Bremerhaven Ekaterina-Mord

Rechtsmediziner: Ekaterina wurde professionell zerteilt

Der Leichnam von Ekaterina B. ist nach ihrem Tod „sehr professionell“ zerlegt worden. Das hat ein Rechtsmediziner vor Gericht ausgesagt. Aber trotzdem wundert sich der Arzt über drei Verletzungen, für die er keine Erklärung hat.

Menschen stehen am Deich

Am Fundort der Leichenteile von Ekaterina B. am Weserdeich gedachten kurz danach Freunde und Bekannte der Toten. Foto: Masorat Foto: Masorat

Prof. Dr. Benjamin Ondruschka ist Facharzt für Rechtsmedizin und leitet das entsprechende Institut am Hamburger Universitätsklinikum. Bevor er sein Gutachten vor dem Schwurgericht in Bremen vorstellte, warnte er die Zuschauer der öffentlichen Verhandlung, dass die Fotos, die zu sehen sein werden, sie erschrecken könnten. Auch der Vorsitzende Richter Björn Kemper wandte sich an das Publikum. Alle blieben.

Ondruschka berichtete von einer „sehr professionell anmutenden Zergliederung“, einer akkuraten Arbeitsweise unter Zuhilfenahme sehr scharfer Werkzeuge, von „talentierten Schnitten“. Wer so vorgehe, brauche nicht länger als eine Stunde, um einen Körper zu zerteilen, wenn er keine Pausen mache.

Die Schwiegermutter hatte vor Gericht ausgesagt, sie habe mehr als drei Stunden benötigt, hielt Richter Kemper dem Gutachter vor. „Man würde das auch schneller schaffen“, lautete dessen Antwort. „Ein scharfes Messer findet seinen Weg.“ Er selbst habe für eine Studie einmal nicht mehr als zwölf Minuten benötigt. Der Gutachter sagte aus, es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass die Tote von zwei Personen zerteilt wurde.

Ein Zeuge hatte am 1. März, beinahe vier Wochen nach dem Verschwinden der Frau, einen angeschwemmten Reisekoffer am Deich entdeckt, reingeschaut und dann die Polizei alarmiert.

Die Leichenteile waren in blaue und graue Müllsäcke und in Maler-Abdeckfolie verpackt und verklebt, sagte Ondruschka. Der rechte Oberschenkel fehlte in dem Koffer, dabei hätte er noch hineingepasst, so der Rechtsmediziner.

Vielleicht sei der Koffer zu schwer geworden, vielleicht habe es aber auch mit den drei auffällig großen Malen zu tun, für die der Mediziner nur vage Erklärungen hat. Es könne versucht worden sein, das Körperteil zu verbrennen, vielleicht könne ein Elektroschocker zum Einsatz gekommen sein, eine Chemikalie aber wohl nicht. Genaueres lasse sich wegen der monatelangen Liegezeit im Wasser nicht mehr feststellen.

Der Oberschenkel war erst Mitte Oktober von Polizeitauchern aus der Geeste bei Bramel geborgen worden, nachdem die Mutter des Angeklagten ausgesagt hatte, die sterblichen Überreste im Februar mit ihrem Sohn dort in den Fluss geworfen zu haben - ebenfalls verpackt in einem Müllsack und beschwert mit drei Scheiben von Hantelgewichten.

Ekaterina B. wurde erwürgt

Ekaterina B. wurde erwürgt, und wer sie tötete, hat so kräftig zugedrückt, dass ihr Zungenbeinknochen dabei brach. Der Tod sei erst nach mehreren Minuten eingetreten, und vermutlich habe Ekaterina B. noch ihren rechten Arm gehoben, um den Angriff abzuwehren. Davon könne ein Bluterguss am Arm ein Zeugnis ablegen.

Getötet wurde die Frau etwa zwei Stunden nach ihrer letzten Mahlzeit. Diesen Rückschluss ziehen die Rechtsmediziner aus dem Inhalt ihres Magens und wie weit er verdaut war.

Im Blut der Frau konnten sie noch nachweisen, zum Zeitpunkt des Todes 0,3 Promille Alkohol im Körper gehabt zu haben und ein starkes Beruhigungsmittel. Ekaterina B. habe sie geschlagen, hatte die Schwiegermutter in ihrem Geständnis ausgesagt. Dafür fanden die Rechtsmediziner an der Hand der Getöteten aber keinen Hinweis, der dort zu erwarten gewesen wäre nach einem kräftigen Schlag.

Die 66-Jährige will ihre Schwiegertochter auch aus dem Haus in die Garage geschleppt haben, doch auch dafür fanden sich keine Anzeichen am Körper der Toten. Aber jemanden zu erwürgen, dazu seien auch ältere Frau in der Lage, sagte Ondruschka.

Die Frau muss keine acht Stunden nach ihrer Tötung zerteilt worden sein, weil dann die Leichenstarre eingetreten wäre und die Tote nicht so fachgerecht hätte zerlegt werden können, so der Gutachter. Auch deuteten die Leichenflecken auf diesen Zeitraum hin.Ausschließen mag er, dass Ekaterina B. erst am Nachmittag des nächsten Tages zerteilt wurde, so wie es ihre Schwiegermutter ausgesagt hatte.

Ondruschka sagte auch, dass es in ganz Norddeutschland seit 1959 keinen einzigen dokumentierten Fall gegeben habe, dass eine Schwiegermutter ihre Schwiegertochter zerstückelt und die Leichenteile abgelegt habe. Ein derartiges Tatmuster sei eindeutig männlich.

Eine könne ja die Erste sein, hielt Verteidiger Helmut Pollähne dem entgegen. Er hatte bereits den Antrag gestellt, seinen Mandanten aus der Haft zu entlassen, weil der ja nicht der Täter sein könne, wenn seine Mutter die Tat gestanden habe.

Der Staatsanwalt entgegnete, dass in der Aussage der Mutter kein exklusives Täterwissen erkennbar gewesen sei und ihre Angaben nicht reichten, den Verdacht gegen den Ehemann zu entkräften. Das Gericht will über den Antrag vermutlich in dieser Woche entscheiden.

Mordprozess Ekaterina: Der aktuelle Prozesstag

Thorsten Brockmann, der Gerichtsreporter der NORDSEE-ZEITUNG berichtet, was der aktuelle Prozesstag im Mordfall Ekaterina B. an neuen Erkenntnissen gebracht hat.

03:04 min

Thorsten Brockmann
0 Kommentare
Newsletter NEWSLETTER
Alle wichtigen Nachrichten und die interessantesten Ereignisse aus der Region täglich direkt in Ihr E-Mail-Postfach. Mit Empfehlung aus der Redaktion.
nach Oben