Cuxland

Alles Müll? So ließ das Party-Volk das Deichbrand-Gelände zurück

Grills, Dosen, Zelte, Campingstühle, ja sogar ganze Wohnzimmereinrichtungen sind dieses Jahr nach dem Deichbrand-Festival auf dem Gelände in Wanhöden zurückgeblieben. Ein Haufen Chaos, ein Haufen Müll. Liegt das an der geänderten Müll-Regelung?

Müll auf dem Deichbrand Gelände

Tonnen an Müll bleiben auf dem Festival-Gelände neben dem Nordholzer Seeflughafen zurück. Foto: Overschmidt

Nach dem Festival ist vor dem Aufräumen. Am Montagmittag finden sich auf dem Gelände des Deichbrand-Festivals aber nicht nur Berge von Müll. Zwischen all dem Gerümpel sitzen versprengt die Trödler, die Entspannten und die Hartgesottenen.

Kristin Stühlmeyer (50) und Brigitte Rösener (56) aus dem Raum Osnabrück sind Festival-geprüft. Seit Jahren fahren sie gemeinsam auf Festivals, um abzuschalten, zu feiern und Spaß zu haben. Gelassen räumen sie ihre Ausrüstung zusammen - und lassen sich weder vom Abreisefieber der anderen noch vom Wetter hetzen. Feiern, ausschlafen, abreisen - „Das machen wir immer so. Hat sich bewährt“, sagt Stühlmeyer.

Deichbrand 2023: Am Montag bleibt der Müll zurück

Einen Tag nach dem Deichbrand 2023 reisen die letzten Festivalfans noch ab. Egal ob Pavillons, Nahrungsmittel oder ganze Zelte: Der Müll bleibt vielerorts zurück.

Viele Gäste sind schon am Sonntag abgereist

Obwohl die meisten Gäste schon weg sind, hat Bernd Schütt-Benthin noch ein bisschen was zu tun. Der Landwirt stellt nicht nur 11 Hektar seines Landes fürs Deichbrand-Festival in Wanhöden zur Verfügung und hat 20 Stellplätze bei sich auf dem Hof. Wenn’s brennt - oder besonders nass ist - eilt er den Besuchern in den Camps zur Hilfe. Auch wenn es nur um Starthilfe geht.

Viele Festivalbesucher sind schon am Sonntag abgereist. Es hatte 25 Stunden ohne Pause geregnet. Selbst wenn am Montag nicht jeder von ihnen wieder am Schreibtisch sitzen musste - der Dauerregen hatte nicht nur den Boden, sondern stellenweise auch die Nerven der Festivalisten aufgeweicht.

Müll

„Noch bewohnt. Kein Plündern“, zeigt das Schild vor dieser Zelt-Ruine. Foto: Gallas

Landwirt eilt Campern zur Hilfe

Andere Hartgesottene hielten durch und wurden am Sonntagabend sogar wieder mit etwas Sonne belohnt. Die Abreise am Montagmorgen ist immer noch actionreich, doch nicht mehr ganz so spannend wie am Tag zuvor. Trotzdem klingelt das Handy von Schütt-Benthin. Keine Sekunde zögert er, steigt auf seinen Trecker und macht sich auf den Weg zum Camp.

Deichbrand 2023: Ein wahrer Festival-Held im Einsatz

Bernd Schütt-Benthin stellt nicht nur Flächen fürs Deichbrand zur Verfügung und hat 20 Stellplätze bei sich auf dem Hof. Er hilft auch da, wo Hilfe gebraucht wird.

Dort wartet auf einem auffallend sauberen Fleckchen zwischen ziemlich viel Müll der blaue Bauwagen der „UnbesiegBar“-Crew aus Nordholz. Er kommt nicht vom Fleck. Das liegt ausnahmsweise nicht am Schlamm. Der geliehene Trecker hat nicht mehr genug Saft und braucht Starthilfe.

Berge von Müll übersäen die Campgrounds

Während Schütt-Benthin sich um die Starthilfe kümmert, blickt sich Jörg Kocken um. Seit 2011 ist er auf dem Deichbrand dabei. Das Wetter fand er gar nicht so schlecht, durchwachsen ja, aber besser als zu heiß, spricht er aus Erfahrung. Schlecht findet er allerdings den Zustand des Campinggeländes.

Wieder einmal sind ganze Wohnzimmereinrichtungen stehen geblieben und unendlich viele Zelte, Grills, Dosen, Flaschen - Müll, Müll, Müll.

„Ob das an der geänderten Müll-Pfand-Regelung liegt?“, überlegt er laut. Statt 10 Euro Müll-Bonus für abgegebene Müllsäcke bekommen Besucher in diesem Jahr einen 10-Euro-Gutschein für den Online-Fanartikel-Shop. „Davon sind 6 Euro Versand. Was will man sich dafür kaufen? Lohnt sich nicht. Und das Ergebnis sieht man.“

Müll

Neben Unmengen an Zelten und Pavillons bleibt auch der „kleine“ Müll zurück. Besonders heftig sieht es auf Camp Süd aus. Foto: Gallas

Schlechtes Wetter gleich mehr Müll?

Deichbrand-Chef Marc Engelke sieht das anders. Erfahrungsgemäß bleibt bei Veranstaltungen mit so einem Wetter immer mehr zurück, als wenn es trocken gewesen wäre. „Wenn die Zelte und Pavillons nass und dreckig sind, überlegen es sich die Leute zweimal, ob sie sich das jetzt in den Kofferraum legen und die Innenraumreinigung teurer wird als das Zelt.“

An dem veränderten Müll-Bonus-System liege es nicht. „Das wäre ja auch enorm traurig“, sagt Engelke, der die Festivalgäste nicht erziehen will, sondern auf Kommunikation setzt.

Warum haben sie das System verändert? Die Ticketpreise hätten sonst noch teurer werden müssen. Denn der Müllbonus war bisher im Ticketpreis enthalten. Da die Festivalgäste immer weniger Müll produziert hätten, sei der Bonus auch immer weniger genutzt worden. Ein Sack musste mindestens zu drei Vierteln gefüllt sein, sonst gab es kein Geld. „Wer das selbst nicht geschafft hat, musste Müll sammeln gehen. Wir wollen keine mit Müllbonus bezahlte Müllarmada aus Gästen übers Festivalgelände schicken.“

Müll

Sperrmüll darf eigentlich gar nicht mitgebracht werden. Trotzdem bleiben auch in diesem Jahr zig Couches auf dem Gelände zurück. Foto: Hartmann

Landwirt räumt lieber selbst auf

„Es sieht wirklich so aus, als wäre es mehr Müll als sonst“, stellt auch Schütt-Benthin fest. Einen Teil seiner Fläche lässt er durch die Trupps des Veranstalters reinigen. Aber da, wo Pferde und Kühe stehen, räumt Schütt-Benthin selbst auf. „Das ist einfach sorgfältiger, sauberer. Ich kann sicher sein, dass es wieder sicher für meine Tiere ist“, sagt der Landwirt. Zu zweit sind sie 14 Tage mit der Reinigung beschäftigt.

Auch neben der Eselweide von Jürgen Wintjen sieht es noch wild aus. Unter anderem steht im Comfort Village ein gut mit Fleisch bestückter Grill einsam und verlassen in der Müll-Landschaft. Die etwas weiter gegrillten Würstchen findet er auf der Weide. „Dabei sollten die Verursacher wissen, dass Esel reine Vegetarier sind“, sagt er und nimmt es mit Humor.

Katja Gallas

Reporterin

Katja Gallas ist seit Januar 2022 als Reporterin im Cuxland unterwegs. Nach ihrem Studium der Skandinavistik und Europäischen Ethnologie in Freiburg und dem Master Kultur – Sprache – Medien in Flensburg, volontierte sie bei der NZ und arbeitete als Online-Redakteurin.

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