Bremerhaven

Schon heute sammeln für ein Museum der Hochseefischerei in Bremerhaven

Touristen können schon stutzig werden. Ein Schiff mit Namen „Gera“, das aus Rostock kommt, aber in Bremerhaven liegt? 30 Jahre erzählt das Museumsschiff von der Hochseefischerei. Trotz seiner Herkunft steht es für ein Kapitel Stadtgeschichte.

Karl-Heinz Kaule (links) und Jürgen Kuthning haben die Hochseefischerei erlebt.

Sie kennen Fischereischiffe wie die „Gera“. Karl-Heinz Kaule (links) fuhr auf zahlreichen Seitentrawlern, und Jürgen Kuthning lernte unter anderem das Handwerk des Netzmachers. Foto: Scheschonka

Karl-Heinz Kaule (77) zieht es immer wieder zum Museumsschiff „Gera“ in den Fischereihafen. Der Mann, der „3-Finger-Charly“ genannt wird, heuerte mit knapp 14 Jahren an. Selbst die schweren Verletzungen konnten ihn nicht abhalten, weiter zur See zu fahren: „Das war wie eine Sucht.“

Auf 18 Seitentrawlern hat der junge Kaule geschuftet, auf denen der Fang über eine Längsseite an Bord gehievt wurde. Als die Hecktrawler aufkamen, verschwand dieser Schiffstyp aus der deutschen Hochseefischerei und damit auch aus dem Fischereihafen.

Beim Bordfest aus Anlass des 30. Geburtstages des Museumsschiffs „Gera“ am Sonntag ging Kaule das Herz auf, als Uwe Beckmeyer vom Förderkreis Historisches Museum forderte: „Wir müssen hier ein Museum der Deutschen Hochseefischerei haben.“ Bereits heute müssten Unternehmen gewonnen werden, dafür Unterlagen zur Verfügung zu stellen, bevor „die Sachen auf dem Müll landen“, so der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete.

Schiffe wurden meistens verschrottet

Deutsche Seitentrawler wurden seinerzeit oft verschrottet. Reinhard Meiners, ehemaliger Geschäftsführer der Fischereihafen-Betriebsgesellschaft Bremerhaven (FBG), war froh, als er beim Fischkombinat Rostock noch ein gut erhaltenes Exemplar fand: „Die hatten keine Vorstellung, was sie damit machen wollten.“ Das Land Bremen hatte eine Partnerschaft mit Rostock; der FBG-Chef gehörte zu einer Besucherdelegation. Beim Magistrat mit dem damaligen Oberbürgermeister Karl Willms bekam er Unterstützung. Für eine vergoldete D-Mark wurde die „Gera“ übergeben. Am 27. Juni 1993 öffnete es als Museumsschiff. Sebastian Gregorius von der FBG erzählte, dass sie einen Vollfroster angeboten bekommen haben. „Doch ein so großes Schiff können wir als Museumsschiff gar nicht unterhalten.“

Interviewrunde zur Geschichte der "Gera"

Interviewrunde zur „Gera“: Kai Kähler spricht mit dem Ex-FBG-Geschäftsführer Reinhard Meiners. Foto: Scheschonka

Ob die Rostocker im Nachhinein ihre Entscheidung bedauert haben, wollte Dr. Kai Kähler, Direktor Historisches Museum, wissen. Meiners hatte von Traditionsvereinen gehört, sie seien froh, dass die „Gera“ somit erhalten blieb. Eine Million Euro konnten vom Aufbau des Schaufensters Fischereihafen für die „Gera“ abgezwackt werden. Bei der neuen Stiftung Maritimes Erbe wurde für die „Gera“ eine Ausnahme gemacht, so dass sie gefördert werden darf, berichtete Peter Klett vom Stiftungsvorstand.

Der 1961 in den Dienst gestellte Seitentrawler gehört zum Historischen Museum und wird 2024 zur Inspektion ins Dock müssen. Kähler ist froh, die „Gera“ zu haben. „Solche Schiffe waren über Jahrzehnte Grundlage für die Eiweißversorgung der Bevölkerung.“ Karl-Heinz Kaule könnte viel davon erzählen.

Ursel Kikker

Reporterin

Ursel Kikker kommt aus der Wesermarsch, liebt das Meer und berichtet gerne darüber, wenn die Wissenschaft für frischen Wind an der Küste sorgt. Sie hat bei der NORDSEE-ZEITUNG volontiert und ist nach dem Studium dorthin zurückgekehrt.

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