Moin

Manch gute Story wird am Ende doch nicht geschrieben

Nach 37 Jahren ist Schluss - unser Autor verabschiedet sich und stellt fest: Er hatte nicht immer Erfolg.

Wer kann schon von sich behaupten, sein Reporterleben lang erfolgreich gewesen zu sein? Ich nicht, schon gar nicht nach 37 Jahren im Beruf. Ein Fischhändler erstattete einst Anzeige, weil er meinen Bericht über ihn beleidigend fand. Geschenkt - der Bursche war selbst ein Haudrauf.

Auch die Kripo bestellte mich einst zum Verhör, weil sich Kurden und Türken gekloppt hatten und der Journalist tatsächlich schneller davon erfahren hatte als die Polizei. Da muss man mal nachfragen, das verstehe ich.

Aber eine Hand voll Lehrer trachtete mir gar nach meinem Leben - weil sie allen Ernstes täglich eine Stunde ihrer Freizeit als Arbeitszeit anerkannt bekommen wollten, da sie doch da über den nächsten Schultag und ihren Unterricht nachdächten. Meinen Spott darüber konnten sie nicht ertragen und initiierten tatsächlich einen Telefonterror.

Es gibt zu viele Storys, die am Ende nicht geschrieben wurden. Etwa die von dem Geschäftsmann, der einen Puff betrieb und gerne damit warb, von führenden Sexführern empfohlen zu werden. Der junge Reporter wurde losgeschickt, sich das doch bitte mal genauer erklären zu lassen. Das, was der Barmann zu berichten wusste, war durchaus beeindruckend, übersteigt aber bei Weitem auch heute noch das sprachliche Vermögen, all das so aufzuschreiben, dass Anstand und Moral nicht auf der Strecke bleiben.

Ein Fallschirmsprung aus 2000 Metern Höhe hinab auf Bremerhaven stand ganz am Anfang meiner Karriere, zu Ende geht sie mit dem Geständnis eines Mörders. Dann ist Schluss.

Dazwischen lag auch ein Spaziergang auf dem Hafengrund, Auftritte in Fernsehshows samt Gesangeinlagen, viel Fisch und noch mehr Kreuzfahrtschiffe und unendlich viele Berichte von den „Menschen nebenan“, Morde und Unfälle, Unterhaltendes wie Berührendes, Inspirierendes wie Tiefgründiges und: mehr als 300 Kolumnen, die „Moin“ überschrieben sind.

Mitunter war das die größte Herausforderung - Sie gut zu unterhalten, aufs Neueste zu informieren oder – schlimmstenfalls – zu langweilen.

Jetzt ist es genug. Es war mir eine Ehre. Tschüss.

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Thorsten Brockmann
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