Das war knapp. Ganz knapp. Eine Sekundenentscheidung für oder gegen den inneren Schweinehund. So süß tönt ihm die Stimme der Verführung ans Ohr: „Lauf nicht vorbei, komm in die Sonne, bleib den Tag hier sitzen und mach blau.“ Au. Mein eilig zum Termin hastender Fuß verharrt abrupt vor der Bistroterrasse. Es ist so einer dieser unwahrscheinlich spätsommersatten Tage. Und ein langer Redaktionstag unter Deckenflutern. Mich flutet Lust auf - laissez-faire. Dolce far niente. Nixtun. Der Wirt kniepst mir lächelnd zu, winkt - ich winke zurück, „heut nicht, danke dir, am Wochenende“. Glück gehabt, Kollegen. Selten bin ich so gefährdet, vom Pfad der Tugend abzudriften. Im Weitereilen denk ich, verflixt, ich bin viel zu brav. Der Schweinehund knurrt leise: „Ich pfeife auf die Sittsamkeit und mache mir ’nen Schlitz ins Kleid...“, woraus ist das noch mal, ach ja, die gute alte „Bar zum Krokodil“ in Theben... ach nein, der Zähne bleckende Wirt an der Sonnen-Bar ist kein Krokodil, das meinen Schweinehund verschlingen will. Blaumachen!! Hab ich ja nicht mal zu Schulzeiten... - so oft. Wird Zeit, weise zu werden. Kennen Sie Cummings? Ein Lieblingsdichter. „May my heart always be open to little birds... and may myself do nothing usefully...“: Immmerdar möge mein Herz den kleinen Vögeln offen stehen, denn sie sind das Geheimnis des Lebens, wenn Menschen sie nicht mehr hören, sind sie alt... immerdar möge mein Sinn rumlungern, und selbst am Sonntag möge ich unrecht haben...“ Yes.
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