Nordenham

OOWV erstellt ein Starkregen-Kataster für Kommunen

Wenn im Keller die Gefriertruhe absäuft, ist das Kind bereits in den sprichwörtlichen Brunnen gefallen. Der Wasserverband OOWV will mit einer Starkregen-Karte Kommunen helfen, auf künftige Extremwetter besser vorbereitet zu sein.

Der Starkregen im Juni 2017 bescherte den Nordenhamer Feuerwehren jede Menge Arbeit. Im ganzen Stadtgebiet standen Straßen, Keller und Garagen unter Wasser.

Der Starkregen im Juni 2017 bescherte den Nordenhamer Feuerwehren jede Menge Arbeit. Im ganzen Stadtgebiet standen Straßen, Keller und Garagen unter Wasser. Foto: Timo Kühnemuth

Wenn, wie etwa zu Beginn dieser Woche, der Regen gefühlt nicht aufhören will oder ständig wieder von vorn anfängt, schlägt das mit der Zeit schon auf die Laune. Doch das ist buchstäblich nur „Pipikram“ gegen ein zünftiges Starkregenereignis. Dann laufen Gullis und Keller voll, niedrig gelegene Straßen können unpassierbar werden. Feuerwehrpumpen laufen bis zum Anschlag und wenn sie verstummt sind, geht die Arbeit für Hausratversicherungen los. Von den Gefahren für Leib und Leben bis hierhin noch ganz abgesehen.

Auch in der Wesermarsch gab es in den vergangenen Jahren einige Starkregenereignisse, die Rettungskräfte und Kommunalbetriebe auf Trab hielten. Der Oldenburgisch-Ostfriesische Wasserverband (OOWV) hat jetzt eine Gefahrenkarte für solche Ereignisse erstellt. In ihr wurde ermittelt, welche Orte im Verbandsgebiet bei Starkregen besonders betroffen wären.

Wann ist Regen eigentlich Starkregen?

Der Deutsche Wetterdienst teilt Starkregenereignisse in drei Warnstufen ein. Starkregen beginnt demnach bei Niederschlag von 15 bis 25 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde oder 20 bis 35 Liter pro Quadratmeter in sechs Stunden. Bei 25 bis 40 Litern pro Quadratmeter in einer Stunde oder 35 bis 60 Liter in sechs Stunden spricht man von heftigem Starkregen. Ab 40 Litern oder über 60 Litern in sechs Stunden liegt extrem heftiger Starkregen vor. Letzteres entspricht etwa einem großen Bierfass voll Wasser auf jedem Quadratmeter. Wie das in der Realität aussieht, erfuhren die Nordenhamer zum Beispiel am 30. Juni 2017. Damals prasselten rund 71 Liter pro Quadratmeter auf die Stadt herab.

Ist die Wesermarsch gefährdet?

„Starke kurze intensive Niederschläge führen in der Wesermarsch im Regelfall zu keiner intensiven Gefährdung“, sagt OOWV-Pressereferent Matthias Wittschieben. „Problematischer sind lang anhaltende Niederschläge wie beispielsweise im Februar 2022. Dann sammelt sich stellenweise viel Wasser in der Region, das nicht abfließen kann.“ Gefährdungssituationen wie beispielsweise im Ahrtal sind aber laut Wittschieben in der Wesermarsch nicht zu erwarten.

Wie die Region im Vergleich mit anderen dasteht, ließe sich aber nicht sagen. „An einer einheitlichen Starkregenkarte für ganz Deutschland wird derzeit gearbeitet“, so Wittschieben. „Nordrhein-Westfalen hat bereits für das gesamte Bundesland eine solche Karte, für Niedersachsen gibt es sie bisher noch nicht. Unsere verbandsgebietsweite Starkregengefahrenkarte ist aber ein wichtiger Schritt in diese Richtung.“

Was sieht man auf der Karte?

„Aufgrund der Daten kann man erkennen, wo im Falle eines Starkregens Gefährdungsschwerpunkte liegen“, erklärt Wittschieben. „Faktoren für eine Gefährdung sind beispielsweise die Oberflächenversiegelung, die Bodenbeschaffenheit, Versickerungsmöglichkeiten und die Möglichkeit, überschüssiges Wasser abzuleiten. Außerdem fließt das Regenwasser von hohen in tiefe Lagen, das heißt, das Relief und das Fließverhalten entscheiden darüber, wo sich das Wasser sammelt. Das alles ist in der Karte grafisch dargestellt.“ In mehreren regionalen Veranstaltungen im gesamten Verbandsgebiet habe der OOWV die Karte bereits den Mitgliedskommunen vorgestellt.

Was können die Kommunen damit anfangen?

„Für Kommunen ist die Starkregengefahrenkarte eine gute Hilfe, wenn zum Beispiel Bau-, Gewerbe- oder Industriegebiete ausgewiesen werden sollen. „Wenn man die Gefährdungsschwerpunkte kennt, können Gegenmaßnahmen in die Planung einbezogen werden. Bei Bauvorhaben können dann Kanalisationen entsprechend dimensioniert sowie Regenrückhaltebecken und multifunktionale Flächen angelegt werden, die Niederschlagswasser aufnehmen können. Ziel muss sein, so wenig Wasser wie möglich abzuleiten, damit Kanäle nicht überfordert und so größere Regionen gefährdet werden.“ Doch Starkregenvorsorge sei aus Sicht des OOWV eine Gemeinschaftsaufgabe. Daher plädiert der OOWV dafür, dass die Gefahreninformationen allgemein zugänglich gemacht werden. Die Stadt Oldenburg und die Gemeinde Rastede haben das laut OOWV bereits getan.

Und was können Grundstückseigentümer tun?

Um dem Wasser möglichst viel Raum zum Versickern zu geben, empfiehlt der OOWV, Versiegelungen aufzubrechen, etwa durch Rasengitter, durchlässige Fugen oder Kies statt Asphalt. Gartenteiche wiederum könnten als naturnahe Rückhaltebecken fungieren. Ein guter Zwischenspeicher für Regenwasser seien außerdem begrünte Dächer. Zusätzlich hielten sie im Sommer das Gebäude kühl und die Vegetationsflächen böten Lebensraum für Bienen, Schmetterlinge und andere Insekten.

Jens Schönig

Reporter

Jens Schönig ist in Bremerhaven aufgewachsen. Sein Volontariat machte er bei einem Logistik-Verlag. Davor war er bereits freier Mitarbeiter der NORDSEE-ZEITUNG. Nach Tätigkeiten für mehrere Zeitungen im Nordwesten ist er seit 2023 Reporter bei der Kreiszeitung Wesermarsch.

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