Tarmstedt

So führt diese Wilstedterin Besucher in eine fantastische Welt

Dieser Ort ist ein Gegenpol zur digitalen Welt. Er verspricht Auszeit und das Eintauchen in das Reich der Märchen. Marietta Schürholz möchte mit ihrer „Märchenbackstube“ einen Ort der Verzauberung und Gemeinschaft für alle schaffen. Wir waren dort.

Marietta Schürholz möchte mit Märchen Menschen zusammenbringen.

Marietta Schürholz möchte mit Märchen Menschen zusammenbringen. Foto: Christoph Plünnecke

Schwaden gut duftenden Dampfes strömen aus dem Steinbackofen mit dem kleinen Fenster der gemütlichen Backstube in der Vorwerker Straße 12. So liegt der Gedanke, dass man sich gleich vielleicht in die Obhut einer gutmütigen Märchenfigur begibt, plötzlich ganz nahe.

Betritt man den Raum mit der niedrigen Decke, eine umgebaute und liebevoll eingerichtete Garage, ist es ein bisschen so, als würde man die stressige Alltagswelt ein Stückchen hinter sich lassen. Hier soll in Wilstedt ein Wohlfühlort geschaffen werden, an dem alle teilhaben und ihrer Fantasie freien Lauf lassen können, erzählt die kreative Leitung, Marietta Schürholz.

Ein Gegenpol zur digitalen Welt

Märchen können uns eine ganz besondere Art der Führung und Anleitung vermitteln, ist sie überzeugt. Mit jeder Geschichte werden die Zuhörenden in eine andere Welt geleitet, ohne dass es dabei eine feste Vorgabe gibt, wie genau diese auszusehen hat.

Im Gegensatz zu den immer mehr dominierenden digitalen Medien nehme man nicht nur die Rolle des Konsumenten ein. Stattdessen würden zwar alle Anwesenden dasselbe Märchen hören, in der eigenen Vorstellung aber jeweils ganz individuell interpretieren und entsprechende Bilder erschaffen.

Das regt die Empathie an und lässt uns auf ganz besondere Weise mit den Figuren mitfühlen. Aus einer allgemein nachempfindbaren Erfahrung wird etwas ganz Persönliches und Eigenes.

Jedes Märchen erzählt auch eine Heldengeschichte

Dabei lassen Märchen durch ihre immer wiederkehrende Dramaturgie ihre Helden und Heldinnen regelmäßig Grenzen überschreiten. Aus einer meist misslichen Lage heraus werden die Märchenfiguren von den Umständen gezwungen, aus ihrer Komfortzone herauszutreten, sich selbst und ihrem Schicksal zu vertrauen und einen Weg zu ihrem Glück zu finden.

Sie entdecken nicht nur eigene Kräfte und Fähigkeiten, sondern lernen Mentoren kennen und gewinnen neue Freunde und Helfer, die sie bei ihrer Heldenreise unterstützen. Die gemachten Erfahrungen können die Figuren anschließend selbst für sich nutzen und nach ihrer Rückkehr an ihren Heimatort weitergeben.

Anknüpfung an das reale Leben

Auch im realen Leben werden wir immer wieder an unsere persönlichen Grenzen gebracht. Märchen greifen auf humorvoll annehmbare und anschauliche Weise Themen auf, die Menschen im Alltag begegnen und beschäftigen. Dabei bieten sie kreative Lösungsansätze und können eine Art initiatorische Führung darstellen, so Schürholz.

Ganz nebenbei bereiten die Geschichten Kindern und Erwachsenen nicht nur große Freude, sondern lassen sie gleichzeitig lernen und neue Perspektiven gewinnen.

Während der Corona-Pandemie wuchs in ihr der Wunsch nach einem Ort der Gemeinschaft. Weiteren Anstoß boten das Auffinden alter Gärkörbchen und der Austausch mit einer Freundin, die selber Brot backe. Der Kontakt zu Erzählerinnen und Erzählern war schon vorhanden und so brauchte es „nur“ noch eine Menge Mut und Überzeugung, um die Idee umzusetzen.

Die Märchenbackstube soll für Kinder und Erwachsene gleichermaßen die Gelegenheit dazu bieten, in ungezwungener Atmosphäre zusammen Erfahrungen zu machen. Frei von Leistungsdruck und Erwartungshaltungen und umgeben von Büchern und Gebäck kann man sich auf eine Reise in die eigene Fantasiewelt begeben.

Regelmäßige Veranstaltungen

Regelmäßig finden offene Nachmittage für Kinder und Abendveranstaltungen für Erwachsene statt. In Zukunft könnten diese auch themenbezogen stattfinden, um beispielsweise die Märchen verschiedener Kulturen kennenzulernen.

Angelehnt an die Rituale früherer Zeiten, bei denen oft das gesamte Dorf zusammenkam, veranstaltet Marietta Schürholz außerdem monatliche Backtage. Dann können Bäcker und Bäckerinnen ihre Brote und Kuchen in den Ofen schieben. Herzlich wird dazu eingeladen, auch selbst vorzulesen. Außerdem kann der Raum von Gruppen gebucht werden, zum Beispiel für Kindergeburtstage.

Je nach Art der Veranstaltung liegt der finanzielle Beitrag pro Person für Erwachsene bei zehn bis 20 Euro und für Kinder zwischen fünf und zehn Euro. Alternativ kann der Aufwand auch durch Mithilfe bei der Vor- und Nachbereitung ausgeglichen werden.

Träger der Märchenbackstube ist der gemeinnützige Verein „Werkstatt für Verantwortung und Führung“.

Eine Anmeldung zu den Veranstaltungen ist wegen der begrenzten Plätze sinnvoll.

Über den Sommer ist noch einiges geplant.

Am 3. und 4. Juni finden ab 11 Uhr im Rahmen von „KulturLandKultur“ Backtage statt. Um 15, 16 und 17 Uhr gibt es jeweils Märchen zu hören.

Am 18. Juni findet ab 11 Uhr ein märchenhaftes Frühstück unter Begleitung des Schauspielers Christoph Plünneke statt. Während der restlichen Sommerzeit sind neben geschlossenen Veranstaltungen auch Pop-up-Events angedacht.

Informationen und Kontaktmöglichkeiten sind auf der Webseite der Märchenbackstube (maerchenbackstube.de) zu finden.

„Umgeben vom Duft frischer Backwaren finden in der Märchenbackstube regelmäßige Erzählnachmittage und -abende statt.“

„Umgeben vom Duft frischer Backwaren finden in der Märchenbackstube regelmäßige Erzählnachmittage und -abende statt.“ Foto: Christoph Plünnecke

Bereits von der Straße aus lässt sich erahnen, auf welch fantasievolle Reise man sich in der Backstube begeben wird.

Bereits von der Straße aus lässt sich erahnen, auf welch fantasievolle Reise man sich in der Backstube begeben wird. Foto: Christoph Plünnecke

Lina Christine Ahrens
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