„Schauen Sie selbst, viel ist nicht mehr da“, erzählt mir die Dame in dem kleinen Zeitschriftenladen und zeigt auf fast leere Regale. „Wir schließen“, sagt sie. Sehr bald schon. Noch in diesem Monat wird das Geschäft zwischen Bäckerfiliale und Eiscafé Geschichte sein.
Wieder ein Laden, der verschwindet, denke ich. Dabei ist es fast egal, in welcher Stadt man sich umschaut: Überall bleiben Ladentüren dicht. Es trifft die Kleinen und die Großen. Es ist ein beklemmendes Gefühl.
Schon immer seien sie dort gewesen, erzählt mir die Verkäuferin und reißt mich damit aus meinen Gedanken. Jeden Tag von morgens halb acht bis abends um sechs. Der Bäcker nebenan schließe bereits mittags. „Personalmangel“, sagt sie und zuckt mit den Schultern. „Wir nehmen uns Zeit, hören zu.“
Die Kunden sind treu, viele kommen jeden Tag. Viel kaufen sie nicht, nur so viel, dass sie am nächsten Tag einen Grund haben, um wiederzukommen.
Ob sie denn wisse, wie es für sie weitergehe, frage ich sie. „Vom Alter her müsste ich doch schon längst nicht mehr arbeiten, erzählt sie und lacht kurz. Aber das hier, der Laden, die Kollegen, die Kunden, das sei doch für sie viel mehr. Das sei Familie. Jetzt lacht sie nicht mehr.
Eigentlich müsste ich weiter, ein Termin. Aber ich bleibe. Weil ich spüre, dass diese Dame, die sonst zuhört, jetzt jemanden braucht, der ihr zuhört.
Sie erzählt mir davon, wie es früher dort war, lange bevor es die Straßenbahn gab, dass sie aufhören müssen, bevor jemand anders darüber entscheidet, und darüber, was den Menschen fehlen wird, wenn sie weg sind: ein Treffpunkt.
„Ich wünsche Ihnen alles Gute“, sage ich ihr zum Abschied. „Bis zum nächsten Mal“, ruft sie mir nach. „Ach, das geht ja nicht“ schiebt sie rasch nach, „leben Sie wohl!“