Zeven

So klappt die Integration der Flüchtlingskinder in der Grundschule Zeven

Seit Ende September halten sich viele ukrainische Flüchtlingskinder in der ehemaligen Jugendherberge Bademühlen sowie in der Turnhalle Klostergang in Zeven auf. An der Gosekamp-Grundschule gibt es jetzt eine Willkommensgruppe für die Grundschüler.

Elisabeth Epp und Lena Köhler arbeiten mit ukrainischen Flüchtlingskindern aus unterschiedlichen Jahrgängen in der Gosekamp-Grundschule Zeven: Mit Buchstabenkarten werden deutsche Worte zusammengelegt und gesprochen.

Elisabeth Epp und Lena Köhler arbeiten mit ukrainischen Flüchtlingskindern aus unterschiedlichen Jahrgängen in der Gosekamp-Grundschule Zeven: Mit Buchstabenkarten werden deutsche Worte zusammengelegt und gesprochen. Foto: Grundschule Gosekamp

Bei vielen der oftmals mit ihren Müttern aus den Kriegsgebieten der Ukraine geflüchteten Kindern handelt es sich um Jungen und Mädchen im Grundschulalter. Insgesamt 33 ukrainische Flüchtlingskinder besuchen seit Oktober die Gosekamp-Grundschule in Zeven. Die ehemalige Jugendherberge in Bademühlen befindet sich im Einzugsbereich der Grundschule. „Es war anfangs nicht leicht, die Kinder in der Grundschule entsprechend ihrem Lernstand in die vier Jahrgänge zu verteilen, sind doch viele Schulen in den ukrainischen Kriegsgebieten zerstört worden und die Kinder haben teilweise seit langem schon keine Schule mehr von innen gesehen“, teilt Schulleiterin Heike Gathmann mit. Vom ersten Schultag an machten die ukrainischen Kinder es allerdings den Lehrkräften und der Schulleitung leicht - sie strahlten und waren sehr froh, unter Gleichaltrigen einen „normalen“ Schultag in einem sicheren Schulgebäude erleben zu dürfen. Ganz so leicht fiel den Müttern der Abschied von ihren Kindern am Vormittag allerdings nicht. Sind es doch die Kinder, die vielen Müttern nur geblieben sind. „Die Familienangehörigen und viele Väter unserer Grundschulkinder befinden sich mitten im Kriegsgeschehen in der Ukraine“, weiß auch Andrea Schürmann, Vorsitzende des Schulfördervereins. Es bedurfte eines intensiven Zuspruchs der Mütter durch die Schulleiterin Heike Gathmann und die Lehrkräfte - damals noch ohne Unterstützung eines Sprachmittlers. Es war viel Fingerspitzengefühl und Empathie nötig, um bei den ukrainischen Flüchtlingsmüttern das Vertrauen zu entwickeln, ihre Kinder am Vormittag der Grundschule zu überlassen, heißt es aus der Schule. Dass die Mütter ihre Kinder in der ersten Schulwoche begleiten konnten, half ihnen über Ängste und Bedenken hinweg.

Nach den Weihnachtsferien ist alles besser geworden. Die monatelangen, zahlreichen Telefonate und Gespräche sowie E-Mails haben Früchte getragen: Die Willkommensgruppe für die 33 ukrainischen Flüchtlingskinder kann durchstarten und mit der Betreuung der ukrainischen Kinder beginnen.

Was ist eigentlich eine Willkommensgruppe?

Welche Aufgaben hat eine Willkommensgruppe? Die Willkommensgruppen sind an niedersächsischen Schulen eingerichtet worden, da der Ukraine-Krieg noch nicht beendet ist und zu großen Flüchtlingsbewegungen geführt hat. Es zeigte sich schnell, dass die ukrainischen Flüchtlinge meist aus Müttern, Großmüttern und Kindern bestehen, da die Männer in der Ukraine verblieben sind und im Krieg für ihr Land kämpfen. Es gilt, den Flüchtlingen das Ankommen in Deutschland zu erleichtern und den Kindern und Jugendlichen geeignete Bildungsangebote zu unterbreiten. Zu diesem Zweck sind sogenannte Willkommensgruppen in den Schulen eingerichtet worden. Die Verantwortlichkeit der Einrichtung der besonderen Gruppen liegt bei den Schulleitungen. Seit Oktober werden in der Gosekamp-Grundschule ukrainische Flüchtlingskinder in vier Jahrgängen beschult. „Die ukrainischen Kinder wurden vom ersten Tag an in die Regelklassen integriert, da die Willkommensgruppe erst einmal hergerichtet und mit geeignetem Personal ausgestattet werden musste“, erläutert Andrea Schürmann. Es wurden russisch- oder ukrainischsprechende Personen gesucht. „Lange gesucht und dann durch Mitwirkung des Landkreises Rotenburg, Koordinierungsstelle für Migration, und persönliche Empfehlungen gefunden. Im Sinne des interkulturellen Lernens und der Völkerverständigung sollen ukrainische Kinder und Jugendliche möglichst schnell in unser Schulsystem integriert werden. Dies gilt insbesondere für Kinder in der Grundschule. Es zeigte sich jedoch, dass die Integration der ukrainischen Kinder ohne Sprachmittler nicht verantwortlich vollzogen werden kann“, erklärt die Schulleitung.

Schwierigkeiten im einfachen Schulleben

Schnell zeigte sich im Schulalltag, dass ganz selbstverständliche Umstände wie die Mitnahme von Pausenbrot und Getränk übersetzt werden musste. Ebenso die Schul- und Pausenordnung, damit die ukrainischen Kinder sich möglichst schnell an die geltenden Regeln halten konnten. Im Sportunterricht fiel es ohne Sprachmittler schwer, den Kindern Regeln für Spiele zu erklären und ihre Fragen zu beantworten. Dies ist an der Gosekamp-Grundschule mittlerweile geglückt. Eine pensionierte Lehrerin aus Rotenburg (ehrenamtlich tätig), eine für andere Behörden übersetzende russischsprechende Mitarbeiterin aus Sittensen sowie eine seit Jahren in Zeven lebende Ukrainisch sprechende Mitarbeiterin bilden seit dem 9. Januar das Herzstück der Willkommensgruppe. Eine ausschließlich Deutsch sprechende Mitarbeiterin der Schule organisiert die Willkommensgruppe und betreut die ukrainischen Kinder ebenfalls intensiv mit. Den Schulverantwortlichen ist es nun möglich, die ukrainischen Kinder zeitweise aus dem Regelunterricht in der Willkommensgruppe betreuen zu lassen. Diese Betreuung kann auch jahrgangsübergreifend stattfinden.

Unterstützung kommt aus Stade

Überwiegend wird den ukrainischen Kindern geholfen, die ansatzweise vorhandenen Deutschkenntnisse zu verbessern und das Vokabular zu erweitern. Dabei erhalten die Mitarbeiterinnen der Willkommensgruppe eine umfassende Unterstützung vom Sprachbildungszentrum in Stade. Die Mitarbeiter des Sprachbildungszentrums vermitteln praxisnahe Hinweise und Unterstützungsangebote für die Sprachförderung im Unterricht sowie im pädagogischen Alltag. „Mittlerweile kann man sagen, dass die ukrainischen Flüchtlingskinder in der Gosekamp-Grundschule, mit Unterstützung der Willkommensgruppe und den darin sehr verantwortlich und einfühlsam arbeitenden Menschen, sehr gut betreut und somit integriert werden. Die ukrainischen Kinder können an jedem Tag der Woche ihre Anliegen kundtun und umgekehrt ist es genauso“, so die Schulleiterin. Die sozialen Kompetenzen der übrigen Schülerinnen und Schüler werden gesteigert, das Schulklima entwickelt sich zunehmend verantwortlich und ist sozial ausgerichtet, heißt es weiter aus der Schule.

Dankbar für die Hilfe

Der Dank der Schulleitung, Lehrkräfte und Eltern richtet sich an die Verantwortlichen, die die Einrichtung der Willkommensgruppe möglich gemacht haben. „Die Integration der ukrainischen Flüchtlingskinder wird uns noch lange begleiten. Integration ist ein Prozess, der sicherlich auch an unserer Grundschule noch nicht abgeschlossen ist. Die Kinder und Mütter erleben allerdings seit Monaten, dass sie bei uns willkommen sind und wir ihnen helfen möchten, in ihrer schwierigen Situation in einem fremden Land zurechtzukommen. Das Lachen der ukrainischen Kinder, der Blick der Dankbarkeit ist für alle im Schulalltag Tätigen sehr motivierend“, erklärt Andrea Schürmann. Die Verantwortlichen möchten in der Gosekamp-Grundschule ihrem gesellschaftlichen Auftrag, aber insbesondere auch ihren persönlichen moralischen Ansprüchen im Umgang mit den ukrainischen Flüchtlingen nachkommen und stellen jeden Tag dabei fest: „Helfen fühlt sich gut an.“ (pm/kvf)

Heike Gathmann, Schulleiterin der Gosekamp-Grundschule Zeven, schaut den ukrainischen Flüchtlingskindern bei den Hausaufgaben in der ehemaligen Jugendherberge Bademühlen über die Schulter.

Heike Gathmann, Schulleiterin der Gosekamp-Grundschule Zeven, schaut den ukrainischen Flüchtlingskindern bei den Hausaufgaben in der ehemaligen Jugendherberge Bademühlen über die Schulter. Foto: Harder-von Fintel

Kathrin Harder-von Fintel

Redaktionsleiterin Zevener Zeitung

Kathrin Harder-von Fintel ist im Landkreis Rotenburg aufgewachsen. In Hamburg hat sie Kommunikationsdesign und Art Direction studiert, es folgte ein Volontariat bei der Zevener Zeitung. Dort schreibt sie bis heute als Redakteurin. Seit 2021 leitet sie die Lokalredaktion in Zeven.

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