Bremerhaven

Was ein Ledergürtel mit meiner schief gewickelten kleinen Philosophie verbindet

Wer sich immer um die eigene Achse dreht, ist ganz schön schief gewickelt:

Eine weise Erkenntnis steht am Ende einer nervigen Suche nach meinem Gürtel.

NZ-Redakteurin Susanne Schwan

Es ist banal, hat aber alle mit reinverwickelt: Das Teil war weg. Wie vom Erdboden verschluckt. Und ohne das Teil kann ich meine geliebte Lederjacke nicht zuknoten. Nicht zu fassen, wie essenziell so ein weicher Nappaledergürtel werden kann. Zwischen den Terminen hab‘ ich die Jacke über den Drehstuhl am Schreibtisch gehängt. Muss wieder weg, schlüpfe rein - Gürtel futsch. Kann nicht sein. Der baumelt immer in einer Schlaufe. Jetzt nicht.

Es liegt auch nix zwischen den Stuhlrollen am Boden. Ich renne das ganze Haus ab, den Parkplatz, suche im Auto, auch am Boden. Nada. Ich setze eine Rund-Mail an alle Kollegen ab: Wer einen langen schwarzen Ledergürtel herumliegen sieht, melde sich bitte. Bis zum Abend - nichts. Jacke bleibt offen, ich bibbere und klappere noch die Läden der Innenstadt ab - kein Nappagürtel, der sich verknoten lässt. Tags drauf kommt Kollege Jens an, „na? Gefunden?“ Nee. Plötzlich peilt er scharf den Drehstuhl an, geht in die Knie, fragt: „Du meinst aber nicht DIESES Teil da?“ Wo? Am Boden liegt nix. „Nee, aber das da um den Stuhl-Schaft??“ Das da ist ein um den drehenden Schaft zwischen Sitz und Stuhlfüßen aufgewickelter - Ledergürtel. Wie auf der Garnrolle hat er sich drum gewunden, während ich mich im Wusel um mich selbst gedreht hab‘. Banales kann Tiefsinn haben: Wer sich immer um die eigene Achse dreht, verliert den Blick fürs Ganze... oder: Du glaubst, es gäbe Nappaledergürtel wie Sand am Meer? Da biste schief gewickelt.

Susanne Schwan
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