Niedersachsen

Küstenschützer im Bau-Endspurt - Sind die Deiche sicher?

Ein erster Herbststurm naht. Die Deichbaustellen an der Küste sind inzwischen weitgehend abgeschlossen. Doch an manchen Orten haben sich Bauarbeiten verzögert. Was bedeutet das für die Sicherheit?

Von dpa
3. Oktober 2025
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Um den Westen der Insel Norderney zu schützen, wurden zuletzt tausende Kubikmeter Sand aufgespült.

Um den Westen der Insel Norderney zu schützen, wurden zuletzt tausende Kubikmeter Sand aufgespült.

Foto: Volker Bartels

Kurz bevor ein erster kräftiger Herbststurm in Niedersachsen an diesem Wochenende erwartet wird, sind die Arbeiten für den Küstenschutz weitgehend fristgerecht abgeschlossen worden. Am Westkopf der Insel Norderney etwa wurden in den vergangenen Wochen mit Hilfe eines Spezialschiffes rund 250.000 Kubikmeter Sand in sogenannte Buhnenfelder aufgespült und von Baggern verteilt, wie der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) auf Anfrage mitteilt. „Die Räumung der Baustelle ist mittlerweile abgeschlossen.“ 

Buhnen sind Küstenschutzbauwerke außendeichs, die als Wellenbrecher das Deckwerk vor Sturmfluten schützen. Um Sandverluste auszugleichen, wurde auf Norderney auf einer Strecke von zwei Kilometern das Strandniveau erhöht. 

Auf Norderney ist die Sandaufspülung am Westkopf der Insel rechtzeitig fertig geworden.

Auf Norderney ist die Sandaufspülung am Westkopf der Insel rechtzeitig fertig geworden.

Foto: Volker Bartels

Wegen der Sturmflutsaison, die in der Regel von Oktober bis März dauert, gibt es im Sommerhalbjahr für Deicherhöhungen oder Dünenverstärkungen nur ein kleines Zeitfenster. Der Landesbetrieb ist für den Küstenschutz auf den Inseln zuständig, am Festland sind es die Deichverbände. 

Nicht alle Baustellen im Plan

„Die Küstenschutzprojekte auf dem ostfriesischen Festland sind überwiegend gut vorangekommen“, teilt der Landesbetrieb mit. Entlang der gesamten niedersächsischen Festlandsküste seien aber einige Vorhaben nicht wie geplant fortgeschritten. „Die Gründe sind keine neuen und wie bisher sehr vielfältig.“ Ursachen seien etwa Personalmangel und Verzögerungen in Vergabeverfahren.

Probleme gab es bei den Deichbauarbeiten in der Krummhörn (Landkreis Aurich). Nasse Witterung und Schwierigkeiten bei der Vergabe des Bauauftrages hätten dafür gesorgt, dass die Deicherhöhung in diesem Jahr nur auf 400 Metern statt geplanten 700 Metern vorangekommen sei. „Die Deichsicherheit ist auch hier gegeben“, teilen die Küstenschützer mit. Die fehlenden 300 Meter sollen nun im kommenden Jahr nachgeholt werden. 

Nicht überall sind die Deicherhöhungen am Festland wie geplant vorangekommen. (Archivbild)

Nicht überall sind die Deicherhöhungen am Festland wie geplant vorangekommen. (Archivbild)

Foto: Sina Schuldt

Im Plan sind dagegen die diesjährigen Deichbauarbeiten in Harlesiel in Friesland. Der Deichbau sei wie vorgesehen erfolgt, teilt der NLWKN mit. In den kommenden Jahren sollen die Schleuse und das Siel an einen steigenden Meeresspiegel angepasst werden. Im benachbarten Neuharlingersiel (Landkreis Wittmund) wurden zuletzt im Sielwerk die Sieltore ausgetauscht, da sie einem höheren Wasserdruck bei einem steigenden Meeresspiegel nicht gewachsen wären. Dort sollen die Arbeiten in Kürze abgeschlossen werden. 

Baustellen auf Inseln rechtzeitig fertig 

Abgeschlossen sind inzwischen auch zwei große Strandaufspülungen vor Dünen auf Langeoog und Wangerooge. Auf Langeoog wurde ein 50 Meter breites, sogenanntes Sanddepot auf etwa einem Kilometer Länge von einer Schutzdüne aufgespült. Der Sand bildet an der Seeseite der Düne einen Verschleißkörper, der so die Düne vor Wind und Wellen schützt. Der Schutz der Düne ist wichtig, da diese den Ort und auch das Gebiet für die Trinkwassergewinnung auf der Insel sichert. 

Um die Nordostdünen auf Wangerooge vor Sturmfluten zu schützen, haben die Küstenschützer auch dort auf rund 700 Metern Länge einen Verschleißkörper aus Sand aufgeschüttet. „Damit wurde die Wehrhaftigkeit der Schutzdüne noch einmal erhöht“, teilt der Landesbetrieb weiter mit. 

Was Fachleute jetzt noch prüfen

Wie sicher sind Niedersachsens Deiche und andere Küstenschutzbauwerke also für die bevorstehende Sturmflutsaison? Der NLWKN verweist dazu auf die in den kommenden Wochen anstehenden Deichschauen, bei denen jeder Abschnitt der insgesamt rund 650 Kilometer langen Hauptdeichlinie inspiziert wird. Den Ergebnissen wolle man nicht vorgreifen, heißt es.

Für die Deichschauen sind am Festland die mehr als 20 Deichverbände, auch Deichachten genannt, zuständig, welche die Deiche unterhalten. Dabei prüfen Experten der Deichachten von Kommunen und des Landesbetriebs NLWKN vor und nach einer Sturmflutsaison den Zustand der Deiche. In den Gebieten hinter den Deichen zwischen Ems und Elbe leben mehr als eine Million Menschen. 

Bei Deichschauen untersuchen Experten zweimal pro Jahr die Küstenschutzbauwerke. (Archivbild)

Bei Deichschauen untersuchen Experten zweimal pro Jahr die Küstenschutzbauwerke. (Archivbild)

Foto: Hauke-Christian Dittrich

In der Gemeinde Krummhörn in Ostfriesland ist die Deichschau am 9. Oktober. „Wir fahren die gesamte Deichlinie ab, halten an neuralgischen Stellen an und schauen uns Besonderheiten an“, berichtet Frank Rosenberg, Geschäftsführer der Deichacht Krummhörn. Der Verband ist das ganze Jahr über zuständig für die Pflege der insgesamt 55 Kilometer langen Deichlinie in seinem Küstenabschnitt.

Die Deichschau werde protokolliert, und wenn alles in Ordnung ist, werde der Deich für „schaufrei“ erklärt, sagt Rosenberg. Das bedeute, dass der Deich für die bevorstehende Sturmflutsaison einen ausreichenden Schutz biete. Rosenberg ist optimistisch: „Unsere Deiche sind zu 100 Prozent sicher für die kommende Sturmflutsaison, sonst würden wir keine Deichschau vornehmen.“ 

Rund 80 Millionen Euro für den Küstenschutz geplant 

Niedersachsens Landesregierung hatte angekündigt, in diesem Jahr zusammen mit dem Bund rund 81 Millionen Euro in den Küstenschutzschutz am Festland und auf den Inseln investieren zu wollen. Küstenschutz ist eine Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Die Investitionskosten verteilen sich zu 70 Prozent auf den Bund und zu 30 Prozent auf das jeweilige Land. Wie viel der verplanten Mittel auch tatsächlich verbaut wurde, lässt sich laut Landesbetrieb bislang nicht beziffern.

Insgesamt will Niedersachsens Landesregierung in diesem Jahr rund 81 Millionen Euro in den Küstenschutz investieren.

Insgesamt will Niedersachsens Landesregierung in diesem Jahr rund 81 Millionen Euro in den Küstenschutz investieren.

Foto: Volker Bartels

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