Stadland

Kein HSV-Heimspiel ohne Sudden Death aus Rodenkirchen

Zu jedem Heimspiel des HSV fährt ein Bus aus Rodenkirchen nach Hamburg. Darin sitzen begeisterte Fans - Mitglieder des Fanclubs Sudden Death. Der ist schon 26 Jahre alt. Der jüngst verstorbene Uwe Seeler hat viel damit zu tun, dass es den Club gibt.

Die Stimmung im Bus ist gut, auch wenn es schwierig wird. Hier sind die Fans, unter ihnen Butjadingens Bürgermeister Axel Linneweber (vorn rechts), am 23. Mai unterwegs zum zweiten Relegationsspiel gegen Hertha BSC Berlin. Das ging verloren, der HSV spielt weiter in der zweiten Liga.

Die Stimmung im Bus ist gut, auch wenn es schwierig wird. Hier sind die Fans, unter ihnen Butjadingens Bürgermeister Axel Linneweber (vorn rechts), am 23. Mai unterwegs zum zweiten Relegationsspiel gegen Hertha BSC Berlin. Das ging verloren, der HSV spielt weiter in der zweiten Liga. Foto: Fanclub Sudden Death

1996 gründeten in Nordenham acht eingefleischte Fans des Hamburger Sportvereins (HSV) einen Fanclub. Den gibt es noch immer, inzwischen mit Sitz in Rodenkirchen. Der Fanclub Sudden Death ist benannt nach einer im Fußball nicht mehr gültigen Regelung, nach der bei Verlängerung das erste Tor über Sieg oder Niederlage entschied. 1996 aber war der Name ganz aktuell: Oliver Bierhoff entschied mit einem Sudden-Death-Tor in Wembley im Spiel des deutschen Teams gegen Tschechien die Europameisterschaft für Deutschland. Der Fanclub hat heute 165 Mitglieder - Kinder, Jugendliche, Männer und Frauen. Die meisten kommen aus der Wesermarsch, doch Sudden Death hat auch Mitglieder aus Castrop-Rauxel und Hamburg. Sie alle eint: Sie sind Anhängerinnen und Anhänger des Hamburger Vereins.

Bus fährt bis zum Stadion

Das beweisen sie nicht nur mit detaillierter Kenntnis der Vereinshistorie und -gegenwart, eindeutigen und unterschiedlichen Meinungen zum Trainer und zum Kader, T-Shirts mit der Raute, Trikots und Fanschals. 40 bis 50 von ihnen fahren auch zu jedem Heimspiel ihres HSV, und zwar ab Rodenkirchen komfortabel mit dem Bus direkt vors Volksparkstadion. „Das ist schon sehr attraktiv für die Mitglieder“, sagt Udo Lienemann, stellvertretender Vorsitzender des Fanclubs. Die Busfahrten, immerhin zwei Stunden hin und zwei zurück, stärkten die Gemeinschaft. „Da wird viel geschnackt, nicht nur übers Spiel.“ Auch ein bis zwei Auswärtsspiele stehen jedes Jahr auf dem Fahrplan. Beispielsweise in Hannover. „Das ist wie ein Heimspiel für uns, da sind wir jedes Jahr. Die Vereine sind befreundet“, erläutert Udo Lienemann.

Die Raute im Herzen

Gemeinsame Feiern stärken den Fanclub-Teamgeist ebenso wie gemeinsam bejubelte Siege und gemeinsam erlittene Niederlagen des HSV. Auch deshalb verzichtet Sudden Death nicht auf eine Feier zum 25-jährigen Bestehen. Der korrekte Termin wäre zwar schon im vergangenen Jahr gewesen, aber da machte die Corona-Pandemie ein großes Fest unmöglich. Nun werden die Mitglieder „nachfeiern“, und zwar im September.

Sudden Death ist seit dem Jahr 2000 ein offizieller Fanclub des Hamburger Sportvereins. Davon gibt es inzwischen mehr als 800 mit mehr als 70.000 Fans. „HSVer zu sein bedeutet, die Raute im Herzen zu haben, Leidenschaft und das Zusammengehörigkeitsgefühl bei Siegen aber auch bei Niederlagen“, heißt es auf der Homepage des Vereins.

Warum es nur der HSV sein kann, kein anderer Fußballverein eine Chance hat, das ist schwer zu erklären. „Es ist nicht so, dass ich den Verein ausgesucht habe. Der hat mich ausgesucht. Das ist eine Gefühlssache“, ist sich Udo Lienemann sicher.

Der Held Uwe Seeler

„Jeder HSV-Fan hat seine eigene Geschichte“, weiß Fanclubchef Jochen Spekker. Er selbst habe früher als Torwart zwischen den Pfosten gestanden, und Rudi Kargus sei sein Vorbild gewesen. Der „Elfmetertöter“ spielte von 1971 bis 1980 beim HSV - und so wurde Jochen Spekker Fan des Vereins. Seine Kinder, das gibt er zu, seien von ihm vielleicht schon ein bisschen zu HSV-Fans erzogen worden, auch wenn sie in der Schule und im Freundeskreis von Werder-Anhängerinnen und Anhängern umgeben gewesen seien. Und dann gibt es noch die Helden der Vergangenheit: „Viele Ältere sind wegen Uwe Seeler zum HSV gekommen“, glaubt Jochen Spekker.

Zum ersten Heimspiel der neuen Saison fuhren die Clubmitglieder nicht nur wegen des Spiels, sondern auch, um des jüngst verstorbenen Uwe Seeler zu gedenken. An der Skulptur seines Fußes legten sie Schals, Blumen und Andenken nieder.

Zum ersten Heimspiel der neuen Saison fuhren die Clubmitglieder nicht nur wegen des Spiels, sondern auch, um des jüngst verstorbenen Uwe Seeler zu gedenken. An der Skulptur seines Fußes legten sie Schals, Blumen und Andenken nieder. Foto: Fanclub Sudden Death

Der HSV hat eine lange und an Erfolgen reiche Geschichte, allerdings liegen die Triumphe schon längere Zeit zurück. Das mache aber für den Fan keinen Unterschied, betont Udo Lienemann. „Man leidet mit. Im Bus werden Sieg oder Niederlage natürlich ausgiebig diskutiert. Deshalb kommt einem die Rückfahrt immer kürzer vor als die Hinfahrt.“

Erinnerungen an Spiel gegen Juventus

Welches Spiel der Höhepunkt seiner Fankarriere war, darüber muss Udo Lienemann nicht lange nachdenken. In der Champions-League-Vorrunde spielte der HSV im Jahr 2000 4:4 gegen Juventus Turin. „Das war eine tolle Stimmung im Stadion“, erinnert sich der Fan.

Jochen Spekker hat mehrere Favoriten, denkt besonders gern an das UI-Cup-Final-Rückspiel im Jahr 2005 in Valencia zurück. Die Teams trennten sich 0:0, der HSV hatte aber das Hinspiel gewonnen und nahm so den UI-Cup mit nach Hause.

Schriftführerin Kathrin Mielke dagegen bekommt Gänsehaut, wenn sie an das erste Heimspiel der neuen Saison denkt. Kurz zuvor war Uwe Seeler gestorben und im Stadion wurde seiner gedacht. Viele Fans versammelten sich an der Skulptur des Uwe-Seeler-Fußes, legten Schals, Blumen und Andenken nieder. „Das war nicht ohne“, sagt Kathrin Mielke und schluckt.

Nächste Fahrt am 19. August

Die Sudden-Death-Mitglieder stehen füreinander ein, aber sie halten nichts davon, andere auszuschließen oder Streit zu suchen. So ergeben sich im Stadion immer wieder freundliche Kontakte zu anderen Fans. Wenn im Bus Plätze frei sind, können auch Menschen mitfahren, die keinen in der Wolle gefärbten Anhänger der Hamburger sind. Nächste Gelegenheit zur Hamburgfahrt: das Spiel am 19. August gegen Darmstadt.

Fanclub Sudden Death

Der OFC Sudden Death ist offizieller Fanclub des HSV. Er wurde am 11. Juni 1996 in Nordenham gegründet und hat seinen Sitz in Rodenkirchen. Der Fanclub hat derzeit 165 Mitglieder. Zu jedem HSV-Heimspiel fährt der Club per Bus. Vorstand: Vorsitzender Jochen Spekker, Stellvertreter Udo Lienemann, Schriftführerin Kathrin Mielke, Kassenwartin Simone Kloppenburg, Jugendwartin Louisa Hollmann.Internet: ofc-sudden-death.de und Facebook

Ellen Reim
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