Zeven

Freiwillig: Ein Jahr für die Natur

Um Erfahrungen zu sammeln und anzupacken, nehmen rund 20 Freiwillige, die ein ökologisches Jahr absolvieren, an einem Seminar auf dem Hof an der Aue in Zeven teil. Sie schaufeln Hafer, ernten Kartoffeln und gehen gegen die Traubenkirsche vor.

Nils (rechts) und seine Mitstreiter haben der Amerikanischen Traubenkirsche den Kampf angesagt, sie breitet sich seit Jahrhunderten unkontrolliert aus und ist nur schwer unter Kontrolle zu halten.

Nils (rechts) und seine Mitstreiter haben der Amerikanischen Traubenkirsche den Kampf angesagt, sie breitet sich seit Jahrhunderten unkontrolliert aus und ist nur schwer unter Kontrolle zu halten. Foto: Hellwig

Das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) ist ein ökologisches Bildungsjahr, das jungen Menschen die Chance gibt, im Umwelt- und Naturschutz mitzuarbeiten. Niedersachsen ist quasi der Geburtsort dieses Freiwilligendienstes und im Land finden sich mehr als 300 Stellen in unterschiedlichen Bereichen. Fünf Seminare besuchen die jungen Leute, eines davon fand jetzt am Hof an der Aue im Süden Zevens statt.

Man mag sich im ersten Moment fragen, was ein Kartoffelacker, eine Hacke, Handsägen, Schaufeln, Jutesäcke und Gummistiefel mit Bildungsarbeit zu tun haben, aber schon nach kurzer Zeit wird klar: jede Menge. Beim FÖJ geht es auch um das Sammeln von Erfahrungen - und das geht am besten beim Anpacken. Nane Meents und Carlo Engstfeld, beide Teamer von der Alfred Toepfer Akademie für Naturschutz, wissen das und sind in Zeven mit dabei. Der Hof an der Aue ist in diesem Jahr Gastgeber für das Startseminar, bei dem die mehr als 20 jungen Leute sich nicht nur kennenlernen, sondern auch erste Eindrücke in Sachen Teamarbeit gewinnen sollen - und das bedeutet auch körperliche Arbeit.

Ein selten gewordener Lebensraum

„Wir sind regelmäßig hier, weil der Hof an der Aue einer der ersten Höfe ist, die bio-zertifiziert wurden und weil wir hier immer noch viele kleinräumige Lebensräume vorfinden“, erläutert Engstfeld. „Wir haben hier den Garten mit verschiedenen Feldfrüchten, Ackerflächen, Hoftiere, die Aue und einen Wald. Das ist ein echter Schatz, der vielen wertvollen Tier- und Pflanzenarten einen vielerorts selten gewordenen Lebensraum bietet.“

Und was genau haben Kartoffeln damit zu tun? Zum einen können die jungen Leute praktische Erfahrung sammeln und gleichzeitig noch etwas über ökologische Landwirtschaft lernen. Phaenna beispielsweise hat schon öfter mal die gelben Knollen aus der Erde geholt und es macht ihr auch dieses Mal Spaß. „Ich empfinde das gar nicht als anstrengend, es macht wirklich sogar Spaß. Ich arbeite sehr gern im Freien und hier sieht man gleich, was man geschafft hat.“ Und auch der heftige Schauer, der nur wenige Minuten zuvor vom Himmel runterkam, macht der Gruppe nichts aus.

Gleich neben ihr werkelt Marven in der dunklen Erde. „Das habe ich tatsächlich noch nie gemacht, obwohl meine Großeltern auch Kartoffeln in ihrem Garten anbauen.“ Er hat nach dem Abitur nach einer sinnvollen Tätigkeit gesucht und sie beim FÖJ gefunden. „Dieses Jahr ist auf keinen Fall ein verschenktes Jahr, denn ich helfe dabei, anderen die Natur näherzubringen. Und das ist wirklich ein gutes Gefühl.“ Und alle haben an diesem Vormittag gelernt, dass die im Frühjahr gelegte „Mutterkartoffel“ am Ende des Jahres nur noch aus ihrer Schale besteht, denn alles andere hat sie dem Wachstum der Triebe und Blätter geopfert.

Ein paar Schritte weiter schippt eine andere Gruppe auf zwei Ackerwagen mit großen Schaufeln Hafer in Säcke. Auch sie sind mit Elan und Begeisterung bei der Sache. „Es macht wirklich Spaß, hier auf Socken im weichen Hafer zu arbeiten“ erzählt Johanna lachend. Und Paul ergänzt: „Es geht dabei ja nicht nur um die Tätigkeit selbst, sondern auch darum, mit anderen etwas gemeinsam zu machen.“ Für viele eine besondere Erfahrung.

Der Traubenkirsche geht es an den Kragen

Eine dritte Gruppe hat sich derweil mit Volker Lienau in die Büsche geschlagen, genauer in den Wald, der zum Hof gehört. Dort geht es den omnipräsenten Späten Traubenkirschen an den Kragen. Der Neophyt aus Nordamerika vermehrt sich unkontrolliert und ist nur schwer zu bekämpfen. Während junge Exemplare ausgerissen werden, rücken die FÖJler größeren mit Sägen zu Leibe. Viele kannten diese invasive Baumart nur vom Hörensagen, jetzt wissen sie, auf welche Merkmale sie achten müssen: Geränderte, längliche und leicht glänzende Blätter und ein Geruch nach Bittermandel sind Kennzeichen für die Traubenkirsche. „Wir haben schon viele platt gemacht“, darauf ist die Gruppe stolz. Und sie ist erschrocken, wie weit sich die invasive Art ausgebreitet hat. Sie sind überall. Doch die Naturfreunde machen sich daran, das zu ändern - zumindest in diesem kleinen Wald.

Doch nicht nur die gemeinsame Arbeit in der Natur schafft Gemeinschaft auch die gemeinsamen Mahlzeiten, das Lagerfeuer unter freiem Himmel oder der Abend mit Livemusik schweißen zusammen. „Die jungen Leute haben vieles davon noch nie in ihrem Leben erlebt und das wird von ihnen als besondere Erfahrung geschätzt“, sagt Carlo Engstfeld. Und auch Karin Lehr vom Hof an der Aue, die schon seit Jahrzehnten Gruppen wie diese beherbergt und betreut, weiß um die wertvollen Erfahrungen, die die jungen Leute auf ihrem kleinen landwirtschaftlichen Betrieb sammeln können und die sie dann später in ihrem Berufsleben in die Welt tragen können.

Phaenna und Marven (vorne) sind wie ihre FÖJ-Mitstreiter voller Elan dabei, die Kartoffeln aus dem Boden zu holen.

Phaenna und Marven (vorne) sind wie ihre FÖJ-Mitstreiter voller Elan dabei, die Kartoffeln aus dem Boden zu holen. Foto: Hellwig

Hafer zu schippen, das haben sicherlich noch nicht viele junge Leute gemacht, auf dem Hof an der Aue können sie Landwirtschaft hautnah erleben.

Hafer schippen, das haben sicherlich noch nicht viele junge Leute gemacht, auf dem Hof an der Aue können sie Landwirtschaft hautnah erleben. Fotos: Hellwig Foto: ZZ

0 Kommentare
Newsletter NEWSLETTER
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
nach Oben