Die stockende Energiewende soll Schub bekommen. Ein Bestandteil der zukunftssicheren Energieversorgung Deutschlands ohne fossile Träger ist Wasserstoff. Überall im Land gibt es Bestrebungen, sich zur Wasserstoffregion zu mausern. So auch im ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg. Seit etwa drei Jahren gibt es das Wasserstoffnetzwerk Nordostniedersachsen H2.N.O.N., dem aktuell 124 Mitglieder angehören - unter ihnen der Landkreis Rotenburg und weitere zehn Kreise im Osten Niedersachsens sowie etliche Firmen aus dem Landkreis. Koordiniert wird das Netzwerk von der Oldenburger Firma MCon und dem Transferzentrum Elbe-Weser mit Sitz in Stade.
„Keimzelle“ soll Wasserstoffwirtschaft zum Durchbruch verhelfen
Was sich derzeit im Netzwerk tut, referierte Daniel Kipp von MCon dieser Tage im Wirtschafts- und Verkehrsausschuss des Kreises: Im Landkreis sei „eine Menge los“, ließ Kipp die Ausschussmitglieder wissen. Als Herausforderung im Sinne des „Henne-Ei-Prinzips“ stelle sich heraus, eine Antwort darauf zu finden, ob ein Wasserstoff-Angebot Nachfrage generiere oder ob die Nachfrage nach Wasserstoff für Angebot sorge?
Als Keimzelle für eine funktionierende Wasserstoffwirtschaft in der Region könnte sich Kipps Aussage zufolge das mit Hamburg geplante Clean-Cargo-Connect-Projekt erweisen. Hintergrund ist, dass rund 40 Prozent der Güter, die dem Hamburger Hafen per Schiff erreichen, mit Lkw weiter transportiert werden. Die meisten von ihnen sind mit Diesel unterwegs. Dies zu ändern, ist Ziel des Projekts. Lkw soll mit grünem Wasserstoff, der mit Windkraft oder Solarenergie produziert wird, betrieben werden.
Hafenhinterlandverkehr mit grünem Wasserstoff
Vorgesehen ist laut Kipp, 30 Wasserstoff-Lkw anzuschaffen, Wasserstoff-Tankstellen im Hafen, in Stade, in Buxtehude, in Maschen, in Bockel und in Osterholz aufzustellen sowie einen Elektrolyseur zur Wasserstoff-Erzeugung in Mulsum bei Kutenholz zu bauen. 43 Firmen seien an dem Clean-Cargo-Connect-Projekt beteiligt. Unter Hinweis darauf, dass möglicherweise auch auf dem A1-Autohof in Sittensen eine Wasserstoff-Tankstelle aufgestellt werde, prophezeite Kipp, es werde in drei bis fünf Jahren an nahezu jedem Autohof eine solche Tankstelle geben.
Windenergie, Solarenergie und ein Elektrolyseur
Auch südlich Rotenburgs tut sich womöglich etwas. In Ergänzung zu dem 50-Megawatt-Windpark in Wohlsdorf sei eine 20-Megawatt-Freiflächen-Photovoltaikanlage geplant. Potentiell werde dort zudem ein Elektrolyseur gebaut, um grünen Wasserstoff zu erzeugen. Der könnte die Tankstellen an der Autobahn 1 versorgen oder in die bis 2025 geplante rund zehn Kilometer entfernt verlaufende Pipeline Hamburg-Bremen eingespeist werden.
Vordringliches Ziel ist es laut Kipp, die Akteure eng miteinander zu vernetzen und ins Handeln zu kommen. Da das Ganze derzeit jedoch nicht wirtschaftlich zu betreiben sei, sind die Projekte auf Förderung angewiesen. Die sei für das Clean-Cargo-Connect-Vorhaben bereits beantragt. Um unabhängig davon „einen Hochlauf“ sowohl der Wasserstoff-Produktion als auch der -Abnahme und damit Wirtschaftlichkeit zu erreichen, müsse der öffentliche Personennahverkehr ins Boot. Als „Sorgenkind“ bezeichnete Kipp die Bus-Branche, da die Firmen nicht auf Wasserstoff-, sondern zumeist auf Elektro-Antrieb setzen.