Moin

Horrende Zusatzbeiträge bei den Kassen. Soll ich wechseln - oder lass ich’s sein

MOIN heißt die tägliche Kolumne in der NORDSEE-ZEITUNG. Dieses Mal geht es um die Zusatzbeiträge der Krankenkassen. Wechseln und Hunderte Euro sparen?

Fast alle gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland haben zum Jahreswechsel die Beiträge erhöht. Demnach hoben 82 der 94 Kassen diesen Beitrag um durchschnittlich gut einen Prozentpunkt auf im Schnitt 2,91 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens an.

Der Wert liegt damit deutlich über dem im November festgesetzten amtlichen Orientierungswert von 2,5 Prozent. Der wird von einem Schätzkreis ermittelt. So könnten Kassen ihre Ausgaben decken. Jede Krankenkasse kann aber für sich entscheiden, ob und wie stark sie den Zusatzbeitrag anhebt.

Meine aktuelle war mir mehr als 20 Jahre treu und ich ihr - bis jetzt. Sie erhebt einen Zusatzbeitrag von 3,89 Prozent, im Vorjahr waren es noch 1,49 Prozent. Offenbar der höchste Sprung aller bundesweit geöffneten Krankenkassen.

Ein Kollege hatte uns 2002 zu einem Wechsel animiert. Sage und schreibe 355 gesetzliche Krankenkassen buhlten damals um die Kundschaft, 1992 waren es sogar unfassbare 1200. Der Zusatzbeitrag kommt zum feststehenden und für alle gültigen Krankenkassenbeitragssatz von 14,6 Prozent hinzu und wurde 2015 eingeführt, um Wettbewerb zwischen den Kassen zu fördern. In dem Jahr waren es nur noch 124 Kassen.

Nicht zu vergleichen mit 2002. Viele hatte das Wechselfieber gepackt. Auch mich, der sonst in der Beziehung sehr träge ist. Meinem Strom- und Gasanbieter halte ich auch seit Jahrzehnten die Treue. Kurz vor Weihnachten war es auch da fast so weit, aber im Dschungel mit Neukunden- und Sofortboni verlässt mich regelmäßig der Mut und die Sorge, mich trotz Check24 & Co. im Gestrüpp der Angebote zu verheddern.

Mehr Wettbewerb? Heute sind es, wie gesagt, noch 94 Krankenkassen. Der Wettbewerb scheint vielen nicht zu bekommen. Erhöht eine Krankenkasse übrigens den Zusatzbeitrag, haben Versicherte ein Sonderkündigungsrecht und können zu einem günstigeren Anbieter wechseln. Bis zum 31. Januar kann ich also noch umsatteln. Bedeutet drei Wochen lang kognitive Dissonanzen. Oder wie es Fettes Brot schon 1996 sang: (Ja, ja, oder nein?) - Soll ich′s wirklich machen oder lass ich‘s lieber sein? - Jein - (Ja, ja, oder nein?) - Soll ich‘s wirklich machen oder lass ich′s lieber sein? Wahrscheinlich ging es gar nicht darum, ob der Mann bei seiner treuen Freundin bleibt oder einer neuen Frau nachläuft, sondern um Krankenkassen. Damals waren es 644. Aber das nur nebenbei erzählt.

Christian Döscher

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