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Beim TSV Bederkesa fliegen auch nach über 50 Jahren noch die Fäuste

Faustball führt hierzulande ein Schattendasein, obwohl Deutschland gerade zum vierten Mal in Folge Weltmeister wurde. Es gibt aber auch in unserer Region Männer, nämlich in Bad Bederkesa, die sich in dem Turnspiel mit Titeln schmücken können.

Faustballer vom TSV Bederkesa

Eine eingeschworene Gemeinschaft - nicht nur auf dem Feld: Die Faustballer vom TSV Bederkesa. Foto: Fincke

Jüngster Vereinserfolg ist, dass die offene Mannschaft die diesjährige Feldsaison als Tabellenerster in der Bezirksliga Lüneburg Nordwest abgeschlossen hat. Als größter Erfolg der vergangenen Zeit zählt der Gewinn der deutschen Vizemeisterschaft (Altersklasse M60) vor einem Jahr. Die Männer mussten sich nur dem hohen Favoriten aus Leverkusen geschlagen geben. „In diesem Jahr wurde leider keine deutsche Seniorenmeisterschaft ausgerichtet“, sagt Abteilungsleiter Hauke Imken.

Deswegen richtet sich der Blick jetzt erst einmal auf die im November beginnende Hallensaison. Momentan trainieren rund 15 Männer im Alter von Mitte 30 bis Ende 70 einmal in der Woche Angriff, Zuspiel und Abwehr. Kevin von den Driesch gehört mit seinen 34 Jahren mit Abstand zu den jüngsten Spielern beim TSV Bederkesa und ist seit gut fünf Jahren dabei. „Es ist ein wirklich anstrengender Sport“, erzählt der junge Mann.

Alter spielt in puncto Ehrgeiz keine Rolle

Faustball ist ein Rückschlagspiel, bei dem sich zwei Mannschaften - jeweils bestehend aus fünf Spielern - gegenüber stehen. Sie sind durch eine zwei Meter hohe Leine getrennt. Ziel ist es, die Angriffsbälle abzuwehren und unerreichbar in das andere Halbfeld zurückzuspielen. Kevin von den Driesch spielt meist auf der Position des Schlagmanns. „Mir macht es Spaß, selbst zu punkten“, nennt er den Grund dafür.

Im Gegensatz zum Volleyball darf im Faustball der Ball nur mit einem Arm gespielt werden. Zudem darf der Ball pro Spieler, wie im Tennis, einmal auf dem Boden aufspringen. Pro Team sind drei Ballberührungen erlaubt, wobei kein Spieler zwei Ballberührungen vornehmen darf.

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„Faustball kann man bis ins hohe Alter spielen“

Helmut Klie, 79 Jahre

Dass seine Teamkameraden zum Teil doppelt so alt sind wie er, empfindet Kevin von den Driesch nicht als sportliche Bremse, sondern als Bereicherung. „Alle sind ehrgeizig und nehmen selbst das Training sehr ernst. Trotzdem herrscht ein guter Teamgeist, und der Spaß kommt nicht zu kurz“, erzählt er.

Aussagen, die alte Faustball-Hasen um Helmut Klie gerne hören. Der pensionierte Lehrer hat diese Sparte des Vereins 1967 gegründet und seitdem viel Zeit und Herzblut investiert. „Unsere Blütezeit war in den 1980er Jahren“, erinnert er sich. „1983 und 1984 hatten wir neun Mannschaften im Punktspielbetrieb“, sagt der 79-Jährige. Von Jugend- über Damen- und Herrenmannschaften bis zu den Oldies sei bis vor rund 20 Jahren alles dabei gewesen, wovon einige Teams es bis in die Verbandsliga und zu Teilnahmen an norddeutschen und deutschen Meisterschaften gebracht haben. Heute vertritt nur noch eine Männermannschaft den TSV Bederkesa.

Koordination, Reaktionsschnelligkeit und Taktikverständnis

Von den guten alten Zeiten kann der Verein - wie die meisten Clubs deutschlandweit - derzeit nur noch träumen, interessiert sich der Nachwuchs momentan eher für große Ballsportarten wie Fußball, Handball und Basketball. Die aktuelle Zahl der Faustballvereine beträgt Schätzungen zufolge eben über 1.000 (Zum Vergleich: Fußballvereine soll es über 24.000 geben). Dabei sei Faustball ein technisch anspruchsvoller und spannender Sport. „Koordination, Reaktionsschnelligkeit und Taktikverständnis gehören auf jeden Fall mit dazu“, sagt Helmut Klie. Und das Beste daran: „Faustball kann man bis ins hohe Alter spielen“, fügt der Senior lächelnd hinzu.

Faustballer Kevin von den Driesch

Schlagmann ist die Lieblingsposition von Faustballer Kevin von den Driesch. Foto: Fincke

Wobei gerade betagtere Spieler auch schneller mal aus der Puste kommen, schließlich hat das Rasenspielfeld im Freien eine Ausdehnung von 50 mal 20 Metern. Im Winter in der Halle wird das Handballfeld genutzt.

Neben ihrer Liebe zum Faustball haben die Männer aus Bad Bederkesa eine weitere Gemeinsamkeit. „Wir sind alle durchs Helmuts Schule gegangen“, erzählt Abteilungsleiter Hauke Imken schmunzelnd. Frank Düwel kann sich noch genau daran erinnern, wie er sich 1973 als Jugendlicher nach dem allerersten Versuch im Faustball gefühlt hat. „Wir haben noch auf Schlacke trainiert und zu Hause beim Abendbrot hat meine Hand von der Anstrengung so gezittert, dass ich kaum meine Tasse Tee ruhig halten konnte“, erzählt der Ü60-Spieler lachend. Der Spielball sei nicht nur schwerer, sondern auch härter als ein Volleyball. „Daran muss man sich erst einmal gewöhnen“, fügt Frank Düwel hinzu. Schnell anfreunden konnte er sich hingegen mit dem Zusammenhalt innerhalb der Mannschaft. „Das ist über die vielen Jahre bis heute so geblieben“, freut er sich.

Jubiläumsspiel am 17. September

Am Sonntag, 17. September, 10 Uhr, laden die Faustballer zu einem besonderen Jubiläumsspiel. Der TSV Bederkesa freut sich, sein 125-jähriges Bestehen aufgrund von Corona mit zweieinhalb Jahren Verzögerung feiern zu können. Aus 125 Jahren sind so kurzerhand 127,5 Jahre geworden. Auf dem Sportplatz an der Seminarstraße wird zum Ende der festlichen Sportwoche ein Spiel gegen ein Team vom TSV Abbenseth zu sehen sein - jahrzehntelange Faustballerfahrung garantiert.

Michelle Fincke

Reporterin

Michelle Fincke, geboren und aufgewachsen in Bremerhaven, ist seit 2022 Sportredakteurin bei der NORDSEE-ZEITUNG. Nach dem Studium der Sozialpädagogik in Bremen und anschließendem Volontariat bei der NZ arbeitete sie viele Jahre beim Sonntagsjournal.

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