Bremerhaven

Die spitze Nadel aus der Folterkammer der Bürokratie

Wer seinen Führerschein austauschen muss, lernt die Bürokratie kennen. Besonders dann, wenn die Digitalisierung gerade Schiffbruch erlitten hat.

Porträt Klaus Mündelein

Bürokratie ist hartnäckig und zäh. Sie hat hunderte von Initiativen nach Entbürokratisierung überlebt. Bislang ist es ihr immer gelungen, jeder von der Politik angekündigten Erleichterung für Wirtschaft und Bürger ein paar neue Formular für einen vollkommen überflüssigen Vorgang hinzuzufügen.

Wie bei den alten Führerscheinen. Die sind nicht mehr gut genug. Warum jetzt genau, weiß niemand. Es kann auch niemand so genau sagen, wie man an den neuen „Lappen“ kommt. Da gibt es nämlich die so genannte „Karteikartenabschrift“. Diese spitze Nadel aus der Folterkammer der Bürokratie hat es in sich. Die braucht jeder, der seinen Führerschein an einem Ort gemacht hat, der nichts mit seiner aktuellen Meldeadresse zu tun hat. Wenn ich bislang einem Polizisten meinen alten Führerschein vorgezeigt hatte, glaubte er mir sofort, dass der echt ist und anno dunnemals von einer Führerscheinstelle im Sauerland ausgestellt worden ist. Die Bürokratie glaubt das nicht. Deshalb fordert sie einen Beglaubigungsschein der früheren Führerscheinstelle in Form der Karteikartenabschrift. Nach etlichen Telefonaten weiß ich nun, dass man diese Abschrift auch auf elektronischem Weg bekommen könnte. Theoretisch zumindest. Wenn es da nicht den Hackerangriff auf den Hochsauerlandkreis gegeben hätte. Per Mail geht da gar nichts mehr. „Schreiben Sie uns Ihren Antrag, der kommt dann auf den großen Haufen“, sagte mir eine Mitarbeiterin. Dass mit der Entbürokratisierung dank Digitalisierung hat so seine Tücken. Am Ende siegt doch das Papierformular, die Mutter aller Bearbeitungsvorgänge. Sollte ich irgendwann eine Karteikartenabschrift bekommen, muss ich zur hiesigen Führerscheinstelle. Nicht digital, sondern persönlich natürlich.

Klaus Mündelein

Reporter

Klaus Mündelein kümmert sich im Bremer Büro um die Landespolitik. Er hat in Münster studiert und volontiert und kam vor fast 30 Jahren zur Nordsee-Zeitung.

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