Bremerhaven

Großteil der Frauen-Operationen bricht weg: Gynäkologe wirft in Bremerhaven hin

500 ambulante Operationen für Frauen in Bremerhaven sind in Gefahr: Gynäkologe Andreas Umlandt will seine Tätigkeit im Zentrum Ambulantes Operieren in Reinkenheide einstellen. Was ihn zu diesem Schritt treibt und was das für Patientinnen bedeutet.

Frauenarzt Dr. Andreas Umlandt

Frauenarzt Dr. Andreas Umlandt will seine ambulanten Operationen in Bremerhaven einstellen. Foto: von der Ahé

Harte Einschnitte für Patientinnen: Der Bremer Gynäkologe Dr. Andreas Umlandt operierte bislang rund 500 Frauen jährlich im Zentrum Ambulantes Operieren des Klinikums Reinkenheide. Jetzt will der Frauenarzt seine Tätigkeit in Bremerhaven einstellen, die er bislang zusammen mit seinem Team und Anästhesist Dr. Carlos Marcos Navas ausgeführt hat.

Am Montag hatte Umlandt bereits seinen letzten OP-Tag - wenn sich nicht doch noch eine Einigung mit den Krankenkassen herstellen lässt.

„Die nicht positiv aussehenden Verhandlungen mit den Kostenträgern haben mich zu dem drastischen Schritt veranlasst, der mir sehr schwerfällt“, sagt Umlandt. Auch die Sprecherin der Bremerhavener Frauenärztinnen und -ärzte, Dr. Britta Reichstein, befürchtet: „Die Versorgung für Frauen in Bremerhaven wird sich sehr deutlich verschlechtern. Sie werden weite Wege auf sich nehmen müssen, zum Beispiel nach Bremen oder Oldenburg.“

Es geht um das gesamte Spektrum ambulanter gynäkologischer Eingriffe - von der Ausschabung über Bauchspiegelungen bis zu Gebärmutter-Operationen.

Gynäkologe: Operationen sind ein Minusgeschäft

Umlandt nennt die Gründe für seine Entscheidung: Im Kern seien ambulante Operationen betriebswirtschaftlich nicht mehr machbar, weil die Honorare nach der bundesweit geltenden Gebührenordnung seit Dezember noch mal um zehn Prozent gesunken seien.

„Ein zusätzlicher Regionalvertrag zwischen der Kassenärztlichen Vereinigung im Land Bremen und den Krankenkassen sorgte bislang für eine höhere Vergütung“, sagt Umlandt. „Zum Jahresende soll dieser aber auslaufen, die Chancen auf Verlängerung stehen sehr schlecht. Daher bin ich gezwungen, zu handeln und meine Praxis in Bremen umzustrukturieren. Ich habe Verantwortung für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“ Ohne den Regionalvertrag könne er den operativen Bereich nicht halten.

Ein Beispiel macht die Lage deutlich: Für eine Bauchspiegelung, beispielsweise zur Entfernung einer Zyste, erhält Umlandt nach der bundesweiten Gebührenordnung 213 Euro. „Das ist ein absolutes Minusgeschäft: Fünf Mitarbeiter allein für den gynäkologischen Bereich sind dafür im Einsatz - vom Empfang bis zum Aufwachraum“, sagt er. Der Zusatzvertrag habe bislang das Einkommen gesichert, denn mit 789 Euro werde der Eingriff darüber fast vier Mal so hoch honoriert.

Das soll bald aber Geschichte sein, befürchtet Umlandt. Wenn die Politik die ambulante Versorgung stärken wolle, müsse sie dafür auch Geld in die Hand nehmen. Das Gegenteil sei aber der Fall, und irgendwann sei das Fass übergelaufen, sagt Umlandt. Er hoffe nun „auf ein Einlenken der Kassen, die Honorare nicht abzusenken“.

Weite Fahrtwege und lange Wartezeiten befürchtet

Andernfalls dürfte es für viele Patientinnen zu weiteren Fahrtwegen und längeren Wartezeiten kommen - denn ambulante gynäkologische Operationen bieten in Bremerhaven ansonsten nur noch eine weitere Frauenarztpraxis und das Klinikum Reinkenheide selbst an. „Ich gehe nicht davon aus, dass das Klinikum die Operationen mal eben so auffangen kann“, sagt Umlandt, der nach eigenen Angaben den größten Anteil der Operationen leistete.

„Den Vertrag wollen wir beibehalten, aber wir müssen prüfen, ob wir den aufgrund bundesweiter Entscheidungen anpassen müssen“, sagt Jörn Hons, Sprecher der AOK Bremen/Bremerhaven. Es gehe um den Zusatzvertrag zur hausärztlichen Versorgung, der einen Anhang zum ambulanten Operieren umfasse. Auf Bundesebene werden ambulante OPs derzeit neu bewertet.

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Standpunkt von Denise von der Ahé - Mein Standpunkt

Harter Einschnitt für Patientinnen

Wenn die Honorarkürzungen für ambulante Operationen wirklich zum Jahresende kommen, wird das harte Einschnitte für Patientinnen in Bremerhaven mit sich bringen. 500 gynäkologische Eingriffe im Jahr, die Frauenarzt Dr. Andreas Umlandt und sein Team bislang bewältigten, sind kein Pappenstiel und können nicht mal so eben von einer weiteren Arztpraxis und dem Klinikum Reinkenheide aufgefangen werden. Für die Frauen bedeutet das lange Fahrtzeiten in andere Städte oder zumindest längere Wartezeiten. Dabei ist man bei derartigen Eingriffen ja in aller Regel froh, wenn man sie schnell hinter sich bringen kann und nicht monatelang vor sich herschieben muss. Es ist daher dringend geboten, dass Kassenärztliche Vereinigung und Kassen eine Lösung finden, damit ärztliche Eingriffe zumindest kein Minusgeschäft sind. Denn wer hat schon Lust auf Hobbymedizin? denise.vonderahe@nordsee-zeitung.de

Denise von der Ahé

Reporterin

Redakteurin/Korrespondentin im Bremer Büro der NORDSEE-ZEITUNG. Kam nach Stationen bei der Saarbrücker Zeitung und der Braunschweiger Zeitung immer weiter Richtung Norden. Sie berichtet aus Bremen über alles, was dort entschieden wird und für Bremerhaven spannend und wichtig ist.

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