
Halten Sie an den bisherigen Plänen fest, Abteilungen aus Debstedt nach Bremerhaven zu verlagern?
Loesche: Ja. Die Urologie und die Orthopädie sollen aus Geestland nach Bremerhaven verlagert werden. Wegen der anstehenden Reformen bewerten wir das ganze Projekt gerade neu. Das haben wir auch gegenüber den Mitarbeitenden so kommuniziert. Wir wollen die Verlagerung sinnvoll gestalten und eine Gesundheitsversorgung aufbauen, die die nächsten 20 Jahre standhält. Noch im ersten Halbjahr 2023 wollen wir klar kommunizieren, wie unser finales Projekt aussieht.