Cuxland

1.000 Kilometer auf Abwegen: Seenotretter „retten“ wissenschaftliche Daten

In der Außenelbe vor Cuxhaven macht der Seenotrettungskreuzer „Anneliese Kramer“ einen ungewöhnlichen Fund: eine Art Boje mit wissenschaftlichen Instrumenten. Das Gerät aus der Bretagne hatte eine monatelange Odyssee hinter sich.

Vormann Ralf Sarközy und Maschinist Kai Schöps präsentieren ihr Fundstück vor dem Seenotrettungskreuzer „Anneliese Kramer“

Aufmerksame Seenotretter: Vormann Ralf Sarközy (links) und Maschinist Kai Schöps präsentieren das besondere Fundstück vor dem Seenotrettungskreuzer „Anneliese Kramer“. Foto: Die Seenotretter - DGzRS

Menschen aus Seenot retten oder havarierte Schiffe aus Gefahrensituationen befreien - das gehört zum Alltag der Seenotretter der Station Cuxhaven der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Mitunter nimmt die Besatzung des Seenotrettungskreuzers „Anneliese Kramer“ aber auch treibende Objekte an Bord, damit sie keine Gefahr für die Schifffahrt sind. So ist es auch am 4. Februar 2023: Bei einer Kontrollfahrt auf der Außenelbe entdeckt die Crew um Vormann Hanno Renner einen Gegenstand im Wasser. „Wir nahmen an, dass es eine beschädigte Fahrwassertonne ist, und wollten sie einsammeln“, berichtet Renner.

Französische Telefonnummer

Mit dem Tochterboot „Mathias“ bergen die Seenotretter die vermeintliche Tonne. Schnell ist klar: Das ist etwas anderes. Auf dem gelben Gerät mit rotem Auftriebskörper sind eine französische Telefonnummer und eine E-Mail-Adresse vermerkt - Vormann Renner nimmt Kontakt auf.

Rund 1.100 Kilometer Luftlinie weiter westlich löst die Nachricht der Seenotretter Begeisterung aus. Der Fund vor Cuxhaven ist ein Forschungsgerät der Ingenieurshochschule ENSTA Bretagne (École nationale supérieure de techniques avancées) im bretonischen Brest. Damit und mit mehreren baugleichen Sonden erforschen Flore Samaran, Maëlle Torterotot und ihr Team die Geräusche von Meeressäugern im maritimen Nationalpark Iroise an der Westküste Frankreichs. „Das Gerät war eigentlich fest vor der Küste montiert“, erklärt Torterotot, „doch als Ende 2022 die Akkus gewechselt werden sollten, mussten wir feststellen, dass die Meeresströmung es losgerissen hatte.“

Erforschung von Wal- und Delfinarten

Die Messdaten der Forschungsboje sind für das Projekt CETIROISE bestimmt, welches Aufschluss über die Verbreitung und Lebensweise bestimmter Wal- und Delfinarten geben soll. Diese Daten wähnte das Forschungsteam bereits verloren. Maëlle Torterotot: „Wir waren unheimlich aufgeregt, als wir erfuhren, dass die DGzRS unser Gerät gefunden hatte. Wir hätten nie gedacht, dass es so eine weite Reise hinter sich bringt.“

Welchen Weg das Forschungsgerät von der Bretagne nach Cuxhaven zurückgelegt hat, kann in der von der DGzRS betriebenen deutschen Rettungsleitstelle See, dem Maritime Rescue Co-ordination Centre (MRCC) Bremen, berechnet werden. Anhand eines speziellen Computerprogramms zur Suchgebietsplanung im Falle über Bord gegangener Schiffbrüchiger lassen sich die Drift- und Strömungsverhältnisse der Nordsee zurückverfolgen. Das Ergebnis: Die bretonische Boje kam definitiv durch den Ärmelkanal zur Kugelbake.

Speicherkarte mit wichtigen Daten

Auf dem Postweg gelang das Gerät nun zurück an seinen Ursprungsort. Die Freude bei Maëlle Torterotots Team ist groß: Die verbaute Speicherkarte lässt sich tatsächlich noch auslesen. „Wir senden den Seenotrettern ein riesengroßes ‚Dankeschön‘“, sagt Tortoretot. „Sie hätten das Gerät einfach im Wasser lassen können, aber haben entschieden, es zu bergen. Das sichert uns wichtige Daten für unser Projekt.“

Und noch eine spannende Info verraten die gesicherten Daten: Die Forschungsboje ist am 9. Dezember 2022 auf ihre Reise gegangen - also fast exakt zwei Monate, bevor die Crew der „Anneliese Kramer“ sie wieder aus der Nordsee gefischt hat. (pm/mcw)

Flore Samaran, Maelle Torteroto und Julie Beesau von der französischen Ingenieurshochschule ENSTA Bretagne halten das geborgene Forschungsgerät wieder in ihren Händen

Nach seiner Seereise von rund 1.000 Kilometern ist das geborgene Forschungsgerät reichlich ramponiert, aber die Daten lassen sich noch auslesen. Darüber freuen sich (von links) Flore Samaran, Maelle Torterotot und Julie Beesau von der französischen Ingenieurshochschule ENSTA Bretagne. Foto: ENSTA Bretagne

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