Am Wahlabend möchte man am liebsten mit einem endgültigen Wahlergebnis ins Bett gehen. Das ist im Land Bremen nicht möglich. Und man weiß es schon vorher, das Auszählen wird mindestens drei Tage dauern. Erst die Bürgerschaftswahl, dann erst die Stadtverordnetenwahl. Für das Bremerhavener Kommunalparlament gibt es wohl erst am Mittwoch ein endgültiges Ergebnis. Bis dahin muss man sich mit Prognosen sowie nach und nach ausgezählten Wahlbezirken begnügen. Sollte man nicht über eine Reform nachdenken? Die letzte ist aber noch gar nicht so lange her. Am 22. Mai 2011 wurde die Bremische Bürgerschaft zum ersten Mal nach einem neuen Wahlrecht gewählt. Dem neuen Recht ging eine mehrjährige politische Auseinandersetzung voraus, in der um eine grundlegende Reform des alten Einstimmenwahlrechts mit starrer Liste gerungen wurde. Den Anstoß gab eine von dem „Verein Mehr Demokratie“ initiierte Volksbefragung.
Es hat damit nach Einschätzung des Politologen Prof. Dr. Lothar Probst die höchste Legitimität. „Insofern ist es zwar verständlich, dass viele mit dem späten Ergebnis nicht glücklich sind, aber dann müssten diejenigen ein neues Volksbegehren zur Abschaffung des Wahlsystems starten. Die Bürgerschaft kann nicht einfach ein anderes Wahlsystem beschließen“, erläutert der emeritierte Professor der Universität Bremen.
Früher kam es schon mal vor, dass eine Partei eigene Kandidaten mit schlechten Listenplätzen abstrafte. Das gibt es auch heute noch, aber die können sich - vereinfacht gesagt - durch Personenstimmen „nach vorne kämpfen“. Möglich macht es das Panaschieren und Kumulieren - also das Verteilen der jeweils fünf Stimmen auf Parteien und Einzelpersonen. Die Bremerhavener haben also vielleicht eine Vorstellung davon, wo die Reise hingeht, genau wissen sie es aber erst in ein paar Tagen. Träumen erlaubt, bei dem einen oder anderen werden es verzweifelte sein.