Leonardo Bittencourt hatte die Bremer in Führung gebracht (70.), doch Willi Orban (87.) und Dominik Szoboszlai (90.+6) drehten die Partie noch für den Favoriten. Zwei Spieltage vor dem Saisonende haben die Grün-Weißen noch fünf Zähler Vorsprung auf den Relegationsplatz, den der FC Schalke 04 belegt. „Für die letzten 15 Minuten fehlen mir die Worte“, sagte Marco Friedl. „Mit dem Abstieg letztes Jahr war es das schlimmste Spiel, was man haben kann“, meinte der Kapitän. Doch genauso wie seine Kollegen und auch Trainer Ole Werner wollte er sich nicht intensiv mit dem Thema Abstiegskampf beschäftigen. Zu sehr bewegte die Bremer diese unglückliche Pleite in Leipzig.
Nur ein Sieg aus den letzten zehn Spielen
Werder hat aus den letzten zehn Spielen nur einen Sieg und zwei Unentschieden geholt, zum zehnten Mal in Folge kassierten die Grün-Weißen zwei Gegentore. „Wir müssen seit gefühlt zwölf Spielen drei Tore schießen, um ein Spiel gewinnen zu können. Das müssen wir dringend besser machen als ganze Mannschaft“, schimpfte Stürmer Marvin Ducksch.
Werder-Trainer Werner hatte erneut umstellen müssen. Zwar stand der unter der Woche pausierende Milos Veljkovic zur Verfügung, dafür fiel Christian Groß kurzfristig mit Knieproblemen aus. Für Groß durfte Ilia Gruev als Sechser ran. Romano Schmid stürmte erneut als Ersatz für Niclas Füllkrug.
Durch die Ergebnisse der Konkurrenz war die Bremer Abstiegsgefahr vor der Partie noch nicht gebannt. Was Werner bei einem Aufsteiger als normal ansieht, aber er gestand auch kurz vor dem Anpfiff bei DAZN: „Wir haben in den letzten Wochen zu wenig Punkte geholt. Dafür gibt es aber Gründe. Man sieht ja auch heute, mit was für einem schmalen Kader wir hier sind.“ Statt der erlaubten 20 Spieler standen Werner nur 18 Profis zur Verfügung.
Werder wird nach der Pause besser
Erst mal ging es Werder darum, das 0:0 zu halten. Die Bremer agierten sehr defensiv, machten dort diszipliniert die Räume eng und gestatteten den Gastgebern dadurch lange Zeit keine Chance. Erst nach 20 Minuten kam Timo Werner nach einem rasanten Spielzug zu einer guten Möglichkeit, zielte aber zu hoch. Kurz darauf scheiterte der durchgebrochene Konrad Laimer an Werder-Keeper Jiri Pavlenka (21.). Grundsätzlich aber verteidigten Niklas Stark und Co. richtig gut. Also griff Szoboszlai in die Trickkiste und zirkelte eine Ecke an den kurzen Pfosten - etwas Glück für Werder (42.).
Nach vorne ging bei den Gästen gar nichts. Vor allem von Ducksch war überhaupt nichts zu sehen. Allerdings schafften es Abwehr und Mittelfeld auch nicht, den Ball mal über ein, zwei Stationen nach vorne zu bringen.
Das sollte sich nach der Pause ändern, Schmid gab mit seinem Schuss, der knapp am Pfosten vorbeirauschte, das Startsignal (55.). Ducksch scheiterte per Direktschuss am stark reagierenden Janis Blaswich (64.). Werder war plötzlich die bessere Mannschaft, rannte dabei aber fast ins Verderben. Denn Christopher Nkunku schloss einen Konter mit dem vermeintlichen 1:0 ab (66.). Doch der Video-Schiedsrichter beendete den Leipziger Jubel. Wegen eines Schubsers von Mohamed Simakan an Bittencourt zählte das Tor nicht. Eine knifflige Entscheidung.
Entscheidendes Gegentor in der Nachspielzeit
Jetzt war richtig Feuer und Hektik im Spiel. Das wusste Werder zu nutzen. Weiser überraschte die RB-Abwehr mit einem langen Einwurf, Jens Stage bediente Bittencourt - der völlig freistehend das 1:0 erzielte (70.). Die Gäste konnten ihr Glück kaum fassen, waren zum Teil aber auch mit ihren Kräften völlig am Ende. So wurde der Leipziger Druck in der Schlussphase einfach zu groß. Hatte Pavlenka gegen Nkunku noch grandios pariert (77.), war er beim Kopfball von Willi Orban zum 1:1 chancenlos (87.). Und es kam noch schlimmer. Nach einem Ballverlust von Niklas Stark an der Außenlinie düpierte Nkunku die Bremer Abwehr und legte Szoboszlai kurz vor dem Ende noch das 2:1 auf (90.+6). Werder war geschockt und muss nun weiter um den Klassenerhalt zittern. (lb)