Wenn ich mal die hinterlistige Attacke dieser Biester kurz vergesse, und das Brennen und Jucken in 7856 Quaddeln, bleibt unterm Strich: ein sonnensatter, traumhafter Tag. Spaziergang bei Ebbe und bei Flut an der Wremer und Sahlenburger Wasserkante. Spätsommerhochgenuss. Freie Zeit. Dankbarkeit. Und inständiges Hoffen, dass die Menschen drüben im Osten und im Süden in den Katastrophengebieten Hilfe bekommen, dass sie Kraft haben, alles durchstehen. Daran denke ich, als die Biester mich und meine Freunde in Hundertschaften am Strand überfallen, keinen Fitzel Haut übersehen. Flucht. Verschnaufen auf dem Bänkchen. Da sitzen zwei ältere Herren beim Plaudern. Der eine rückt für uns. Er ist Mitte 80 und Brandenburger, sagt er. „Aber ich komme seit den 60er Jahren jeden Sommer ein paar Wochen hierher. Seit der Sturmflut 1962.“ 16. Februar, nachts. „Ich war bei der Bundeswehr, bei den Fliegern. Lag im Bett, als der Einsatzbefehl kam. Mit Helis sind wir nach Hamburg und weiter die Elbe rauf, da hingen überall die Menschen in den Fenstern, auf dem Dach. Wir haben uns abgeseilt und Stunde für Stunde zig Leute rauf gezogen. Hab ich eine bleibende Erinnerung dran...“ Er lüpft das Hosenbein: eine riesige Narbe überm Knie. „Aufgerissen, bin am Dach an was hängengeblieben, Antenne oder so. Aber danach bin ich jedes Jahr zurück nach Hamburg und ins Cuxland. Es zieht mich einfach her. Und ich muss so daran denken jetzt bei der Katastrophe im Osten.“ Dankbar ist er, sagt er, „dass ich damals helfen konnte, ein paar Leben zu retten.“ Dankbar bin ich - auf der Flucht nur vor Mücken -, dem Mann begegnet zu sein.
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