Dass die Durchschnittshausfrau hierzulande im Schnitt schätzungsweise nur sechs Rezepte in ihrem aktiven Kochschatz hatte, fand er nichts weniger als skandalös. Am liebsten wollte Wolfram Siebeck die Deutschen zu Franzosen machen. Denn in Frankreichs Kochtöpfen blubberte ihm zufolge das Paradies.
Sich selbst bezeichnete Siebeck als „Berufsesser“. Und manchmal wurde ihm das selbst zu viel. Ja, das sei sehr anstrengend, sagte er mal: „Wenn man es 14 Tage hintereinander macht oder drei oder vier Wochen, dann sehnt man sich nach einem Müsli-Tag.“
Geboren wurde Siebeck am 19. September 1928 in Duisburg; er wuchs in Bochum und Essen auf. Seine Mutter quälte ihn mit Graupen und Milchsuppe, getoppt nur noch von der Feldküche als Flakhelfer im Zweiten Weltkrieg. „Ich habe mich, als der ganze Dreck zu Ende war, geschüttelt wie ein Hund, der aus dem Wasser kommt“, wird er sich später erinnern. „Und habe dann einfach gesagt: Wo geht es hier nun weiter?“
Weiter ging es für ihn in Frankreich. 1950 fuhr Siebeck zum ersten Mal ins gelobte Land der Kalbsnieren, Gänseleberpasteten, Hummer und Spitzenweine. Bis er seiner Profession als Gourmetkritiker nachgehen konnte, hielt er sich aber zunächst als Schildermaler, Pressezeichner und Illustrator über Wasser. 1958 erhielt er bei der von Willy Fleckhaus in Köln gegründeten Zeitschrift „Twen“ eine kulinarische Kolumne. 1970 reiste er für die Wochenzeitung „Die Zeit“ nach Paris und testete das Maxim‘s.
Den Sommer über lebte Siebeck mit seiner zweiten Frau Barbara in Südfrankreich, ansonsten auf einer Burg im Breisgau, wo er zumindest auf das Nachbarland schauen konnte. Allerdings gefiel ihm nicht immer alles, was aus Frankreich kam. Als Siebeck Paul Bocuses Kreationen als „Blätterteigtürme und Saucetümpel“ verunglimpfte, bekam er die Fäuste des Sternekochs zu spüren.
Für die deutsche Küche tat Siebeck mit seinen Kolumnen und populären Büchern so manches. Er brachte die Schalotten nach Deutschland, bewahrte den Mangold vor dem kulinarischen Aussterben, bekämpfte wortgewaltig die Massentierhaltung und die Fast-Food-Kultur als Untergang des Abendlands. Anfang der 1990er Jahre zog er sich, angewidert von den Kochshows im Fernsehen, aus der Öffentlichkeit zurück. Er starb 2016 im Alter von 87 Jahren in Lahr im Schwarzwald. Und bleibt unvergessen.