Sport

Reitprofi Susan Pape verrät: So gelingt die perfekte Kür

Zur eleganten, leichtfüßigen und emotionale Musik des Films „La La Land“ tanzen Dressurkönigin Jessica von Bredow-Werndl und Dalera durch das Viereck – in perfekter Harmonie. Eingefleischte Reitsportfans werden die Kür der Olympiasieger von den Spielen in Tokio noch immer vor Augen haben. Doch wie entsteht eine solche Aufgabe eigentlich? Die britische Championatsreiterin Susan Pape aus Hemmoor gewährte einen Einblick, während sie an ihrer neuen Kür arbeitet.

Susan Pape auf Harmony's Don Noblesse.

Susan Pape auf Harmony's Don Noblesse. Foto: imago/osnapix


Von einem dicken Eisentor verschlossen, ein bisschen unscheinbar mitten in einer Wohnsiedlung gelegen, verbirgt sich das Grundstück der Hengststation Pape in Hemmoor. Doch der erste Eindruck täuscht. Denn hinter dem Tor öffnet sich ein wahres Paradies mit rund 100 Pferden auf rund 65 Hektar Grünland für die Aufzucht. Wohnhaus, Reitplatz- und -Halle, Rennbahn sowie eine Longierhalle fügen sich neben den Stallungen perfekt in die gemütliche Grünanlage ein.

Voller Einsatz für die Pferde

In diesem Idyll reitet Susan Pape neben der Zucht Pferde an und bildet sie bis zum Grand Prix aus. Insgesamt acht Mitarbeiter helfen ihr dabei. Darunter Chefbereiterin Greta Heemsoth, die selbst bis Klasse S*** erfolgreich auf Turnieren unterwegs ist. Dabei hat die Hengststation nur einen Großkunden – aber was für einen. Leslie und John Malone, ein Ehepaar aus Colorado, sind die Köpfe hinter Harmony Sporthorses, den Toppferden von Susan Pape. „Seit 20 Jahren arbeiten wir zusammen. Ohne sie hätte ich nie den Sprung in den internationalen Sport geschafft. Sie haben es mir ermöglicht, da sie mir diese tollen Pferde zur Verfügung stellen“, erklärt Susan Pape. „Sie wissen, dass wir immer unser Bestes für die Pferde geben und sind sehr loyal, was fast ein bisschen unheimlich ist. Wir sind aber mittlerweile auch unheimlich gut befreundet. Dennoch haben sicher auch schon amerikanische Reiter mal angeklopft, ob sie nicht unterstützt werden könnten.“

Reitprofi Susan Pape verrät: So gelingt die perfekte Kür

Der Kontakt entstand einst bei der Weltmeisterschaft der Jungen Pferde in Verden. Durch einen Zufall, der zum Glücksfall wurde. „„Ich habe in meinem Leben unheimlich viel Glück gehabt“, sagt die Dressurreiterin selbst, die als Britin in Amsterdam aufgewachsen ist. Um ihren Reitstil zu verfeinern, zog es sie nach der Schule schließlich 1982 nach Deutschland, um bei Eugen Wahler auf dem Klosterhof Medingen in die Lehre zu gehen und ihre Ausbildung zur Pferdewirtin abzuschließen. Durch ihre guten Kontakte konnte sie einen Praktikumsplatz auf dem Grönwohldhof ergattern, wo Herbert Rehbein schnell das Talent von Susan Pape erkannte. „Ich bin dann fast sieben Jahre lang dortgeblieben.“ Die Zeit auf dem Grönwohldhof sollte schließlich wesentliche Weichen für den weiteren Lebensweg der jungen Reiterin stellen. Zum Einen erlebte sie den Werdegang mit, wie Rehbein mit dem Hengst Donnerhall Weltruhm erlangte und neue Maßstäbe setzte. Außerdem lernte sie dort mit Ingo Pape auch ihren heutigen Ehemann kennen. Beide absolvierten dort ihre Ausbildung und legten 1989 die Meisterprüfung ab. Schnell taten sie sich sowohl privat als auch beruflich zusammen und bauten gemeinsam ihren Pferdebetrieb in Hemmoor auf.

Die 59-Jährige ist auf den größten Bühnen der Welt unterwegs und feiert immer wieder Erfolge. So gewann sie mit ihrem einstigen Erfolgspferd Harmony’s Don Nobless 2019 die Grand Prix Kür beim Hamburger Derby. Im April wurde der 15-jähriger Hannoveraner Hengst allerdings aus dem Sport verabschiedet. Fortan soll Harmony’s Eclectisch in dessen Fußstapfen treten – und eine neue Choreografie für den Freestyle soll her. Bislang ertönten die Klänge der Band Coldyplay, wenn Susan Pape ins Viereck ritt, das wird sich nun ändern.

So entsteht die Kür

„Ich entwickel zunächst eine Grundidee. Es sind ja Elemente vorgegeben, die man zeigen muss. Lektionen, die auch in einem Grand Prix verlangt werden und die stellt man in einer schönen Choreografie zusammen“, verrät die Dressurreiterin. „Natürlich so, dass man die Stärken des Pferdes hervorhebt und die Schwächen, wenn ein Pferd welche hat, ein bisschen mehr versteckt. Indem man zum Beispiel eine Gangart wie Schritt eher von den Richtern wegreitet – dann sehen die das nicht so.“ Dennoch sind es Pflichtaufgaben, die gezeigt werden müssen.

Steht das Grundgerüst, wird die Kür erst mal auf Video aufgenommen. „Dann setze ich mich mit der Person zusammen, die mir die Musik macht“, so Pape. Bei ihr ist das Ralf Roder aus Reinbek bei Hamburg, der seit über 20 Jahren Komponist und Produzent von Kürmusik ist. „Man nimmt natürlich Musik, die man gerne mag. Ich zum Beispiel, weil ich ja auch Engländerin bin, nehme vorzugsweise auch einen englischen Interpreten. Man sucht Stücke aus, die für die jeweilige Gangart auch passend sind und das wird dann zusammengemischt. Es wird auch mal der Takt einen Tick verlangsamt oder schnellergestellt, bis es passt.“

Reitprofi Susan Pape verrät: So gelingt die perfekte Kür

Die Reiter erhalten anschließend einen Grobschnitt und dann wird die Choreo samt Musik geritten und getestet. Dabei gilt es allerdings zu beachten: Das Pferd muss mit der Musik klarkommen. In einem Stadion kann es unglaublich laut sein, das muss ein Pferd aushalten. Manche sind jedoch auch geräusch-empfindlich. „Wenn da ein unheimlicher Beat drin ist, können die sich darauf schon aufheizen. Dann muss man es gemächlicher machen. Trotzdem muss es eine Gangart oder Lektion nicht nur untermalen, sondern sollte diese auch möglichst hervorheben“, erklärt Pape. „Wenn ein Pferd zum Beispiel schöne Wechsel springt, versucht man das mit einem Beat zu unterstreichen oder auch bei einer tollen Piaffe-Passage-Tour. Man bringt also seine eigenen Präferenzen rein, aber es muss auch mit dem Pferd harmonieren. Da muss man sein Pferd auch gut kennen.“

Entweder passt es nach einem ersten Schnitt – meist müssen jedoch noch ein paar Veränderungen vorgenommen. Und dann steht so eine Kür auch schon. „Das hört sich sehr kurz an, ist allerdings durchaus ein Vorgang, der sich über mehrere Wochen hinzieht. Und manchmal gefällt es einem vielleicht doch nicht so gut wie gedacht oder der Takt passt nicht. Dann muss man etwas Neues aussuchen“, so Pape.

Allerdings ist es auch eine Kostenfrage, wie oft Reiter eine neue Kür erstellen. Kür-Musiken können knapp unter 1000 Euro kosten, aber es gibt auch welche für 4000 bis 6000 Euro. „Es gibt ja auch Küren, wo die Musik extra für die Kür komponiert wird. Die Anky van Grunsven (niederländische Reiterin, Anm.d. Red.) hat sogar, glaube ich, mal ein Orchester dafür engagiert – dann sind es noch einmal deutlich mehr als 6000 Euro“, verrät die Hemmoorerin. „Aber ich finde, das sprengt dann auch ein bisschen den Rahmen.“

In Elmlohe erklingt stattdessen vielleicht aus den Lautsprechern „We will, we will, rock you“ oder „We are the Champions“. Denn als Britin schwebt Susan Pape eine Kür zu den Klängen der britischen Band Queen vor. „Mal gucken, ob das passt.“

Dass das Duo gut in Form ist, hat es bereits Anfang des Jahres in Wellington im US-Bundesstaat Florida gezeigt. Der 13-jährige Hengst feierte nicht nur den ersten internationalen Sieg auf Grand-Prix-Niveau, es war auch Papes überhaupt erster internationaler Grand Prix de Dressage-Sieg. Mit Don Noblesse hatte sie auf internationaler Ebene zwar Intermédiaire II, Special und Kür gewonnen, aber nie einen Grand Prix de Dressage.

Unlängst waren Pape und Eclectisch für das britische Team für den Nationenpreis beim CHIO in Aachen nominiert worden und landeten auf dem sechsten Platz. Auch in Elmlohe war der Hengst schon. Letztes Jahr landete er im Grand Prix de Dressage und war siegreich im Grand Prix Special.

0 Kommentare
Newsletter NEWSLETTER
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
nach Oben