Moin

Wie ein bunter Stolperstein die Leichtigkeit des Seins in triste Straßen zaubert

Wie die graue Stadt am grauen Deich mich wieder mal überrascht, Motto „Bremerhaven bleibt bunt“: Selbst ins graue Pflaster finden Regenbögen ihren Weg.

NZ-Redakteurin Susanne Schwan

Tut weh, über Steine zu stolpern. Wenn die Füße die schiefen Kanten nicht gesehen haben. „Kind, guck wo du hintrittst, schlurf nicht, heb die Füße...“ - die hab ich verinnerlicht, die uralten elterlichen Predigten. Eigentlich. Manchmal stolpere ich aber. Sogar gern - wenn die Stolpersteine klein, quadratisch, messing-golden und mit Namen geprägt sind. Namen der Menschen, die Opfer der Nazis geworden sind. Auch Bremerhaven ist Gott sei Dank gespickt mit diesen Mahnmalen aus der Werkstatt Gunter Demnigs, mehr als 140 Messingplättchen für ermordete Mitbürger blinken schon im grauen Boden. Gestern bin ich über einen anderen Stein gestolpert. Der leuchtet auch im abgewetzten Pflaster. Er ist nicht aus Messing, sondern Keramik. Aus bunten Splittern gepuzzelt, lächelt mich am grauen Tag zwischen grauen Stromverteilerkästen und grauem Basaltboden ein rund 60x30 Zentimeter kleines Mosaik an. Weil - „ja, Mama!“ - ich gucke, wo ich hintrete, ist es mir beim Termin am Waldemar-Becké-Platz am Gehwegrand ins Auge gesprungen. Ich jauchze, geh in die Hocke und seh mir an, was ein mitdenkender, freundlicher, heiter beseelter, fantasievoller Mitmensch - vielleicht einer aus den großen Wohnblocks - irgendwann mal der Tristesse ringsum entgegengesetzt hat. Eine Möwe - mit blauen Schwingen! - schwebt über Wiesen und rote Backsteinhäuser hinweg zu einem Regenbogen hinauf. Wunderschön! Axel Hacke fällt mir dabei ein: „Die Heiterkeit des Daseins besteht nicht darin, das Schwere zu ignorieren, sondern es in etwas Leichtes zu verwandeln.“

Kleines buntes Mosaik zwischen grauen Pflastersteinen mitten in Bremerhaven: Am Waldemar-Becké-Platz hat wohl irgendwer aus den Wohnhäusern ringsum in den Boden ein leuchtendes Regenbogen-Bild gezaubert.

Kleines buntes Mosaik zwischen grauen Pflastersteinen mitten in der Stadt: Am Waldemar-Becké-Platz hat wohl irgendwer aus den Wohnhäusern ringsum in den Boden ein leuchtendes Regenbogen-Bild gezaubert. Foto: Schwan

Susanne Schwan
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