Volker Wissing (FDP) war der Ehrengast der 479. Schaffermahlzeit. Das traditionsreiche Festmahl erlebt derzeit ohnehin Veränderungen, weil sich die ehemals reine Männerrunde auf den Weg gemacht hat, weiblicher zu werden. Am Freitag kam eine weitere Neuerung hinzu.
Alle 300 Teilnehmer mussten eine Umleitung gehen und quasi durch den Hintereingang ins Rathaus gehen. Denn junge Protestler hatten den Zugang für Wissing und Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) versperrt, und am Haupteingang des Rathauses hatte sich tatsächlich noch ein Aktivist am Boden festgeklebt.

Es gab laute Proteste gegen die Verkehrspolitik von Minister Volker Wissing. Ein Klimaaktivist klebte sich vor dem Rathauseingang auf dem Pflaster fest. Foto: Arnd Hartmann
Protest gegen die Autobahnpläne
Es ist Wissings Plan, das Autobahnnetz weiter auszubauen und den Ausbau auch noch zu beschleunigen, der die Umweltverbände auf die Palme bringt. „Warum es nicht weitergeht? Weil der Wissing auf der Bremse steht“, skandierten die Demonstranten. Der Minister stellte sich ihnen. Begleitet von Trillerpfeifen und Sambatrommeln führte er ein Gespräch mit BUND-Vorsitzendem Dieter Mazur.
Die Meinungen prallten aufeinander, und am Ende stellte man fest, dass man unterschiedliche Ansichten ertragen muss. „Danke, dass Sie uns angehört haben“, sagte Mazur. Die Bremer werden jedenfalls froh sein, wenn Wissing zumindest die Ringautobahn A281 noch fertigstellt, wie Bovenschulte betonte.
„Ich will, das wir uns am Ende gut entwickeln als Gesellschaft, und das heißt für mich, klimaneutral werden und gleichzeitig auch, unseren Wirtschaftsstandort nicht schwächen“, sagte Wissing dann im Rathaus.

NZ-Reporterin Denise von der Ahé (links) gehört zu den wenigen Frauen, die an der Schaffermahlzeit teilnehmen. Der Jurist Bernd Schmielau ist ihr Tischnachbar. Foto: Arnd Hartmann
Alle, die gehofft hatten, dass der Minister die Genehmigung seines Hauses für den Weltraumbahnhof auf der Nordsee zur Schaffermahlzeit mitgebracht hat, wurden enttäuscht. „Darüber haben wir nicht gesprochen“, sagte er. Dabei ist es ein Bremer Konsortium, dass Deutschlands direkten Zugang ins Weltall ermöglichen will. Von Bremerhaven aus sollen Raketen auf die Nordsee gebracht werden, wo sie dann mit ihrer Satellitenfracht in den Orbit starten. Alle stehen in den Startlöchern, nur die Genehmigung von Wissing fehlt noch.
Freude auf erstes Fest nach der Corona-Pause
Die kaufmännischen Mitglieder von Haus Seefahrt, deren Gäste und die Kapitäne nahmen den Trubel rund ums Rathaus gelassen. Sie freuten sich, dass es nach zwei Jahren Corona-Pause wieder eine Schaffermahlzeit gibt, mit Frack und Abendkleid, mit Stockfisch und Braunkohl. Unter den Kaufmännischen Mitgliedern sind natürlich auch Bremerhavener wie der Herausgeber und Verleger der NORDSEE-ZEITUNG, Matthias Ditzen-Blanke, der ehemalige Senator Ulrich Nußbaum oder der ehemalige Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer.

Zum Kreis der Kaufmännischen Mitglieder von Haus Seefahrt gehören auch Bremerhavener wie der Verleger Matthias Ditzen-Blanke (links), der als Gast Claus Kroll-Schlüter, Marketingleiter bei Stiebel Eltron, eingeladen hatte. Foto: Arnd Hartmann
Die Zahl der Frauen beim Schaffermahl ist noch überschaubar. Zum kleinen Kreise der 15 Teilnehmerinnen gehörte NZ-Reporterin Denise von der Ahé. „Seit mehr als zehn Jahren berichte ich über die Traditionsveranstaltung, jetzt bin ich zum ersten Mal so richtig mittendrin. Das ist ein ganz besonderes und schönes Gefühl“, sagte sie.

Ingo Kramer (links), Unternehmer und ehemaliger Arbeitgeberpräsident im Gespräch mit NZ-Reporterin Denise von der Ahé. Foto: Arnd Hartmann
„Eine Hafenstadt weiß, wie wichtig eine gute Hinterlandanbindung ist“, betonte Wissing, bevor er sich in den Festsaal begab. Die Demonstranten rollten derweil ihre Plakate wieder ein. Jens und Anja Siemering vom BUND gehen nicht davon aus, dass Wissing jetzt nach Hause fährt und alles ändern will. „Aber steter Tropfen höhlt den Stein“, sagten sie und hoffen, dass irgendwann wenigstens ein Tempolimit auf Autobahnen möglich sein wird.

Die Schaffermahlzeit beginnt: Die Schaffer und Gäste ziehen in den oberen Rathaussaal ein und nehmen an den Tafeln Platz. Foto: Arnd Hartmann

Unter den 300 Teilnehmern der Schaffermahlzeit sind wieder 100 Kapitäne. Foto: Arnd Hartmann

Norbert Röttgen, CDU-Bundestagsabgeordneter, war als Gast zur diesjährigen Schaffermahlzeit geladen. „Ich fürchte, Putin will den Krieg gegen die Ukraine lange fortsetzen“, sagte er. Foto: Arnd Hartmann

Viele Helfer haben vor Beginn der Schaffermahlzeit die Tische gedeckt. Über den ganzen Abend muss jeder Teilnehmer mit einem Besteck auskommen. Foto: Arnd Hartmann

Für das Traditionsmahl kommt das gute Tafelsilber auf die Tische mit einer detailreichen Dekoration. Foto: Arnd Hartmann

Regierungschef Andreas Bovenschulte (SPD) kam in Gastbegleitung von Sigrid Evelyn Nikutta, Vorstand bei der Deutschen Bahn AG. Foto: Arnd Hartmann

Der Neustädter Chanty-Chor probte bereits am Mittag vor dem Rathauseingang. Später hatte er einen schweren Stand: Der Gesang ging unter im Protestlärm. Foto: Arnd Hartmann

Bundesverkehrsminister Volker Wissing begrüßte den Shanty-Chor, auch wenn dessen Gesang wegen der Proteste kaum wahrnehmbar war. Foto: Arnd Hartmann

Blick in die Obere Rathaushalle vor der Mahlzeit während des Eindeckens der Tafeln mit Geschirr, Dekoration und Bestuhlung. Foto: Arnd Hartmann