Niedersachsen

Spielerei oder Supergerät: Was kann ein Feuerwehr-Trecker?

Neben Drehleiter und Rüstwagen fährt die Feuerwehr Wiesmoor seit Kurzem mit einem Trecker zu Einsätzen: mit 300 PS, feuerroter Lackierung und Blaulicht. Was bringt eine Landmaschine bei der Feuerwehr?

Von Lennart Stock (Text) und Lars Penning (Fotos und Video), dpa
30. September 2025
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Der Feuerwehr-Trecker wird von der Wehr in Wiesmoor im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes getestet.

Der Feuerwehr-Trecker wird von der Wehr in Wiesmoor im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsprojektes getestet.

Foto: Lars Penning

Diese Landmaschine ist feuerrot und hat sogar Blaulicht: Mit einem Einsatz-Traktor rückt die Freiwillige Feuerwehr Wiesmoor in Ostfriesland seit Kurzem zu Einsätzen aus. Ob Brände löschen, Sandsäcke füllen oder Wasser pumpen: Die Feuerwehr will mit dem Fahrzeug testen, ob Traktoren künftig noch häufiger für den Brand- und Katastrophenschutz zum Einsatz kommen sollten. Welche Vor- und Nachteile gibt es?

Ein Trecker bei der Feuerwehr - ist das eine neue Idee? 

Nein, ganz neu sei diese Erfindung nicht, sagt Hendrik Becker, Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Wiesmoor und Entwicklungsleiter der Firma Rebo Sonderfahrzeuge, die den Einsatztrecker gebaut hat. Schon zu DDR-Zeiten seien Trecker mit Tankanhängern etwa bei großen Waldbränden eingesetzt worden, um Wasser an entlegene Einsatzorte zu bringen. 

Der Feuerwehr-Trecker kann mit verschiedenen Modulen ausgerüstet werden - hier etwa mit einer Schlauchhaspel und einer Sandsackfüllmaschine.

Der Feuerwehr-Trecker kann mit verschiedenen Modulen ausgerüstet werden - hier etwa mit einer Schlauchhaspel und einer Sandsackfüllmaschine.

Foto: Lars Penning

„Wir haben das auf eine moderne Stufe gebracht und mit Modulen weiter ausgebaut“, sagt Becker. Der nun entwickelte Feuerwehr-Traktor sei ein modulares Fahrzeug für den Brand- und Katastrophenschutz. In Niedersachsen sei so ein Feuerwehr-Trecker bislang einzigartig, teilt der Landesfeuerwehrverband auf Anfrage mit. 

Was kann ein Trecker, was ein Feuerwehrauto nicht kann? 

Die Idee sei, den Trecker durch verschiedene Geräte wie eine Art Schweizer Taschenmesser zu nutzen, erklärt Entwicklungsleiter Becker - je nach Einsatzlage wird der Trecker mit einem bestimmten Modul ausgerüstet und an den Einsatzort gefahren. Dazu gehören etwa ein Räumschild, ein Stromaggregat, verschiedene Pumpen und eine Schlauchhaspel. 

Um etwa bei einem Wald- oder Moorbrand viel Wasser in ein schwer zugängliches Gebiet zu transportieren, kann der Trecker einen Tankanhänger mit bis zu 12.000 Litern Wasser ziehen. Das reicht, um 70 Minuten zu löschen.

Bis zu 4.700 Sandsäcke können mithilfe einer Maschine an dem Trecker pro Stunde abgefüllt werden.

Bis zu 4.700 Sandsäcke können mithilfe einer Maschine an dem Trecker pro Stunde abgefüllt werden.

Foto: Lars Penning

Um auf Hochwasserlagen vorbereitet zu sein, üben die Wiesmoorer Feuerwehrleute aktuell den Einsatz der Sandsackfüllmaschine, die an den Trecker angeschlossen werden kann. Bis zu 4.700 Sandsäcke pro Stunde können Feuerwehrleute so im Ernstfall abfüllen.

Welches Ziel verfolgt die Feuerwehr mit dem Trecker? 

Der Trecker ist ein Prototyp, den der Hersteller gebaut hat. Die Feuerwehr Wiesmoor nutzt das Fahrzeug in einem Forschungs- und Entwicklungsprojekt seit diesem Sommer für ein Jahr, um Erfahrungen mit der Technik zu sammeln. „Wir wollen Know-how aufbauen“, sagt Becker. Die Feuerwehrleute üben aber nicht nur mit den verschiedenen Modulen, sie nutzen den Trecker auch für reale Einsätze in Ostfriesland, wie etwa kürzlich bei einem Hallenbrand.

Was haben die ersten Trecker-Einsätze gezeigt? 

Die Wiesmoorer Feuerwehrleute sind schon nach wenigen Wochen und Einsätzen von ihrem neuen Fahrzeug überzeugt. Zwar sei ein Traktor als Einsatzmittel noch Neuland für die Feuerwehr, sagt Holger Eyhusen, Einheitsführer und seit 41 Jahren bei der Feuerwehr. „Wir müssen aber sagen, dass es sich sehr gut in den Übungsdienst und in den Einsatzdienst einbinden lässt.“ Die Feuerwehrleute heben vor allem die Effektivität hervor. 

„Das Komfortable an dem Traktor ist, dass er einem die Arbeit abnimmt“, sagt Eyhusen. Einen brennenden, großen Strohhaufen etwa könne ein Feuerwehrmann aus der Fahrerkabine heraus löschen, die durch Überdruck auch vor giftigem Rauch schütze. „Ich brauche jetzt nicht zwei oder drei oder vielleicht sogar vier Personen, die die Schlauchleitung führen, sondern kann das alles aus dem Traktor heraus bedienen und das ist ein großer Vorteil.“ 

Die Feuerwehr Wiesmoor sieht einen Vorteil darin, dass der Trecker viel Power mitbringt, aber wenig Personal benötigt.

Die Feuerwehr Wiesmoor sieht einen Vorteil darin, dass der Trecker viel Power mitbringt, aber wenig Personal benötigt.

Foto: Lars Penning

Außerdem helfe es, schnell große Mengen Wasser an eine Einsatzstelle zu bringen, zum Beispiel bei einem Hallenbrand. „Wenn ich dann sofort 12.000 Liter Wasser abgeben kann - das ist natürlich sehr, sehr schlagkräftig.“

Wie schlägt sich der Trecker im Feuerwehr-Alltag? 

Es gibt noch ein paar Hürden: Weil der Trecker für das Gerätehaus zu lang ist, sind die Komponenten in einem Zelt untergebracht. Und auch nicht jede Feuerwehrfrau und jeder Feuerwehrmann darf den Trecker fahren, denn dafür ist ein Führerschein der Klasse CE nötig. Inzwischen seien aber 20 Maschinisten ausgebildet worden, die den Trecker fahren dürften, sagt Eyhusen. 

Ist so ein Trecker eher eine Spielerei oder kann er wirklich helfen? 

Inwieweit der Trecker tatsächlich helfen kann, soll die Testphase zeigen. Die will auch der Landesfeuerwehrverband abwarten. „Wir begleiten das sehr positiv. Wir finden das super, dass es solche Innovationen gibt“, sagt der Sprecher des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen, Olaf Rebmann. 

Die Einsätze und Übungen der Feuerwehr in Wiesmoor müssten nun zeigen, wie das Fahrzeug ein Jahr lang Belastungen standhalte. Zum Beispiel müsse der Winter zeigen, wie das Löschsystem bei Minusgraden funktioniere, sagt Rebmann. „Es gab schon viele Erfindungen in der Feuerwehrwelt, die am Anfang super toll klangen, aber nachher dann nicht praxistauglich waren.“

Einheitsführer Holger Eyhusen ist einer der Feuerwehrleute, die den Trecker fahren können.

Einheitsführer Holger Eyhusen ist einer der Feuerwehrleute, die den Trecker fahren können.

Foto: Lars Penning

Für die Wiesmoorer Wehr liegen die Vorzüge auf der Hand: „Es gibt sicherlich Menschen, die sagen: Ok, das ist Spielerei oder Show - sehen wir jetzt ganz und gar nicht so“, sagt Einheitsführer Eyhusen. In der Frage, ob der Trecker für die Feuerwehr und den Katastrophenschutz tauge, haben die Feuerwehrleute schon eine Antwort: „Das können wir jetzt schon sagen, das ist eine Bombe.“ 

Kann der Trecker Vorbild für andere Wehren in Niedersachsen sein? 

Das komme auf die Ergebnisse des Prototyp-Tests und den genauen Bedarf der Feuerwehren vor Ort an, sagt Verbandssprecher Rebmann. Sicherlich werde der Trecker kein Fahrzeug sein, dass für jede Wehr infrage komme. „Das wird definitiv ein Sonderfahrzeug bleiben.“ Der Landesfeuerwehrverband hält es aber für denkbar, dass solche Trecker, je nach Bedarf und Ausstattung, bei den unteren Katastrophenschutzbehörden, also auf Landkreisebene, stationiert und in das bestehende Feuerwehrsystem eingebettet werden könnten.

Kann der Trecker eigentlich auch Mais häckseln oder pflügen? 

Ja, grundsätzlich könne der Trecker das, sagt Feuerwehrmann Eyhusen. Und die landwirtschaftlichen Fähigkeiten haben die Feuerwehrleute nach eigenen Angaben auch schon getestet. Schließlich seien nur wenige Feuerwehrleute am Anfang auch Treckerfahrer gewesen, sagt Eyhusen. „Uns ist dann da ein Stück Land zur Verfügung gestellt worden und da haben wir dann drauf gegrubbert, um eben erst mal ein Gefühl überhaupt für so ein Gerät zu bekommen.“

Ausgestattet werden kann der Trecker zum Beispiel mit einer Hochwasserpumpe.

Ausgestattet werden kann der Trecker zum Beispiel mit einer Hochwasserpumpe.

Foto: Lars Penning

Die Feuerwehr Wiesmoor übt mit dem Trecker in einer Kriesgrube.

Die Feuerwehr Wiesmoor übt mit dem Trecker in einer Kriesgrube.

Foto: Lars Penning

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