Sport

Das Turnier ausbauen und die Basis weiter im Blick behalten

Die 71. Elmloher Reitertage standen im Zeichen der Rückkehr zur Normalität. Rolf Sünderbruch, Vorsitzender des Kuratoriums für Pferdesport, erklärt im Interview mit Mareike Scheer, inwieweit der Plan aufging und wie die Zukunft aussehen könnte.

Der Turnierplatz der Elmloher Reitertage: Die Fläche umfasst im Hintergrund den großen Parkplatz, die zwei Rasen-Springplätze, drei Dressurvierecke (rechts im Bild) sowie die Abreiteplätze und die Stallflächen (hinten rechts).

Der Turnierplatz der Elmloher Reitertage: Die Fläche umfasst im Hintergrund den großen Parkplatz, die zwei Rasen-Springplätze, drei Dressurvierecke (rechts im Bild) sowie die Abreiteplätze und die Stallflächen (hinten rechts). Foto: Luftfoto: W. Scheer

Herr Sünderbruch, ist der Schritt zurück in die Normalität von vor der Corona-Pandemie gelungen? Wenn wir über die Rückkehr zu Normalität reden, gucken wir ja auf 2019 und haben 2022 wieder versucht, ein Turnier durchzuführen, wie wir das von 2019 noch kannten. Wir müssen aber sehen, dass wir durch die Corona-Pandemie und durch den Krieg in der Ukraine im Vergleich zu 2019 eine völlig veränderte Welt haben, die die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben dominiert. Vor diesem Hintergrund haben wir versucht, ein Turnier durchzuführen.

Wurde das Angebot angenommen wie erhofft? Wir haben keine Zuschauerrekorde gebrochen. Das liegt sicherlich auch am Sonntag, der unter dem Regen und dem EM-Fußball-Finale der Damen gelitten hat, keine Frage. Aber auch wenn der Sonntag normal besucht gewesen wäre, wäre es noch nicht unbedingt ein Besucherrekord geworden. Ich denke, daran kann man sehen, dass es schon viele Menschen gab, die kommen wollten. Der Samstag war super besucht. Aber man spürt auch, dass die Menschen noch eine gewisse Zurückhaltung haben.

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Ich mache es nicht mit, einen Kurs einzuschlagen, der die Basis nicht im Auge hat.

Rolf Sünderbruch, Vorsitzender des Kuratoriums für Pferdesport

Auf der anderen Seite wurden so viele Prüfungen wie noch nie ausgeschrieben? Die Reiter wiederum haben sich auch riesig gefreut. Wir hatten Start-Erfüllungsquoten, die lagen teilweise bei über 90 Prozent und insgesamt in einer Range zwischen 80 bis über 90 Prozent. Normalerweise gehen gut ein Drittel nicht an den Start. Und wenn ich mir dann überlege, dass wir auch 10 bis 15 Prozent mehr Nennungen hatten als sonst, zeigt das doch, dass die Reiter sehr dankbar waren, dass wir dieses Angebot gemacht haben.

Wie lautet dann Ihr Fazit, wenn sie beide Seiten berücksichtigen? Vor dem Hintergrund einer völlig veränderten Welt haben wir den Menschen eine Möglichkeit gegeben, zu kommen und sich den Reitsport anzusehen und sich zu treffen, als hätten wir die Zeit vor 2020. Und wir haben dem Reitsport die Bühne gegeben, die wir auch ein Stück weit als unseren Auftrag ansehen. Wenn ich das nehme, dann komme ich zu dem Fazit, dass es gute Elmloher Reitertage waren. Ich würde sogar sagen, sehr gute.

Stehen am Ende auch schwarze Zahlen? Immerhin wurden auch Sondergeldauszahlungen wie für den punktbesten Reiter aus Barriere- und Mächtigkeitsspringen sowie dem Großen Preis ausgelobt? Ich würde es sagen, wenn ich es schon sagen könnte. Wir haben mit Sicherheit höhere Einnahmen aus Eintrittsgeldern und haben natürlich auch höhere Einnahmen aus Nenn- und Startgeldern. Aber wir haben auch eine völlig andere Kostenstruktur. Das, was um uns herum mit der Inflation passiert, trifft uns ja auch in Elmlohe. Ich bin aber guten Mutes, dass sowohl die erhöhten Einnahmen als auch die erhöhten Kosten sich am Ende des Tages ein Stück die Waage halten und wir kommen da mit einem ausgeglichenen Ergebnis raus.

Die neue Tribüne und die Richterhäuser sind gut angekommen. Sind weitere Neuerungen geplant? Wir haben noch mehr vor, das ist aber alles noch nicht finanziert. Wir gehen ja immer so vor, dass wir die Dinge erst anpacken, wenn wir die Finanzierung auch gesichert haben. Alles andere wäre auch völlig verantwortungslos. So lange ist es noch Wunschdenken und keine konkrete Planung.

Was ist angedacht? Das betrifft nicht nur den weiteren Ausbau des Dressurstadions, auch an anderen Orten auf dem Turnierplatz sind weitere Neuerungen geplant. Wir hatten uns ja entschieden, den Dressurbereich erst einmal voranzustellen, weil die Reaktion auf den Bau der Ebbe-und-Flut-Böden auch sehr gut waren. Dadurch, dass wir das jetzt sozusagen vervollständigt haben mit der Tribüne und den Richterhäusern zu einem Dressurstadion, haben wir da zwar keinen Schlusspunkt erreicht, aber eine runde Sache geschaffen. Im Springbereich haben wir bisher eigentlich gar nichts getan, außer den Abreiteplatz umzubauen. Der Neubau der Lagerhalle war ja nur eine Reaktion auf einen Brandschaden. Jetzt müssen wir auch da gucken, was wir machen können, um den Springbereich weiter aufzuwerten.

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Das heißt? Den Großen Preis haben wir dieses Jahr nur deshalb ohne Probleme auf dem Hauptspringplatz ausrichten können, weil wir vorher sehr überschaubare Regenmengen hatten. Aber wir sind immer noch sehr stark vom Wetter abhängig und müssen gucken, ob wir uns da auch noch ein Stück weit unabhängiger machen können. Auch die Bauten sind schon sehr in die Jahre gekommen. Da kann man sagen, werdet nicht überheblich und stellt nicht so hohe Anforderungen. Es geht irgendwann aber auch um die Frage der Verkehrssicherheit.

Mit 74 Prüfungen war das Angebot so groß wie nie - gibt es Grenzen? Das ist eine sehr gute Frage. Auf Wunsch der Reiter haben wir am Samstag um 14 Uhr sogar noch entschieden, dass wir am Sonntag noch eine zusätzliche Prüfung machen. Damit waren es am Ende sogar 75 Prüfungen. Ich bin jetzt tatsächlich der Meinung, dass wir mit diesem Angebot eine gewisse Kapazitätsgrenze erreicht haben. Wenn wir noch mehr machen wollen, dann müssen wir über einen zusätzlichen Tag nachdenken. Dann muss es aber auch ein Angebot sein, das die ländliche Reiterei stärker in den Fokus lenkt.

Was genau meinen Sie? Wir haben zum Beispiel beim Grand Prix gesehen, dass man mit 70 Prozent nicht einmal mehr platziert wurde. Das ist ein Ergebnis, das uns auch zeigen muss, dass wir im Zweifel unser Angebot an solchen Stellen verbreitern müssen. Damit auch Reiter, die nicht über dieses Pferdematerial oder über solche Trainingsmöglichkeiten verfügen, aber trotzdem herausragende Leistungen zeigen, auch noch mal eine Chance haben, platziert zu werden.

Das bedeutet, man muss vielleicht zusätzliche Prüfungen machen. Das halte ich für superwichtig. Die ländliche Reiterei ist die Basis. Der Kreisreiterverband ist eine Spitzenorganisation für 30 örtliche Reitervereine und nichts anderes. Und dann darf man seine Basis nicht verlieren.

Wie schwer ist es, bei dem Wachstum nicht den Kontakt zur Basis zu verlieren? Genau das ist der Punkt. Es ist immer verlockend und süß, groß und bekannt zu werden, international vielleicht sogar einen Namen zu bekommen. Aber man muss sich immer die Fragen stellen: A - ist das unsere Aufgabe? Und B - wo kommen wir eigentlich her? Und die Elmloher Reitertage sind das Turnier des Kreisreiterverbandes, wo er allen Mitgliedsvereinen die Chance bietet, an einem solchen Turnier teilzunehmen, wo die Kreismeisterschaften ausgerichtet werden und, und, und. Sicherlich ist es auch schön, an einem Turnier teilnehmen zu können, in dessen Rahmen auch internationale Stars auftreten. Wir wissen ja auch, dass der große Sport die Basis auch ein Stück weit motiviert. Aber wenn es dazu führt, dass das Angebot für die örtlichen Vereine nicht mehr interessant ist, weil sie denken, dass sie eh keine Chance haben, dann machen wir einen Kardinalfehler. Ich muss ganz klar sagen, ich bin nicht der Kreisreiterverband und ich will mich auch nicht aus dem Fenster lehnen und in ein Territorium vorwagen, für das ich gar nicht qualifiziert bin. Aber ich mache es nicht mit, einen Kurs einzuschlagen, der die Basis nicht im Auge hat. Ich will nicht derjenige sein, der hier am Ende dafür verantwortlich ist oder in dessen Zeit man dann später sagt, man hat die Basis verloren.

Auch in diesem Jahr gab es bei den Elmloher Reitertagen wieder Pferdesport der Spitzenklasse. Die Übermacht der großen Reiter nimmt immer mehr zu.

Auch in diesem Jahr gab es bei den Elmloher Reitertagen wieder Pferdesport der Spitzenklasse. Die Übermacht der großen Reiter nimmt immer mehr zu. Foto: Arnd Hartmann

Mareike Scheer

Reporterin

Mareike Scheer ist gebürtige Bremerhavenerin und hat an der Deutschen Sporthochschule in Köln Sportwissenschaften mit Schwerpunkt Medien und Kommunikation studiert. Seit Juli 2019 arbeitet sie in der Sportredaktion der NORDSEE-ZEITUNG und ist Expertin für Eishockey und Reitsport.

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