Moin

Der Fluss, der Rost, der Ginster, mein Herz und ein furchterregender Mops

Warum eine struppige Brache mit Rost, Ruinen und rauen Kerlen ein romantischer Lieblingsplatz für mich ist. Und wie ein Mops mich dort entlarvt.

NZ-Redakteurin Susanne Schwan

Faszinierend schön, so eine Ladung Rost. Im Mix mit Stahlblau und Goldgelb hat dieses Rotbraun enorme Strahlkraft. Wie das ganze Gelände da unten, vier Fuß-Minuten hinter meinem Haus. „Lehe-Backstage“: krasser Ort von aufgeschürfter morbider Intensität, mitten in der Idylle wilder, lebensgieriger Natur. Kommt mir vor wie eine Sollbruchstelle der Stadt: Gleich hinter der Hafenstraße stehst du jäh mit einem Fuß im Fluss, mit dem anderen in Ruinen. Wo die Geeste in Schlingerkurven mäandert und bei Ebbe speckige graubraune Schlamm-Wülste hinterlässt, blüht es zart darüber hin. Genau hier, an der Geestepromenade, sollten sich jetzt neue Wohnhäuser ans Ufer schmiegen, die Reste der Kistner-Tonnendachhalle wären im Ausbau zum Kulturtreff... hätte, wäre, könnte, würde... Nun sprießen statt Neubauten aus struppiger Kistner-Brache Mohn und Klee und: Ginster! Mannshohe, honiggoldene Blüten überwuchern den Rest eines Werktor-Fragments. Innen sind sie rot getupft - als blute sich der Rost des Tors ins Ginster-Herz. Malen möchte ich können. Auch diese skurrilen Typen, die am Ufer hocken, wie übrig aus der Nacht, und mir zunicken. Der eine ruft: „He! Susi!“ Ich erstarre. Ende mit Still-Leben. „So weit sind wir aber noch nicht“, will ich zurückrufen - da schnüffelt eine runde Hundeschnauze an meinem Fuß. Kulleraugenblick. „Wer bist denn du?“, geh ich in die Knie. Der Typ: „Susi is’n Mops. Ganz ’ne Liebe, brauchste keine Angst haben.“ Wenn der wüsste. Susis können furchterregend sein. Und sei es - vor Romantik.

Auf dem alten Bremerhavener Werft- und Fabrikgelände an der Geeste wuchert statt geplanter Neubauten goldgelber Ginster über ein verrostetes altes Werkstor.

Blühende Brache: Zwischen der Kistner-Ruine, der Geeste und dem neuen Uferpromenaden-Teilstück sprießt es im Mai und Juni idyllisch. Ein Stück herber Ex-Werft-Romantik mitten in der Großstadt. Foto: Schwan

Susanne Schwan
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