Hunde brauchen Auslauf. Zumindest unter Hundehaltern dürfte dies unbestritten sein. Ohne Leine ist das nicht überall zu jeder Zeit möglich. In Niedersachsen gilt eine Anleinpflicht in der freien Landschaft während der Brut- und Setzzeit vom 1. April bis zum 15. Juli. Darüber hinaus regeln die Städte und Gemeinden, wo sie frei laufende Hunde dulden. In Lauenbrück bietet der Verein Hundefreunde Lauenbrück eine Alternative zum Gassigehen an der Leine. Eine Freilauffläche mit viel Platz und mit vielen Möglichkeiten.

Zwei Hunde laufen über eine Wiese.

In Lauenbrück betreibt ein Verein eine Hundefreilauffläche. Für die beiden Rüden Hermann und Rick eine willkommene Ergänzung zum Gassigehen an der Leine. Foto: Saskia Harscher

Pola bleibt lieber auf Abstand. Rennen und toben ist für die alte Hundedame nichts mehr. Ein Stück weiter hinten, links neben dem kleinen Wäldchen, geht es derweil zur Sache. Hermann versucht, Rick zu fangen. Oder ist es andersherum? Die beiden Rüden flitzen mal nach rechts, mal nach links und mehrmals um den bauchigen Strauch mitten auf der Wiese.

Dann plötzlich: ein kurzer Ruf, die Rüden stoppen, spitzen die Ohren und blicken Katrin Wulf an. Die Hundehalterin signalisiert den Vierbeinern, dass es nun in den Wald geht. Flugs setzen sich die beiden wieder in Bewegung und rennen zu dem Menschen, der jetzt schnurstracks auf die Bäume zusteuert. Auch Pola wird dabei sein. Zumindest wirkt es so, denn nun trottet auch die schwarz-braune Mischlingshündin auf die Gruppe zu.

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Wir sind zu Besuch auf der Hundefreilauffläche in Lauenbrück. Nach Angaben der Verantwortlichen die erste ihrer Art in der Umgebung. Dort dürfen Hunde das ganze Jahr über ohne Leine laufen. Betrieben wird die Freilauffläche vom Verein Hundefreunde Lauenbrück.

12.000 Quadratmeter groß ist das Gelände. Ein weitläufiger Spaß für Mensch und Tier, lassen Verein und Besucher durchblicken.

Ein geschützter Spaß. Ein hoher Zaun umgibt die gesamte Freilauffläche. So ist sichergestellt, dass kein Hund ausbüxen kann. Rein kommt auch niemand.

Denn mindestens ebenso wichtig ist es den Hundefreunden, dass von außen kein Wild auf die Fläche und somit in Gefahr kommt. „Hunde haben einen Jagdinstinkt“, sagt Katrin Wulf die Vereinsvorsitzende. Ein fest abgegrenzter Bereich sei deshalb Voraussetzung, damit die Hunde dort frei laufen können.

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Drei Vier- und mehrere Zweibeiner spazieren jetzt durch das kleine Wäldchen, das zur Freilauffläche gehört. Weicher Waldboden unter den Pfoten, kurz hier schnuppern und dort einmal schauen. Viele Sinneseindrücke beschäftigen die Hunde. Der Aufenthalt dort ist für die Tiere viel mehr als ein Laufen ohne Band am Hals. Sie können das Gelände mit allen Sinnen erkunden und Sozialkontakte mit Artgenossen pflegen. Außerdem tut es auch der Bindung zwischen Mensch und Tier gut. „Wir machen etwas gemeinsam mit unseren Hunden“, sagt Katrin Wulf.

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Großzügige Bereiche, oft ganze Wälder, in denen Hunde ohne Leine laufen dürfen, die Lauenbrückerin kennt das aus Dänemark. Dort haben Hundewälder, sogenannte Hundeskove, bereits eine lange Tradition. Durch Zäune gesichert, erlauben sie Hunden dort das freie Laufen und schützen gleichermaßen Wildtiere davor, sich in diese Bereiche zu verlaufen. Dieser unbeschwerte, aber gleichzeitig durchdachte und verantwortungsvolle Umgang der Dänen mit Hunden, mit der Natur und mit den Wildtieren gefällt der Vereinsvorsitzenden. Und ein bisschen waren es auch diese Urlaubserlebnisse, die bei der Vereinsvorsitzenden und bei ihren Mitstreitern vor etwas mehr als zehn Jahren den Ausschlag dafür gegeben haben, selbst etwas für Hunde und Menschen auf die Beine zu stellen. In Deutschland gibt es für Hundehalter viele Regeln. Die meisten Vorgaben sind Verbote. Für die Hundefreunde Lauenbrück ist es keine Frage: Es gibt viele verschiedene Bedürfnisse und Natur- und Wildschutz sind wichtig, aber: „Verbote ohne Alternative, das geht nicht“, sagt Katrin Wulf. Und genau daran mangelt es auch im Landkreis Rotenburg: an Alternativen zum Gassigehen an der Leine. Die Hundefreunde schließen diese Lücke.

Die Hunde toben sich ohne Leine aus.

Die Hunde toben sich ohne Leine aus. Foto: Saskia Harscher

Klare Kommunikation baut Ängste ab

Dass es bis dahin ein langer Weg war und der Verein bis heute um Unterstützung kämpft, erfahren wir am Tisch von Almut und Arthur Intemann. Unterstützer und tragende Säulen des Vereins seit der ersten Stunde. Sprechen, erklären, argumentieren. Das wollen wir machen und darum. In der Region hat niemand Erfahrung mit solch einer Freilauffläche. Brauchen Hunde so etwas wirklich? Reicht nicht auch ein Garten? Das sind Fragen, die die Initiatoren zu hören bekommen. Doch sie geben nicht auf. Sie veranstalten ein erstes öffentliches Treffen und merken: Es gibt viele Menschen, die sich für unsere Idee interessieren. Und sie merken auch: Wenn wir offen und klar kommunizieren, was wir wollen, dann bauen wir Ängste bei Jägern, Anwohnern und auch bei den politischen Entscheidern ab. Eine Pferdewiese wird schließlich ihr Ort für freie Hunde. Nach vielen Jahren und zahlreichen Anträgen. Geld gibt es nur durch Mitgliedsbeiträge und durch mitunter großzügige Spenden. Dabei sollten auch die Kommunen, die Hundesteuern kassieren, einen Beitrag leisten, finden die Hundefreunde. Schließlich erfülle der gemeinnützige Verein durch sein Angebot quasi eine kommunale Aufgabe. In kleinen Schritten setze sich diese Erkenntnis bei einigen politischen Entscheidern mittlerweile durch. Was die Hundefreunde gelernt haben? Beharrlich zu bleiben. Nicht aufzugeben und dabei immer gesprächsbereit zu bleiben. Sie sind gern bereit, ihr Wissen zu teilen. Jeder, der so etwas plant, könne sich bei ihnen Rat holen. Denn ihr Wunsch ist es, dass möglichst viele freie Orte für Hunde entstehen. Vielleicht irgendwann sogar solche wie in Dänemark.

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Die Hundefreilauffläche Lauenbrück bietet eine Menge Platz

Die Hundefreilauffläche Lauenbrück bietet eine Menge Platz Foto: Saskia Harscher

Saskia Harscher

Reporterin

Saskia Harscher ist im Landkreis Rotenburg aufgewachsen. In Bremen hat sie Politikwissenschaften studiert. Sie arbeitet seit 2019 in der Redaktion der ZEVENER ZEITUNG. Dort ist sie stellvertretende Leiterin und zuständig für die Berichterstattung aus der Samtgemeinde Tarmstedt.

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