Niedersachsen

Verregnete Getreideernte - Mais und Zuckerrüben profitieren

Ganz einfach war das Jahr für die Bauern im Agrarland Niedersachsen nicht. Erst hatten sie mit Trockenheit zu kämpfen, dann mit all zu viel Nässe. Doch bei der Ernte zeigt sich: Nicht alle sind gleichermaßen betroffen.

Von dpa
6. September 2023
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Niedersachsen Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Schwetje spricht informiert über die Ernteergebnisse 2023.

Niedersachsen Landwirtschaftskammer-Präsident Gerhard Schwetje spricht informiert über die Ernteergebnisse 2023.

Foto: J.F. Martinez

Erst zu trocken, dann zu nass - die sommerlichen Wetterkapriolen haben die diesjährige niedersächsische Getreideernte spürbar geringer ausfallen lassen als 2022. Zuckerrüben und Mais dagegen kamen mit den verregneten Sommermonaten weit besser zurecht.

Ersten Schätzungen zufolge sei die Getreideernte mit gut 5,2 Millionen Tonnen um knapp zehn Prozent geringer als im Vorjahr, sagte der Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, Gerhard Schwetje, am Mittwoch in Hannover. Die extreme Trockenheit im Mai und Juni sowie starke Niederschläge im Juli und August hätten ihre Spuren hinterlassen.

Für Landwirte habe es weitreichende Folgen, wenn sie zu feuchtes oder keimendes Getreide ernten: Wer Lieferverträge für Brotgetreide geschlossen habe, könne die erforderliche Qualität womöglich nicht liefern - das drückt die Preise. Und nicht nur das: „Mit jedem Regentag, an dem die Mähdrescher nicht fahren konnten, hat die Backqualität von Weizen und Roggen abgenommen - so verwandelt sich Brotgetreide vielerorts in Futtergetreide.“

Das Problem dabei: Wer seine Ware statt als Brot- nur als Futtergetreide verkaufen könne, verdiene deutlich weniger, sagte Schwetje. Der preisliche Abstand von Futterweizen zu Brotweizen belaufe sich derzeit auf 2,70 bis 3,00 Euro je Dezitonne - also 100 Kilogramm. Um Getreide nach dem Regen ohne Schwierigkeiten dreschen zu können, seien Trockenphasen von 24 bis 48 Stunden notwendig, sagte Kammerdirektor Bernd von Garmissen.

Der Kammerpräsident betonte, in dieser Lage bewähre sich die Tierhaltung vieler Betriebe in Niedersachsen. Das zusätzliche Futtergetreide lasse sich regional für die Produktion von Fleisch und Milch verwerten. Insgesamt sank der Durchschnittsertrag pro Hektar beim Getreide von fast 76 auf 70 Dezitonnen, der durchschnittliche Erlös je Dezitonne Getreide sank im Vergleich zum Vorjahr um fast 28 Prozent auf 21,20 Euro - damals hatte der russische Angriffskrieg in der Ukraine die Preise hochgetrieben.

Allerdings gab es auch Profiteure des nassen Sommers - nämlich Mais und Zuckerrüben, betonte Schwetje. Erste Proberodungen bei Zuckerrüben deuteten auf Erträge über dem Fünf-Jahres-Mittel von rund 75 Tonnen je Hektar hin. Wegen des sehr guten Zuckerpreises auf dem Weltmarkt seien auskömmliche Erlöse zu erwarten. Beim Mais hätten sowohl die hohen Temperaturen im Frühsommer als auch der starke Regen das Pflanzenwachstum gefördert. Erwartet würden teils überdurchschnittliche Erträge.

Bei Kartoffeln wird mit einer durchschnittlichen Ernte gerechnet, für eine Ertragsprognose ist es nach Schwetjes Worten aber noch zu früh. Mit den regenreichen Sommermonaten seien auch Pflanzenkrankheiten wie die Kartoffelfäule gekommen. Außerdem war die Importware den Angaben zufolge vergleichsweise schnell verbraucht, dafür aber die Nachfrage im Verarbeitungssektor groß - so stieg der Erzeugerpreis für eine Dezitonne Kartoffeln um 73,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 40 Euro. Fast die Hälfte aller deutschen Kartoffeln wächst in Niedersachsen.

Auch die Öko-Betriebe habe die verregnete Ernte getroffen, sagte Schwetje. Der überwiegende Teil des Öko-Wintergetreides sei nur als Viehfutter zu verwenden. Ohnehin habe die hohe Inflation den Bio-Boom vorerst abgebremst. Profitiert vom Wetter hätten Öko-Mais, -Zuckerrüben und -Sonnenblumen.

Um auf die Unsicherheiten des Marktes und auf die Folgen des Klimawandels zu reagieren, müssten die Betriebe auf möglichst große Vielfalt der angebauten Nutzpflanzen und damit Risikostreuung setzen, mahnte Schwetje. „So werden dieses Jahr voraussichtlich all jene Höfe mit einem blauen Auge davonkommen, die neben Getreide zum Beispiel Zuckerrüben und Mais angebaut haben.“ Noch eine Nische sei der Anbau von Quinoa, Amaranth oder Kichererbsen.

Nach Angaben von Nora Kretzschmar, Naturschutzexpertin der Kammer, gibt es in mehreren Regionen des Landes Projekte für den Artenschutz - im Landkreis Wolfenbüttel etwa ein Programm zum Schutz des Feldhamsters. Dabei ernteten die Landwirte ihr Getreide mit hochgestelltem Mähwerk unterhalb der Ähren. Die längeren Stoppeln und restlichen Getreidekörner bieten Schutz und Nahrung für die Tiere.

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