Brake

Mutige Bürger retten ihre Kulturstätte

Es ist ein Kleinod unter den Kulturstätten, mit einem ganz besonderem Charme: das Centraltheater Brake (CTB). Hohe Decke, Lichtkuppeln, Säulen an den Wänden, Holztüren als Ausgänge. Und Sitzreihen mit roten Plüschsesseln samt Tischchen und Tischlampen. Dass es sich nach einer Sanierung wieder in gewohntem Glanz präsentiert, ist ein Beispiel dafür, was sich mit bürgerschaftlichem Engagement erreichen lässt.

Der alte Fußboden und der Unterbau wurden rausgeschafft. Das was, wie Schotter aussieht, ist ein spezielles Material: Schaumglas-Schotter. Der wird aus Altglas hergestellt. Rund 130 Kubikmeter sind es, die die Helfer im März 2020 eingebracht haben. Denn der Schotter dient der Wärmedämmung. Und ist zugleich eine Sperrschicht gegen aufsteigende Feuchtigkeit.

Der alte Fußboden und der Unterbau wurden rausgeschafft. Das was, wie Schotter aussieht, ist ein spezielles Material: Schaumglas-Schotter. Der wird aus Altglas hergestellt. Rund 130 Kubikmeter sind es, die die Helfer im März 2020 eingebracht haben. Denn der Schotter dient der Wärmedämmung. Und ist zugleich eine Sperrschicht gegen aufsteigende Feuchtigkeit. Foto: CTB

Kapitel 1

Das CTB


Das CTB zwischen Hafenstraße und Mitteldeichstraße hat eine lange Geschichte. Bereits seit 1912 wurden dort Filme gezeigt. In den 1970er Jahren erfolgte der Umbau zum Servicekino. Bis zum Jahr 2007 war es ein kommerzielles Kino. Danach stand das Centraltheater leer. Dann entstand die Idee, es für eine Vielzahl von Kulturveranstaltungen zu nutzen. Es gründete sich Centraltheater Brake eG, die Betreiberin des CTB ist – übrigens mit Ehrenamtlichen. Einzig CTB-Leiter Norbert Ostendorf und zwei Reinigungskräfte sind fest angestellt.

Der Kulturstätte drohte das Aus

Kino, Konzerte, Theater, Kabarett, Lesungen und andere Veranstaltungen: Das CTB ist bei Besuchern und Künstlern gleichermaßen beliebt. Und doch drohte der Kulturstätte das Aus. Die Betriebserlaubnis endete im März 2016. Eine umfassende Sanierung des Gebäudes – Dach und Fundament, Heizung und Brandschutz – war zwingend nötig. Und damit viel Geld, wollte man das CTB erhalten. Dass ein solches Projekt gelingen kann, hat die Genossenschaft bewiesen: mit Mut, Engagement, Durchhaltevermögen über fünf Jahre und auch ungewöhnlichen Ideen, das nötige Geld zusammenzubekommen.

Das Centraltheater vor der Sanierung: Der große Saal hat einen ganz besonderen Charme. Und der sollte erhalten bleiben.

Das Centraltheater vor der Sanierung: Der große Saal hat einen ganz besonderen Charme. Und der sollte erhalten bleiben. Foto: CTB

1,1 Millionen Euro – von der EU, vom Land, Stadt und Landkreis, Darlehen, Stiftungen und unzähligen Sponsoren wie Firmen und Privatpersonen – sind es schließlich, die in die Sanierung und in moderne Technik, die man nicht sieht, fließen. Und dank vieler Ehrenamtlichen, die tatkräftig anpackten. Das Ergebnis: Das CTB sieht aus, wie man es kennt. Doch genau das war das Ziel.

Kapitel 2

Der lange Weg einer Erfolgsgeschichte

Am 7. Februar 2013 gründet sich die Genossenschaft Centraltheater, damals die erste Kultur-Genossenschaft im Weser-Ems-Raum. Sie hat 13 Gründungsmitglieder. Ihr Ziel: Erhalt und Betrieb des CTB. Bei einer Info-Veranstaltung wenige Tage später können mehr als 50 Mitglieder dazugewonnen werden, die Kultur als Dividende möchten. Heute zählt die Genossenschaft fast 450 Mitglieder.

Im Jahr 2013 wird die Gebäudesubstanz untersucht, die Stadt ergreift erste Maßnahmen. Es gibt Genehmigungen zum Weiterbetrieb von Bauamt, TÜV und Statikern. Und damit Zeit, Fördermittel einzuwerben.

Neue digitale Technik fürs alte Kino

Im Sommer 2014 bekommt das alte Kino eine neue digitale Technik, später auch 3-D. Gut 65 000 Euro werden investiert. Mehr als 14 000 Besucher kommen 2014, als auch eine Bonuskarte eingeführt wird, ins CTB. Im Jahr 2015 sind es bereits mehr als 20 000 Gäste.

Der lange Weg des CTB

Kultur als Dividende: Am 7. Februar 2013 wurde die CTB-Genossenschaft ins Leben ...
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Kultur als Dividende: Am 7. Februar 2013 wurde die CTB-Genossenschaft ins Leben gerufen. 13 Gründungsmitglieder hoben sie aus der Taufe. Heute hat die Genossenschaft fast 450 Mitglieder mit mehr als 600 Anteilen. Ein Anteil kostet 100 Euro. Foto: Gabriele Gohritz
29. September 2016: Fürs Foto zahlt CTB-Chef Norbert Ostendorf (rechts) einen sy...
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29. September 2016: Fürs Foto zahlt CTB-Chef Norbert Ostendorf (rechts) einen symbolischen Euro an Rainer Gallasch von der Braker Wohnbau (3. von links). Über den Kauf des Gebäudes freuen sich auch Hans-Karl Soeken, Jan Kuilert, Reiner Gollenstede und Jens Frost (von links) vom Vorstand beziehungsweise Aufsichtsrat der Genossenschaft. Übrigens: Die beiden 50-Cent-Stücke waren die Originalmünzen, die Norbert Ostendorf seinerzeit vom Bürgermeister für den Kauf des Centraltheaters Brake bekommen hatte. Foto: Frank Lorenz
Anfang Dezember 2018 ist es geschafft: Die Sanierung des Centraltheaters Brake (...
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Anfang Dezember 2018 ist es geschafft: Die Sanierung des Centraltheaters Brake (CTB) beginnt. Die Finanzierung der Maßnahmen – insgesamt 900 000 Euro – ist gesichert. Die ersten Aufträge für zwei große Gewerke – neuer Dachstuhl und neue Fundamente – sind vergeben. Foto: Gabriele Gohritz
Blick von oben: Der erste Doppelbinder ist auf der Südseite eingebaut worden, di...
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Blick von oben: Der erste Doppelbinder ist auf der Südseite eingebaut worden, die alte Abdeckung kommt Stück für Stück runter. Anfang April 2019 ist der große wichtige Bauabschnitt angepackt. Foto: Norbert Ostendorf
Blick vom großen Saal über die Bühne bis nach oben: Das neue Dach des CTB ist An...
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Blick vom großen Saal über die Bühne bis nach oben: Das neue Dach des CTB ist Anfang Mai 2019 bereits dicht. Foto: Gabriele Gohritz
April 2019: Neue Kuppel für die Akustikdecke. Der Denkmalschutz hatte ein Wörtch...
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April 2019: Neue Kuppel für die Akustikdecke. Der Denkmalschutz hatte ein Wörtchen mitzureden. Deshalb haben die Bauherren die beiden Kuppeln des großen Saal nachempfinden können. Foto: CTB
Der große Saal des Centraltheaters ist im Dezember 2019 noch eine Baustelle.Vor ...
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Der große Saal des Centraltheaters ist im Dezember 2019 noch eine Baustelle.Vor gut einem Jahr begann die umfangreiche Sanierung, die aus Leader-Mitteln gefördert wird. Inzwischen sind große Baumaßnahmen wie Dach und Fundamente abgeschlossen. Aber es gibt noch einiges zu tun, bevor es wieder kulturelle Veranstaltungen geben kann. Foto: Gabriele Gohritz
Februar 2020: Die zwölf Säulen, die jetzt aus Stahl auf neuen Fundamenten stehen...
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Februar 2020: Die zwölf Säulen, die jetzt aus Stahl auf neuen Fundamenten stehen, bekommen ihre alte, aber überholte Verkleidung wieder. Übrigens: Noch immer können Sponsoren Patenschaften für die Säulen übernehmen, für 5000 Euro. Foto: CTB
März 2020: Die Ehrenamtlichen haben mächtig angepackt. Der alte Boden des großen...
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März 2020: Die Ehrenamtlichen haben mächtig angepackt. Der alte Boden des großen Saals wurde herausgenommen, 130 Kubikmeter Schaumglas-Schotter eingebracht und darauf die Holzlattung gelegt. Foto: Gabriele Gohritz
Der alte Fußboden und der Unterbau wurden rausgeschafft. Das was, wie Schotter a...
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Der alte Fußboden und der Unterbau wurden rausgeschafft. Das was, wie Schotter aussieht, ist ein spezielles Material: Schaumglas-Schotter. Der wird aus Altglas hergestellt. Rund 130 Kubikmeter sind es, die die Helfer im März 2020 eingebracht haben. Denn der Schotter dient der Wärmedämmung. Und ist zugleich eine Sperrschicht gegen aufsteigende Feuchtigkeit. Foto: CTB
Im Herbst 2020 wird die neue Akustikdecke eingebaut.
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Im Herbst 2020 wird die neue Akustikdecke eingebaut. Foto: CTB
Im Deztember 2020 sind die neuen Schirme der Tischlampen da: Herbert Grammel hat...
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Im Deztember 2020 sind die neuen Schirme der Tischlampen da: Herbert Grammel hatte dafür einen Wolfgang Seidel in Brandenburg, einen Lampenschirmgestellmacher im Ruhestand ausfindig gemacht, der die neuen Schirme exakt nach dem Vorbild der alten von Hand fertigte. Eine Firma hatte noch das passenden Lampenschirmmaterial. Herbert Grammel ist persönlich nach Brandenburg gefahren, um die beiden großen Kartons mit den mehr 50 neuen Exemplaren im alten Stil abzuholen. Foto: Gabriele Gohritz
Es sieht aus wie gewohnt: Nach fünf Jahren präsentiert sich der große Saal wiede...
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Es sieht aus wie gewohnt: Nach fünf Jahren präsentiert sich der große Saal wieder in seinem gewohnten Charme. Hinter den Wänden verbirgt sich aber viel moderne Technik. Foto: Gerold Coldewey

Im Herbst 2015 steht fest: Die Sanierung wird mit 400 000 Euro Kosten ein dicker Brocken. Das kann die Genossenschaft allein nicht wuppen. Anträge auf Förderung werden gestellt.

Die Betriebserlaubnis ist begrenzt. Ein Heinz-Erhardt-Abend am 31. März 2016 ist die letzte Veranstaltung im CTB. Dann gehen die Lichter aus. Die Hoffnung, im Herbst mit der Sanierung zu beginnen, zerschlagen sich ebenso wie die Pläne, 2017 wieder zu öffnen. Erst am 29. September 2016 kann die Genossenschaft das Kino für einen symbolischen Euro von der Braker Wohnbau erwerben.

Die Kosten schießen in die Höhe

Es gibt immer neue Auflagen für die Sanierung. Es laufen Gespräche an, den kleinen Kinosaal mit 66 Plätzen öffnen zu dürfen. Das ist in September 2017 der Fall – nachdem Ehrenamtliche mächtig dafür geschuftet haben.

Der Schock kommt im Dezember 2017. Die Sanierung wird doppelt so teuer wie geplant: 809 400 Euro. Nun fehlen 370 000 Euro. Die Genossenschaft steckt den Kopf nicht in den Sand, macht sich auf die Suche nach weiteren Fördertöpfen und Unterstützern. Und entwickelt neue Ideen: Firmen und Bürger können für 1000 Euro Sesselpatenschaften übernehmen, für 5000 Euro eine Patenschaft für die Säulen im Saal. 99 Sesselpatenschaften gibt es heute, drei Paten wurden für Säulen gefunden.

Endlich geht es los!

Anfang Dezember steht fest: Die Finanzierung ist tatsächlich gesichert. Bauaufträge können vergeben werden. Im Januar 2019 ist das CTB endlich eine Baustelle. Nach sechs Wochen Bauzeit ist der neue Dachstuhl fertig, im Mai kann Richtfest gefeiert werden. Es geht Schritt für Schritt voran.

Anfang Dezember steht fest: Die Finanzierung ist tatsächlich gesichert. Bauaufträge können vergeben werden.

Anfang Dezember steht fest: Die Finanzierung ist tatsächlich gesichert. Bauaufträge können vergeben werden. Foto: CTB

Doch es ist noch vieles zu erledigen. Im Januar 2020 wirbt die Genossenschaft um weitere ehrenamtliche Helfer. Und kann viele Freiwillige gewinnen, die auf der letzten Wegstrecke tatkräftig mit anpacken. Wegen der Corona-Pandemie nach einem strikten Personalplan.

Im Juli 2021 ist es so weit: Das CTB ist nach zweijähriger Bauzeit saniert. Bei einem Tag der offenen Tür ist zu sehen, was geleistet wurde.

Gabriele Gohritz
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