Cuxland

Es kommt auf die Menge an: Diese Tipps gibt Ernährungs-Doc Matthias Riedl

Was kommt zu Weihnachten auf den Tisch? Gänsebraten mit Rotkohl und Kartoffelklößen werden oft serviert. Für Dr. Matthias Riedl ist diese Mahlzeit problematisch. Der Mediziner, bekannt aus der NDR-Fernsehsendung Ernährungsdocs, weiß warum. Und liefert Tipps.

Sie lecker aus, ist - rein ernährungswissenschaftlich - aber nicht das Maß aller Dinge: Gänsebraten mit Rotkohl und Kartoffelklößen. 

Sieht lecker aus, ist - rein ernährungswissenschaftlich - aber nicht das Maß aller Dinge: Gänsebraten mit Rotkohl und Kartoffelklößen. Foto: IMAGO/Yvonne Bogdanski

Familie und Freunde kann man an Weihnachten vielfältig verwöhnen. Doch nicht alle Gerichte sind kalorienarm und leicht. Was ist das wirklich gesunde Weihnachtsessen?

Die moderne Ernährungsmedizin spricht keine Verbote aus. Darum ist alles erlaubt - außer Fertigprojekte. Und konfektionierte Ware aus dem Plastikbeutel - wie zum Beispiel Rotkohl - sollte auch nicht sein. Derlei Dinge enthalten viel zu viel industriellen Zucker. Und häufig kein Vitamin C mehr.

Also geht Gänsebraten mit Rotkohl und Klößen gar nicht?

Auch bei diesem „Klassiker“ kommt es darauf an, dass er nicht zu viel Fleisch enthält. Tierische Produkte haben insgesamt eher eine negative, entzündungsfördernde Wirkung und damit auch eine alters- und krebsfördernde Wirkung. Aber das ist immer auch eine Frage der Menge, die man zu sich nimmt.

Was meinen Sie damit konkret?

Wer an Gänsebraten mit Rotkohl und Knödeln festhalten will, der sollte ein kleineres Stück Fleisch wählen. 50 bis 100 Gramm reichen aus, um den Eiweißbedarf zu decken. Der Rotkohl dazu sollte möglichst frisch zubereitet sein. Bei den Kartoffeln oder Kartoffelklößen müssen es ja nicht gleich drei oder vier sein. Einer reicht auch. Kartoffeln enthalten zu viele Kohlenhydrate. Die machen nur dick. Gemüse macht das übrigens nicht.

Viele Menschen leiden an Diabetes, Übergewicht oder Bluthochdruck - Krankheiten, die auch durch falsche Ernährung ausgelöst werden können. Für diese Menschen ist Weihnachten doch eine gefährliche Zeit, wenn man es mal ernährungswissenschaftlich betrachtet.

Dr. Matthias Riedl

Dr. Matthias Riedl setzt unter anderem auf Gemüse und Nüsse. Der Verzehr von Fleisch sollte seiner Ansicht nach deutlich reduziert werden, sagt Deutschlands bekanntester Ernährungsratgeber. Foto: Andreas Sibler

Das ist so. Wir haben festgestellt, dass Menschen zwischen Weihnachten und Silvester in der Regel ein bis zwei Kilogramm zunehmen. Das führt auf Dauer zu erhöhten Blutfetten, Diabetes und Arterienverkalkung. Wir müssen bedenken, dass rund 80 Prozent aller Menschen mit 60 Jahren erhöhten Bluthochdruck haben. 60 Prozent der Männer haben Übergewicht. 25 Prozent haben im mittleren und höheren Alter Diabetes. Zudem gehen wir davon aus, dass jeder Dritte eine Fettleber hat. Deutschland ist einfach krank. Das muss man so formulieren. Oder andersherum: Wenn wir das Rentenalter erreicht haben, ist eigentlich niemand mehr gesund.

Was kann man als „Normalverbraucher“ dagegen tun?

Auch zu Weihnachten ist es meiner Ansicht nach wichtig, mehr Gemüse und weniger Fleisch zu essen. Lieber sollte man Kohl und frisches Gemüse auftischen. Das ist gesund und macht satt. Auch die Kohlenhydrate sind dringend zu reduzieren. Das gilt besonders für Kekse und Kuchen.

Dann wird Weihnachten ja ganz schön freudlos, wenn man auf den Ernährungsplan schaut?

Nein. Wir müssen doch alle nicht auf den Kaffee mit Kuchen und Kekse verzichten. Es ist wichtig, wann wir diese Kalorien zu uns nehmen. Der Nachmittagskaffee mit Keksen und Kuchen sollte deshalb gleich nach dem Mittagessen eingenommen werden. In Maßen natürlich. Dann kann der Blutzuckerspiegel am Nachmittag runterkommen. Der Körper spart auf diese Weise Insulin ein und fördert so den Fettabbau.

Gibt es denn so etwas, das immer gesund ist - egal zu welcher Tages- und Nachtzeit?

Nüsse. Nüsse sind keine Dickmacher. Nussfett hilft eher beim Abnehmen, als es dick macht. Das haben Studien belegt. Gesundes Fett macht satt und ist gesünder als Schokolade. Nüsse sind eine Super-Kombi aus Eiweiß, Ballaststoffen und gesunden Fetten, was in der Natur einmalig ist. Besonders Mandeln, Walnüsse, Pistazien und Haselnüsse sind eine regelrechte Abnehmpille.

Warum?

Beim Genuss von pflanzlichen Eiweißen – zum Beispiel durch besagte Nüsse – werden im Darm reichlich Hormone ausgeschüttet, die eine ähnliche Wirkung haben, wie beispielsweise die Abnehmspritze „Wegovy“, wie sie Kim Kardashian und Elon Musk ausprobiert haben. Nur halt schwächer. Und letztlich natürlich.

Was empfehlen Sie Eltern und anderen Gastgebern zu Weihnachten?

Nicht nur zu Weihnachten sollten wir eine erhöhte Aufmerksamkeit auf unser eigenes Essen haben. Die Formel ist klar: Weniger Fleisch, mehr Gemüse. Und wenn es um eine Empfehlung für Eltern geht: Kinder müssen lernen, dass Süßigkeiten eine Menge haben und eine Zeit. Schon jetzt hat bei den Erwachsenen jeder Dritte eine Fettleber, bei den Kindern bereits jedes 20. Auch die jährliche Steigerungsrate von Altersdiabetes bei Kindern und Jugendlichen von rund 5 Prozent ist nicht normal. Wenn wir derlei Erkenntnisse nicht rechtzeitig an die Kinder weitergeben, dann verlieren wir eine gesunde Jugend.

Was essen Sie denn zu Weihnachten?

Ich bin zu Weihnachten tatsächlich ein großer Anhänger von Rotkohl und Ente. Ich nehme jedoch Bio-Ente und begrenze den Verzehr auf 100 Gramm Fleisch. Ansonsten esse ich eher vegetarisch. Und ich halte ich es wie meine Großeltern: Nur einmal in der Woche gibt es Fleisch. Das reicht völlig aus, um uns zu versorgen mit Vitaminen, Eisen und Spurenelementen.

Andreas Schoener
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