Bremerhaven

Warum der Keller des Hafens der ideale Schauplatz für einen „Tatort“ wäre

Die Roste, das ist ein 2,5 Kilometer langer Gang hinter der Wellenkammer, dient Forschungszwecken. Vor allem der Korrosionsschutz wird in der „Gruft“ untersucht. Wir begleiten Elektroingenieur Peter Kara in die Unterwelt des Hafens.

Wie ein Spalier von Sumpfzypressen ragen die Pfeiler aus dem Grundwasser unter dem Containerterminal.

Wasserbautechnik anno 1970: Wie ein Spalier von Sumpfzypressen ragen die Pfeiler aus dem Grundwasser unter dem Containerterminal. Foto: Lothar Scheschonka

„Betreten für Unbefugte verboten“, steht auf einem Schild an dem Tor am Südende des Containerterminals. Hier befindet sich der Eingang zur Unterwelt des Containerterminals. Im Keller des Containerterminals endet der Kampf gegen den Rost nie.

Hinter einer schwarzen Stahltür irgendwo im Nirgendwo beginnt der Abstieg in die Unterwelt des Hafens. Normalerweise verirrt sich kaum einer hierher. Für Peter Kara allerdings ist der Weg in die Katakomben des Containerterminals Routine: Der Ingenieur der Hafengesellschaft Bremenports sorgt dafür, dass die Stromkaje nicht verrostet. Er ist der Anti-Korrosions-Beauftragte und schon seit 16 Jahren bei Bremenports. „Ein bis zwei Mal im Monat bin ich hier unten.“

„Rein in die gute Stube“, sagt Kara und schiebt die Stahltür beiseite. Aus der „guten Stube“ kommt einem der feuchte Duft von Rost und Moder entgegen. In der Ferne plätschert Wasser von der Decke. Kara schaltet das Licht ein. Im Schein der Deckenlampen schimmert das Wasser blassgrün. Dutzende Stahlpfähle ragen aus dem Wasser hervor. „Die Stützen des Systems“, sagt Kara. Schnurgerade zieht sich ein Steg bis ans andere Ende der Kammer, 500 Meter lang. Es ist die älteste Kammer von insgesamt fünf.

Der ideale Schauplatz für einen „Tatort“

„Wäre doch der ideale Schauplatz für einen „Tatort“‘, oder?“, fragt Kara und grinst. Anders als im „Tatort“ gibt es hier aber keinen Mörder. Der Übeltäter hier ist ein anderer: der Rost. Außerdem ist in der Unterwelt des Containerterminals der Kampf gegen das Böse nicht nach 90 Minuten beendet, sondern eine Daueraufgabe für Peter Kara und die Wartungstechniker von Bremenports.

Dass der Keller des Containerterminals unter Wasser steht, ist unvermeidlich. „Das Grundwasser musste ja irgendwo hin, als man ihm vor über 50 Jahren den Weg in die Weser mit einer Stahlwand versperrte“, sagt Kara. Am offenen Weserstrom begannen die Ingenieure und Bauarbeiter 1968 damit, eine Kaje aus dem schlammigen Boden zu stampfen - hoch genug, damit keine Sturmflut darüberschlägt; stabil genug, damit Hunderte Tonnen schwere Kräne auf ihr entlangrollen und die neumodischen Containerschiffe daran festmachen können. Weil sich im Schlick des Weserufers jedoch nichts so richtig hält, überbauten die Ingenieure das Ufer einfach: eine Kaje auf Stelzen, unten hohl. Und in diesem Hohlraum sammelt sich nun das Wasser.

Das Zauberwort heißt KKS

Kara sorgt dafür, dass es je nach Bedarf abfließen kann. Rückstauklappen öffnen sich immer, wenn der Weserwasserstand niedriger ist als der Wasserstand in den Kammern, so dass das Grundwasser in die Weser laufen kann. Über Sensoren wird der Wasserstand dauerhaft überwacht. Trotzdem bleibt aber Wasser in dem Hohlraum. Und damit die Gefahr der Korrosion.

Das Zauberwort beim Kampf gegen den Rost heißt KKS: kathodischer Korrosionsschutz. Elektronenflüsse, Opferanoden und galvanische Spannungsreihen sind gängige Begriffe im Alltag von Kara. Aber tatsächlich macht sich jeder Freizeitskipper dieselben Gesetze der Elektrochemie zunutze: Ein paar Zinkklumpen am Rumpf der Yacht verhindern, dass der Propeller rostet - das unedle Metall wird geopfert, damit die teure Bronze makellos bleibt.

Jede Menge Technik in der Unterwelt

Unter der Stromkaje werden die Zinkanoden im Wasser mittlerweile aber nicht mehr gebraucht. „Für die rund zwei Kilometer Kaje des CTI und II hingen hier ungefähr 3.000 Anoden“, erklärt Kara. Die müssten aber alle fünf bis sechs Jahre erneuert werden. „Das ist sehr aufwendig.“

Statt der Anoden ist nun jede Menge Technik in die Unterwelt des Containerterminals eingezogen. Die zum Schutz der Stahlplanken und -pfeiler nötigen Elektronen werden über sogenannte Fremdstrom-Anoden direkt ins Wasser eingeleitet - computergesteuert und -überwacht.

Die Kaje steht sozusagen ständig unter Strom. „Man stirbt aber nicht, wenn man reinfällt“, versichert Kara. Gerade einmal zehn bis zwölf Volt liegen an den Anoden an. In 18 Bohrlöchern im Keller des Terminals haben Kara und seine Leute Tiefenanoden versenkt, gut 150 Meter weit unten in der Erde. Von dort soll das Potenzialfeld die gesamte Kajenkonstruktion schützen.

Nach ungefähr zwei Kilometern endet der Hohlraum unter dem Containerterminal, der in insgesamt fünf Kammern aufgeteilt ist. Die nördlichen Bauabschnitte der Stromkaje - CT III und CT 4 - wurden ab Mitte der 90er Jahre nach einem anderen Konstruktionsprinzip gebaut: Mit Pumpen und einem aktiven Entwässerungssystem, so dass man auf den Grundwassersumpf unter der Kaje verzichten konnte. „Das war deutlich günstiger und zu der Zeit auch technisch machbar“, sagt Kara.

Peter Kara, Ingenieur der Hafengesellschaft Bremenports, sorgt dafür, dass die Stromkaje nicht verrostet.

Peter Kara, Ingenieur der Hafengesellschaft Bremenports, ist der Herr der „Gruft“. Foto: Lothar Scheschonka

Wasser blasgrün

Im Schein der Deckenlampen schimmert das Wasser blassgrün. Foto: Lothar Scheschonka

Eimer

Im Keller des Containerterminals endet der Kampf gegen den Rost nie - an diesem Eimer ist das deutlich zu sehen. Foto: Lothar Scheschonka

Warnschild: Starkstrom Hauptverteilung

Die Kaje steht sozusagen ständig unter Strom. Aber keine Angst, die Fremdstrom-Anoden, die im Wasser sind, werden nur mit 10 bis 12 Volt Spannung versorgt. Foto: Lothar Scheschonka

Am Südende des Containerterminals befindet sich der Eingang zur Unterwelt des Containerterminals.

So sieht es über der „Gruft“ aus. Das stehen die Containerbrücken in Reih und Glied. Foto: Lothar Scheschonka

Eingang

Betreteten verboten: Das gilt nicht für Peter Kara. Für den Ingenieur ist der Weg in die Katakomben des Containerterminals Routine:. Foto: Lothar Scheschonka

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