Bremerhaven

Der alte Columbusbahnhof vom Keller bis unters Dach

Es gibt Orte, die erscheinen auf den ersten Blick wenig geschichtsträchtig. Das Kreuzfahrtterminal mag dazugehören. Die Columbuskaje – eine „Schiffsanlegestelle“. Der Columbusbahnhof. Aber beides ist verankert im Bewusstsein von Bremerhaven.

Ein Gebäude spiegelt sich in einer Pfütze.

Blick auf die Fassade des vor gut 20 Jahren sanierten Kreuzfahrtterminals. Foto: Arnd Hartmann

Anführungszeichen

„Dieses Gebäude ist etwas Besonderes, ein Symbol Bremerhavener Geschichte.“

Kristina Vogt, Senatorin für Wirtschaft, Häfen und Transformation

Die Yacht „Octopus“ von oben.

Die völlig überdimensionierte, aber repräsentativ erhabene Eingangshalle mit ihrer massiven Treppe in Richtung Wartesaal ist bis heute ein architektonischer Leckerbissen seiner Zeit.

Sesam öffne dich: Ins Heck der „Octopus“ können kleinere Yachten fahren.

Zentraler Anlaufpunkt war die Information im Obergeschoss. Von hier ging es weiter zu den Schiffen.

Ein Tenderboot der „Octopus“.

Blick in den Wartesaal der Ersten Klasse mit seiner meterhohen Glasfront Richtung Kaje.

2021

wird beschlossen, den Columbusbahnhof abzureißen, er sei zu marode.

33

Millionen Euro waren 2018 für einen Neubau kalkuliert worden.

300.000

Menschen waren 2024 auf der Columbuskaje.

Bremerhavens Columbusbahnhof: Millionen Menschen haben von hier Europa verlassen, aber hier kam auch Elvis an. Millionen Menschen gingen auf Kreuzfahrt. Hier wurden rauschende Ballnächte gefeiert und ausschweifende Partys. Von hier ging das Hafenkonzert auf Sendung. Ein historischer Schatz.

Seit 2021 stand fest: Der Columbusbahnhof ist zu alt, die Bausubstanz des Mittelbaus und des davor stehenden Bürohauses zu marode, die Energiebilanz eine Katastrophe. Er wird abgerissen, um Platz zu machen für einen Neubau - multifunktional und repräsentativ für die Kreuzfahrt-Passagiere. Die Beschlüsse für den Abriss waren getroffen. Der Senat hatte zugestimmt, Bremerhaven wusste Bescheid. 2024 sollte es losgehen.

Der „Master“-Bedroom – wer in der Suite auf dem Eignerdeck übernachtet, dem gehört die Yacht. Zur Suite gehören private Terrassen mit Whirlpool sowie Wohnräume.

Von hier wurden die Durchsagen im Columbusbahnhof gemacht: das Ansagenzimmer.

Die private Bibliothek des „Master“-Bedrooms.

Detailaufnahme von den Mikrofonen für die Durchsagen.

Das Bad der Eigner-Suite.

Mit jedem Schalter konnte ein Bereich des Terminals angesteuert werden.

Bremenports wollte nicht einfach so die Abrissbagger kommen lassen, sondern Gelegenheit geben, sich vom Columbusbahnhof zu verabschieden. Schließlich verbindet fast jeder Bremerhavener persönliche Erinnerungen mit dem Gebäude. Drei Jahre lang Theater, jedes Jahr ein Stück unter der Überschrift: Farewell – Lebe wohl, inszeniert von der Theatergruppe „Das letzte Kleinod“.

Beim letzten Stück kehrte der legendäre Kreuzliner „United States“ nach Bremerhaven zurück. Zwischen 1951 und 1969 legte der Ozeanliner 167 Mal an der Columbuskaje an. Und das war jedes Mal ein Heidenspektakel. Die Aufführung war fantastisch und – wie schon in den Vorjahren – war von den Besuchern immer wieder zu hören: „Schade, dass es das Gebäude bald nicht mehr gibt.“ Bremenports-Chef Robert Howe hörte das auch. Er besuchte jede Premiere, hörte die Erinnerungen der Zeitzeugen, aß Popcorn und tanzte bei der letzten Premiere „No finer way“ sogar im Festsaal und dachte irgendwann: „Ist das nicht doch erhaltenswert?“

Die große Freitreppe, die Wartesäle der 1. und 2. Klasse, Wandverkleidungen und Lampen original erhalten von 1962. Hier ginge viel verloren. Für die Bremerhavener Seele spielt der Columbusbahnhof eine große Rolle. Doch als der Bremer Senat Ende der 50er Jahre den Bau eines gewaltigen Terminals für bis zu 8000 Passagiere pro Tag beschloss, war das schon nicht mehr als ein reines Prestigeobjekt. Die Auswandererzahlen brachen ein, die erhofften Touristenströme blieben aus. Schon 1957 stagnierte die Zahl der Passagiere bei 87.000, Mitte der 1960er Jahre waren es noch 20.000 weniger.
Der Häfensenator, der das Projekt Columbusbahnhof II von seinem Vorgänger geerbt hatte, musste sich rechtfertigen. Bremen baue diese großartige Anlage „nicht für ein Jahrfünft oder ein Jahrzehnt, sondern für eine weitere Zukunft“.

Bis 1966 konnten Besucher noch direkt auf die Columbuskaje, sogar mit dem Auto bis direkt vors Schiff fahren. Einen freien Tisch im Café oder dem Restaurant im Columbusbahnhof zu bekommen, war Glückssache. Es war der Hauch der weiten Welt. Bis die Schiffe anfingen, sich nach und nach zu verabschieden. Die „United States“ blieb bis 1969. Für die „Bremen“ war Ende 1971 Schluss.

Für die Lesestunde zwischendurch: Kamin und Bibliothek gehören zur luxuriösen Ausstattung der Yacht.

70er-Jahre Chick und ein feuchter Raumgeruch sind die letzten Überreste der einstigen Hausmeisterwohnung im Gebäude - und ein „vergessener" Aktenkoffer..

Der Kinosaal an Bord der „Octopus“.

Aufenthaltsraum für die Arbeiter im Columbusbahnhof mit Zigarettenautomaten.

Darf auch nicht fehlen: Aber auf der „Octopus“ sieht selbst die Tischtennisplatte luxuriös aus.

Ein Bordpass der „Statsraad Lehmkuhl", ausgestellt mit der Nr. 13 und vorgeschrieben nach den internationalen Sicherheitrsegeln für Schiffe und Häfen. Er muss aus einer Zeit stammen, als das alte Terminal schon nicht mehr genutzt wurde.

Die Kreuzfahrtschiffe kamen. Die Fahrgastanlage II wurde 2001 zum Kreuzfahrtterminal umgebaut – das modernste zu der Zeit in Europa. Das Geschäft brummt heute mehr denn je. Nie waren mehr Menschen auf der Columbuskaje unterwegs. Mehr als 300.000 in diesem Jahr. Aber die alte Pracht sehen sie nicht mehr. Abgeschlossen ist die alte Fahrgastanlage.

Aber der Columbusbahnhof wird nicht abgerissen, saniert und erweitert werden soll er. Der Abriss wäre wegen der Bedeutung der Anlage ein Fehler. Diese Einsicht ist auch bei Bremenports im Laufe der Jahre gereift.

Mit 33 Millionen Euro war ein Neubau 2018 kalkuliert worden, von „zweistelligen Millionenkosten“ war bei Bremenports noch vor einem Jahr für den Umbau die Rede. Baubeginn: Anfang 2025. Die Architekten sollten mit den Detail-Plänen schon fertig sein. Ein Terminal für den Kreuzfahrttourismus, ein Parkhaus, ein Bürohaus, bis zu 15 Geschosse hoch, sollen entstehen. Aber: der Haushalt, die leeren Kassen. Es stockt. Die Beschlüsse von Senat und Bürgerschaft sind noch immer nicht gefallen.

Sogar alte Waschmaschinen stehen noch herum.

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Alte Röhrenfernseher lagern in einem Nebenraum hinter der zentralen Gästeinformation.

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In der ehemaligen Küche des Restaurants am Eingang des Columbusbahnhof befinden sich keine hinterbliebenen Gerätschaften mehr.

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Wasch- und Duschräume der einstigen Arbeiter befinden sich noch im Kellergeschoss des Hauses.

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Im ehemaligen Restaurant des Columbusbahnhof konnten Hungrige auch noch zur Euro-Zeit ein Lotsenfrühstück bestellen.

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Blick in das kleine Restaurant neben der Eingangshalle des Columbusbahnhof mit getäfelten Wänden.

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Thorsten Brockmann
1 Kommentare
Wilkens 04.10.202412:12 Uhr

Hier wäre doch auch ein schöner Platz für das 50er-Jahre Museum!?

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