Die weltweit größte Containerreederei MSC will beim Hamburger Hafenlogistiker HHLA einsteigen. Der in Genf ansässige Konzern und die Hansestadt hätten einen verbindlichen Vorvertrag zur Gründung einer strategischen Partnerschaft unterzeichnet, teilten der Senat und das Unternehmen am Mittwoch mit.
Derzeit hält die Stadt Hamburg rund 69 Prozent an der börsennotierten HHLA. Diese soll künftig in einem Joint Venture geführt werden, wobei die Stadt 50,1 Prozent und MSC 49,9 Prozent der Anteile halten.
Um dies zu ermöglichen, wird MSC für alle derzeit frei gehandelten Aktien ein Übernahmeangebot zum Preis von 16,75 Euro je Aktie machen. Aktuell liege der Kurs bei rund 11,50 Euro.
MSC soll Ladungsaufkommen in Hamburg erhöhen
Gleichzeitig werde MSC das Ladungsaufkommen in Hamburg von 2025 an deutlich erhöhen. Von 2031 an sollen es mindestens eine Million Standardcontainer (TEU) pro Jahr sein. Außerdem werde MSC seine Deutschlandzentrale nach Hamburg verlegen.
Hamburgs Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sprach auf einer Pressekonferenz im Rathaus von einer wegweisenden Transaktion, die zu einer strategischen Partnerschaft der Stadt mit einer der weltweit führenden Reedereien führe.
Dies könne der gesamten maritimen Wirtschaft die Schubkraft geben, die in schwierigen Zeiten gebraucht werde. MSC-Chef Soren Toft sagte, mit dieser sehr wichtigen und strategischen Zusammenarbeit werde Hamburg zukünftig ein Knotenpunkt.
Angebot soll geprüft werden
Kürzlich hatte der Milliardär Klaus-Michael Kühne die Führung der HHLA scharf kritisiert und seine Bereitschaft zu einer größeren Beteiligung an der Hafengesellschaft signalisiert. Der Senat hatte darauf kühl reagiert.
Die HHLA teilte mit: „Im engen Austausch mit dem Aufsichtsrat der HHLA wird der Vorstand das angekündigte Angebot im besten Unternehmensinteresse und unter Wahrung der Interessen aller Stakeholder prüfen und bewerten.“
Was bedeutet das für den Containerumschlag in Bremerhaven?
Durch die Beteiligung von MSC an der HHLA kann es zu Ladungsverschiebungen im deutschen und europäischen Containerumschlag kommen, heißt es in der Behörde von Kristina Vogt (Linke), Senatorin für Wirtschaft und Häfen in Bremen. Ob das Auswirkungen auf die Ladungsmengen in Bremerhaven haben werde, könne noch nicht abschließend bewertet werden. „Mit unserem Partner MSC haben wir erst vor kurzem den Betreibervertrag für das MSC-Gate in Bremerhaven bis zum Jahre 2048 verlängert. Vor diesem Hintergrund gehen wir deutlich davon aus, dass es nicht zu einer Reduktion von MSC-Geschäft am Standort Bremerhaven kommen wird“, heißt es in der Stellungnahme des Ressorts.
Was macht jetzt die Senatorin für Wirtschaft und Häfen?
Das Ressort arbeite intensiv mit den Terminals daran, die Wettbewerbsfähigkeit von Bremerhaven in der Nordrange zu stärken, heißt es in der Erklärung weiter. „Deswegen setzen wir uns so stark für den Ausbau der Außenweser ein und haben mit der Planung für die Erneuerung der Containerkaje in Bremerhaven begonnen, um unsere geografische Lagegunst im Vergleich zu anderen norddeutschen Hafenstandorten künftig noch stärker auszuspielen.“
Was sagt MSC zu den Folgen für das MSC-Gate in Bremerhaven?
Während der Taufe der „MSC Michel Cappellini“ Mitte Juli kündigte MSC die Eröffnung eines Büros in Bremerhaven an. „Dieser Plan bleibt unverändert“, sagt eine Sprecherin der Reederei. MSC unterhalte seit Jahrzehnten ein Büro in der Stadt Bremen, auch das bleibe so. „Der Hafen von Bremerhaven wird für MSC auch in Zukunft von strategischer Bedeutung sein.“
BLG und Eurogate wussten offenbar von nichts
Das Umschlagsunternehmen Eurogate betreibt in Bremerhaven schon seit 19 Jahren mit MSC gemeinsam das Containerterminal MSC-Gate, an dem die Schiffe bevorzugt abgefertigt werden. Die Umschlagzahlen sind allerdings stark zurückgegangen, auch weil der Reeder vor allem seine Terminals in den Westhäfen bedient. 2018 schlug das MSC Gate nach eigenen Angaben 1,5 Millionen TEU um, neuere Zahlen gibt es nicht.
Im Hafen wird gern erzählt, dass die Reederei ihre Kapazitäten ausbauen will, wenn sie ab 2025 keiner Allianz mit Maersk mehr angehört. Bremerhaven, so die bisherige Hoffnung, könne sich zu einem neuen Drehkreuz entwickeln. „Wir haben kürzlich die Partnerschaft bis zum Jahr 2048 verlängert“, heißt es von Eurogate. „Darüber hinaus sind wir auch in Hamburg eng mit MSC verbunden.“ Eurogate will nun prüfen, was die Ankündigung, in Hamburg einzusteigen, für Eurogate bedeuten kann.
„Diese Nachricht hat uns am Mittwochmorgen alle überrascht“, sagt BLG-Vorstand Frank Dreeke. Einen Einstieg einer Reederei in ein Hafenunternehmen wie die HHLA hat es in dieser Form und dieser Größenordnung in der maritimen Wirtschaft in Deutschland bislang nicht gegeben. „Wir werden uns das sehr genau ansehen und analysieren. Für die bremischen Häfen erwarte ich keine negativen Auswirkungen“, sagt Dreeke. MSC sei ein wichtiger Partner für die BLG-Tochter Eurogate.
So bewerten Wirtschafts-Experten die Pläne
Dass Reedereien sich an Containerterminals beteiligen sei nicht neu, sagt Prof. Burkhard Lemper vom Institut für Seeverkehrswirtschaft und Logistik und der Hochschule Bremen. Cosco und Hapag-Lloyd seien an Terminals in Hamburg beteiligt, Maersk sei wie auch MSC in Bremerhaven engagiert. Außergewöhnlich sei aber die Beteiligung am gesamten Konzern mit all seinen Aktivitäten.
An Spekulationen, welche Folgen ein Einstieg von MSC in Hamburg für die Häfen an der Weser haben könnte, will Lemper sich nicht beteiligen. „Zu möglichen Auswirkungen kann man heute überhaupt noch nichts sagen.“
Für den Reeder habe die Beteiligung den Vorteil, seine Transportströme besser kontrollieren und bevorzugt den Hafen anlaufen zu können. Auf der anderen Seite sichere die Beteiligung dem Hafen Container, die Beschäftigung und die Wertschöpfung in der Region.
Die CDU stellt Forderungen auf
Nach Aussagen von MSC und der Stadt Hamburg soll das Joint Venture ab 2031 dem Hamburger Hafen unterm Strich mindestens zusätzlich eine Million Standardcontainer beim Umschlag bringen. „Daraus ergeben sich drängende wettbewerbliche Fragen für den Container-Umschlag in den bremischen Häfen“, sagt Susanne Grobien, CDU-Fraktionssprecherin für die stadtbremischen Häfen. Von Regierungschef Bovenschulte und Häfensenatorin Vogt verlangt sie eine Strategie, wie die Infrastruktur für den Container-Umschlag an der Weser zügig modernisiert wird. „Auch die Antwort auf die Frage, wann die Außenweser vertieft wird, drängt nun mehr denn je.“

Blick auf die HHLA-Anlagen in Hamburg. Foto: Scheer

Die „MSC Michel Cappellini“ Mitte Juli 2023 bei ihrer Taufe in Bremerhaven. Foto: Scheer