Mit über 3.800 Pkw und Schwergutfahrzeugen ist der in der Nordsee brennende Autofrachter „Fremantle Highway“ beladen. Beim Brand des Autofrachters „Felicity Ace“ im März 2022 im Atlantik waren 4.000 Pkw aus dem Hause Volkswagen, darunter aber auch 1.100 Porsche, 189 Bentley und diverse Lamborghini mit einem Wert von mindestens 200 Millionen Euro an Bord. Da der Autotransporter später in über 3.500 Meter Tiefe versank, schrillen bei vielen Beteiligten des jetzigen Unglücks vor Ameland die Alarmglocken.
E-Autos und ihre Akkus erhöhen Brandgefahr
Reeder, Schiffbauer, Klassifikationsgesellschaften und Versicherungen müssen sich vermehrt auf die neue potenzielle Brandquelle, die hochentzündlichen Lithium-Ionen-Akkus in den E-Autos, einstellen. Im vergangenen Jahr waren Ladungsbrände die Hauptursache für Totalverluste bei Schiffen - und das Brandrisiko steigt durch den vermehrten Transport von Elektrofahrzeugen weiter.
„Der allgemeine Trend zu mehr Nachhaltigkeit führt dazu, dass verstärkt Elektrofahrzeuge und batteriebetriebene Güter transportiert werden“, so der Industrieversicherer der Allianz (AGCS) in einer Schifffahrtsstudie. „Eine weitere Gefahrenquelle ist der Transport potenziell hochentzündlicher Lithium-Ionen-Akkus, insbesondere auf Containerschiffen und Autotransportern.“

Globales Geschäft: Weltweit sollen rund 600 dieser Transportschiffe für Fahrzeuge unterwegs sein.
Hauptursachen für Brände dieser Akkus können Produktionsdefekte, beschädigte Batteriezellen oder auch überladene Batterien oder auch Kurzschlüsse sein. Diese sind schwer zu löschen, zudem können sich die Akkus schnell erneut entzünden. „Die meisten Schiffe verfügen weder über ausreichenden Schutz noch über ausreichende Frühwarn- oder Löschfähigkeiten, um solche Brände auf hoher See zu bekämpfen“, sagt der Schifffahrtsexperte der AGCS, Justus Heinrich. Er empfiehlt den Reedereien, ihre Crews entsprechend zu trainieren, passendes Feuerlösch-Equipment vorzuhalten und Frühwarnsysteme zu verbessern.
Schwimmende Parkhäuser
Doch wie sieht es überhaupt auf einer solchen schwimmenden Autogarage aus? Jeder Autofahrer, der schon einmal in einem Parkhaus gefahren ist, kennt die engen und dunklen Wege zum Parkplatz, doch auf solch einem Autotransporter ist es um ein Vielfaches enger. Die 2003 in Japan erbaute „Fremantle Leader“, die regelmäßig das BLG Autoterminal in Bremerhaven ansteuerte, hat mit einer Länge von 199,9 Meter und 32,3 Meter Breite ein Standardmaß für diesen Schiffstyp.
Auf den in der Regel zehn bis zwölf Ladedecks derartiger Schiffe finden rein rechnerisch rund 6.000 Standardfahrzeuge Platz. Doch diese Anzahl wird fast nie erreicht, da die Ladung meist aus einem Mix von Pkw, Lkw und auch sogenannter High-&-Heavy-Fracht besteht. Das können Land- oder Baumaschinen, Straßenbahnwaggons oder auch auf Trailern befindliche Boote oder Flugzeuge sein.

Mit speziellen Gurten an den Fahrzeugen werden die Autos auf dem Ladedeck verzurrt. Das Verlaschen ist wichtig, damit sich die Pkw bei Seegang nicht in Bewegung setzen und weitere Fahrzeuge beschädigen. Foto Scheer Foto: Scheer
Diese High-&-Heavy-Fracht wird in der Regel auf dem Hauptdeck verstaut, da es hier eine lichte Höhe von vier Metern und mehr gibt. Die übrigen zum Teil nur 2,5 Meter hohen Ladedecks, von ganz unten bis oben, sind dann über interne Rampen erreichbar, einige dieser Decks sind auch noch höhenverstellbar, falls beispielsweise mehr Transporter oder Lkw befördert werden müssen.
Nur wenige Zentimeter Abstand
Wie im Fall der „Fremantle Leader“ erfolgte die Beladung von deutschen Exportfahrzeugen durch die Mitarbeiter der BLG Automobile. Diese holen die Autos von den weitläufigen Aufstellflächen im Überseehafen ab und fahren diese auf das Schiff. Vor der Einfahrt in das Schiff über die riesige Heckrampe, die belastbar ist für Lasten von bis zu 100 Tonnen, werden diese Fahrzeuge für die Registrierung eingescannt.
Dann geht es zum Teil in mehreren Runden über steile Rampen durch das Schiff bis auf den vorher genau festgelegten Abstellplatz, wo die Einweiser die Fahrer bis auf wenige Zentimeter Abstand - nach vorn, aber auch zur Seite - in die Parklücke einweisen. Auf dem Ladedeck warten bereits die Lascher, die die Autos mit speziellen Gurten an den Reifen der Fahrzeuge an den Lasch-Ösen auf dem Ladedeck verzurren. Das Verlaschen ist wichtig, damit sich die Autos bei Seegang nicht in Bewegung setzen und weitere Fahrzeuge beschädigen.

Das Be- und Entladen eines Autofrachters erfordert ein wachsames Auge und Präzisionsarbeit. Die Parkplätze sind enger bemessen als die meisten Parkhäuser. Foto Scheer Foto: Scheer
In den vergangenen Jahrzehnten kam es zwar auch schon vereinzelt zu Bränden auf derartigen Autotransportern. Da die mitgeführten Pkw aber nur eine sehr geringe Treibstoffmenge im Tank mit sich führen, waren die Crewmitglieder meistens in der Lage, einen möglichen vollumfänglichen Schiffsbrand durch eigene Bordmittel wie Löschschaum schnell wieder einzudämmen. Höhere Schäden haben sich meist nur durch giftige Rauchgase und abgesetzte Rußpartikel auf den Fahrzeugen ergeben.
Besondere Herausforderungen beim Löschen
Zwar ergab eine Studie des amerikanischen Versicherers Autoinsurance EZ, dass gerade einmal 25 von 100.000 versicherten Autos mit batterieelektrischem Antrieb brennen - im Vergleich zu 1.530 von 100.000 Fahrzeugen bei den Verbrennern. Doch die mediale Aufmerksamkeit ist bei E-Auto-Bränden wesentlich höher, da es besondere Herausforderungen für die Löscharbeiten gibt, denn die Lithium-Ionen-Akkus speichern enorme Energiemengen.
Auch wenn bei einem E-Auto das sichtbare Feuer gelöscht ist, ist die Gefahr noch nicht gebannt. Ein defekter Akku kann nämlich zeitversetzt Probleme bereiten, so dass bereits gelöschte Brände sich erneut entzünden können. Deshalb müssen brennende Elektroautos in Einzelfällen sogar in wassergefüllten Containern versenkt werden. Doch derartige Löschmöglichkeiten stehen auf den aktuellen Autotransportern - weltweit sollen rund 600 dieser Transportschiffe unterwegs sein - nicht zur Verfügung.
Zudem wäre die Crew gar nicht in der Lage, das brennende Fahrzeug aus der Reihe von eng aufeinandergereihten Fahrzeugen auf den niedrigen Ladedecks zu entnehmen. Auch können sich direkt neben dem brennenden Fahrzeug schnell weitere Autos entzünden, da es keine „Brandschneise“ zwischen den Fahrzeugen gibt.
Somit müssten schnellstens andere Transport- oder Sicherheitssysteme für den Transport von E-Autos auf See entwickelt und auch auf den Car Carriern installiert werden - Trennwände oder speziell isolierte Transporträume zum Beispiel. Von derartigen Systemen ist aber bislang noch nichts zu hören, zumal diese baulichen Veränderungen dann zulasten der mitgeführten Ladungsmenge gehen würden. Dies würde auch die Frachtrate erhöhen, was dann später an den Kunden weiterberechnet würde.
E-Autos auf ersten Fähren verboten
Aber nicht nur Autotransporter beschäftigt das Sicherheitsrisiko beim Transport von Elektroautos, sondern zunehmend auch Fährreedereien, die ja neben den Passagieren auch deren Fahrzeuge an Bord mittransportieren. So hat zum Jahresanfang die norwegische Reederei Havila Kystruten, die auf der Postschiffsroute entlang der norwegischen Westküste verkehrt, Elektro-, Hybrid- und Wasserstoffautos an Bord ihrer Fähren verboten.
Dieses Verbot ist bislang weltweit einmalig und überrascht vor allem in einem Land wie Norwegen, das eigentlich als ein Vorreiter der Elektromobilität gilt. Reederei-Chef Bent Martini begründete die Entscheidung mit Sicherheitsbedenken. Bei einer Risikoanalyse waren die Verantwortlichen zu dem Schluss gekommen, dass der mögliche Brand eines solchen Autos einen besonders aufwendigen Rettungseinsatz erfordern würde, der mit den Mitteln und der Mannschaft an Bord nicht zu bewerkstelligen sei - die Passagiere wären dadurch gefährdet. (ce/mcw)