Loxstedt

Hoch hinaus: So ist der Blick von der Turmspitze in Loxstedt

Die Loxstedter wissen immer was ihnen die Stunde geschlagen hat. Dafür sorgt die Uhrschlagglocke der Turmuhr, die etwas versteckt in luftiger Höhe im Kirchturm der evangelisch-lutherischen Sankt-Marien-Kirche hängt. Unser Autor hat sie gesehen.

Der Turm.

Etwas versteckt hängt über dem Zifferblatt der Uhr in der Spitze des Turms der Sankt-Marien-Kirche in Loxstedt eine uralte Uhrschlagglocke. Läutegerätemonteur Jürgen Eichenberger hat sie inspiziert und keine Schäden gefunden. Foto: Rolf Schmonsees

Seit vielen Jahrzehnten signalisiert diese Glocke, an 365 Tagen im Jahr, weithin hörbar die Zeit, läutet frohe und traurige Stunden ein, ist oftmals das Letzte, was die Leute nachts vor dem Einschlafen und das Erste nach dem Erwachen am nächsten Morgen hören. Ganze Generationen sind mit ihrem Klang aufgewachsen.

Über enge Stiegen muss man klettern, um die Uhrschlagglocke in der Spitze des Kirchturms zu erreichen. Als Himmelsleiter bezeichnen einige Loxstedter passend diesen Aufstieg. Etwa auf halber Höhe erreicht der emporstrebende Besucher die großen Kirchenglocken, die an einem gewaltigen Holzgestell im Kirchturm hängen. Über verwinkelt aufgestellte Leitern und wackelige Holzbohlen kommt man von dort aus weiter in Richtung Turmspitze, absolute Schwindelfreiheit vorausgesetzt.

Beeindruckende Bauweise

Beeindruckend fällt die Balkenkonstruktion des Kirchturms ins Auge. Es ist faszinierend zu sehen, wie die Handwerker in alter Zeit es mit ihren aus heutiger Sicht primitiven Möglichkeiten geschafft haben so etwas zu bauen. Klopft man an einen der dicken Holzbalken merkt man, dass sie noch genau so stabil wie vor hundert Jahren sind. Oben, unmittelbar unter dem Turmhahn, ist es eng und dunkel. Der Besucher der Uhrschlagglocke, ein Fachmann für Kirchturmuhren, öffnet einige Klappen und macht damit die Sicht frei auf einen atemberaubenden Blick über Loxstedt, wie ihn wohl erst wenige genossen haben dürften. Die Uhrschlagglocke hängt zur Hälfte im und zur anderen Hälfte aus dem Kirchturm heraus. Nach einer eingehenden Untersuchung steht fest, dass die Glocke völlig in Ordnung ist. „Sie muss lediglich neu aufgehangen und ein neues Kronholz eingebaut werden“, lautet die Diagnose des Fachmannes. Das Kronholz, so erklärt er, sitzt zwischen dem Hängebalken und der Glocke und hat die Aufgabe, die Schwingungen zu dämpfen, damit die Glocke „sauber“ klingt.

Die Uhr hat viele Talente

Was sich so einfach anhört, ist aber in der Enge der Kirchturmspitze viel komplizierter und viele Male musste Jürgen Eichenberger, so heißt der Fachmann, den Weg vom Erdboden bis zur Glocke und umgekehrt zurücklegen, bis er schließlich den erfolgreichen Abschluss der Reparaturarbeiten melden konnte und die Loxstedter Uhrschlagglocke wieder mit einem „sauberen Ton“ die Zeit ansagte.

Aber die Uhr kann noch mehr. Dreimal am Tage steuert sie einen kleinen Hammer, der auf die große Glocke im Turm schlägt. Neun Schläge ertönen jeden Tag morgens um sieben Uhr, mittags um zwölf Uhr und abends wieder um sieben Uhr. Diese Glockenschläge rufen zum Morgen-, Mittag und Abendgebet. Sie erinnern an das Bibelwort: „Ich hoffe auf dich; du bist mein Gott. Meine Zeit steht in deinen Händen (Psalm 31, Vers 15+16).“

Gesteuert wird die Loxstedter Turmuhr - und damit natürlich auch die Uhrschlagglocke - von einem Wunderwerk sorgfältiger mechanischer historischer Handwerkskunst, das in einem Holzverschlag im Fuß des Kirchturms steht und von schweren Eisengewichten in Gang gehalten wird. Gebaut wurde es 1904 von der Firma J.F.Weule, Fabrik von Thurm-, Hof-u. Eisenbahn-Uhren, Bockenem, Provinz Hannover. Mit einer Kurbel wird die Uhr aufgezogen. Das einzige elektrische an der Anlage ist die nachgerüstete Glockensteuerung. Ein an das Uhrwerk geschraubtes Schild erinnert an den Spender der Loxstedter Kirchturmuhr, Georg M. Böhlken, der in New York lebte und 1904 1.500 Mark für die Anlage bezahlte. (leo)

Das mechanische Uhrwerk.

Ein Wunderwerk sorgfältiger historischer Handwerkskunst ist das gewaltige mechanisches Uhrwerk, das seit fast 120 Jahren für den richtigen Gang der Uhr im Turm der evangelisch-lutherischen Sankt-Marien-Kirche in Loxstedt sorgt. Gebaut wurde es 1904 von der Firma J.F.Weule, Fabrik von Thurm-, Hof-u. Eisenbahn-Uhren, Bockenem, Provinz Hannover, nach einer Stiftung von Georg M. Böhlken, der in New York lebte und 1.500 Mark für die Anlage bezahlte. Foto: Rolf Schmonsees

Das mechanische Uhrwerk.

Mit einer Kurbel am mechanischen Uhrwerk wird die Uhr aufgezogen, etwa alle acht Tage müssen die schweren Eisengewichte hochgekurbelt werden, die das Uhrwerk in Gang halten. Das einzige elektrische an der Anlage ist die nachgerüstete Glockensteuerung. Foto: Rolf Schmonsees

Rolf Schmonsees
0 Kommentare
Newsletter NEWSLETTER
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
nach Oben